Essen. Der Spielhallen-Betreiber Gauselmann baut Videokameras in seine 82 Filialen ein. Sie sollen Gesichtszüge erkennen und Personen identifizieren.

Videokameras filmen längst auf vielen Straßen und in vielen Läden der Großstädte des Rheinlands und des Reviers. Doch wissen Passanten und Kunden immer, was mit den Aufnahmen geschieht? Jetzt werden Ladenlokale NRW-weit erstmals mit HighTech-Videokameras ausgerüstet, die ganz spezielle und sehr viel weitergehende Aufgaben haben. Sie nehmen Eingangskontrollen vor und scannen dabei die Gesichtszüge aller Kunden, erkennen sie und werten sie aus.

Der Spielhallen-Betreiber Gauselmann hat nach Gesprächen mit der NRW-Datenschutzbehörde von dort eine mit Auflagen verbundene Zustimmung für die „Face Check“-Installation erhalten. Noch in diesem Jahr wird die Gauselmann-Gruppe aus dem nordrhein-westfälischen Espelkamp 82 Spielhallen-Filialen an Rhein und Ruhr mit diesem System ausstatten, darunter fünf in Essen, drei in Duisburg und zwei in Dortmund. In fünf Filialen in Düsseldorf und zwei in Bielefeld sind die Kameras bereits im Einsatz, bestätigte Gauselmann-Sprecher Mario Hoffmeister unserer Redaktion.

Nicht auffällige Gesichtsmuster werden binnen 30 Sekunden gelöscht

Nach Hoffmeisters Aussagen dient die biometrische Eingangskontrolle dazu, an krankhafter Spielsucht leidende Spieler zu erkennen, die bereits gegen sich selbst ein Spielverbot beantragt haben. Auch identifizieren die Kameras besonders junge Gesichtszüge. Der Zutritt zu Spielhallen ist Unter-18jährigen gesetzlich verboten, „wir können so 99 Prozent derjenigen erkennen, die zu jung sind“, sagt Hoffmeister. Zielgerichtet werden nach dem Scannen überdies Personen im Alter unter 25 Jahren angesprochen. Sie werden in einem persönlichen Gespräch über die Risiken des Glücksspiels aufgeklärt.

Die FaceCheck-Videokamera scannt alle Besucher der Spielhallen beim Betreten. Sie erstellt eindeutige digitale Gesichtsmuster, so genannte „Templates“. Das sind oft Merkmale, die sich aufgrund von Mimik nicht verändern - wie die Kanten der Augenknochen, die Gebiete der Wangenknochen und die Seitenpartie des Mundes. Die erfassten Gesichtsmuster werden mit den in der bundesweiten Sperrdatei hinterlegten Templates abgeglichen. Kommt es zu einem Treffer, wird der Zutritt durch ein Ampelsystem an der Sperrschranke blockiert. Nicht auffällige Gesichtsmuster werden binnen 30 Sekunden gelöscht, versichert das Unternehmen.

Datenschützer sehen Kameras mit Gesichtserkennung kritisch

Der Beauftragte für den Datenschutz des Landes Nordrhein-Westfalen glaubt: „Das uns von der Firma Gauselmann vorgelegte Face Check-System kann in NRW eine datenschutzgerechte Lösung zur Eingangskontrolle von Spielhallenbenutzern darstellen, zu denen Spielhallenbetreiber verpflichtet sind“. Dies gehe allerdings nur unter Voraussetzungen: Neben der Beachtung der Löschfristen dürften die aufgenommenen Bilder nur in Templates verwandelt werden, es dürfe keine Weitergabe an Dritte stattfinden und keine Verknüpfung mit sonstigen Daten.

Generell sehen die Datenschützer des Landes „den Einsatz von Videokameras mit biometrischer Gesichtserkennung“ aber „kritisch“, sagt Daniel Strunk, der Sprecher des Landesdatenschutzbeauftragten. Eine Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hätte dies gerade erst sehr deutlich gemacht. „Die Freiheit, sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen, kann mit dieser Technik zerstört werden“. Sie mache eine dauerhafte Kontrolle möglich, wo sich eine konkrete Person wann aufhalten und wie bewegen könnte, ja selbst mit wem sie in Kontakt trete. Auch bestehe „für den Einsatz dieser Technik zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung keine Rechtsgrundlage“.

Testlauf für Kameras ist im Sommer geplant

Der Einsatz der gemeinsam mit dem Dresdner Unternehmen Cognitec entwickelten Technik bei Gauselmann ist eine Premiere. Biometrische Kontrollen finden an Rhein und Ruhr bisher nicht statt, weder durch private Stellen noch durch Behörden. „Ein Einsatz ist uns in NRW nicht bekannt“, so Strunk. Allerdings beabsichtigten Bundespolizei, BKA und Deutsche Bahn unter der Regie des Bundesinnenministers einen Testlauf im Sommer. Geplant ist dies auf dem Berliner S-Bahnhof Südkreuz. Das Ziel unter anderem: Graffiti-Sprayer sollen identifiziert werden können.

Der Espelkamper Spielhallenbetreiber denkt inzwischen längst weiter. Er arbeitet an den Einbau von Gesichtsscanner direkt in die Spielautomaten. Prototypen arbeiteten schon. Unklar scheint aber heute zu sein, ob die Datenschützer diese Variante mitmachen werden.

In Baden-Württemberg wird das System schon stärker genutzt

Gauselmann sieht dagegen in Face Check insgesamt nur Vorteile und nennt eine Erfolgsquote. Nicht nur, dass Spielgästen in Zukunft anonym und ohne große Wartezeit der Zutritt zu den Spielhallen ermöglicht werden könne. Dem Datenschutz werde auch durch eine „lückenlose“ Protokollierung aller Vorgänge gerecht, die auch zuständigen Aufsichtsbehörden zugänglich gemacht werden könnten.

Und in Baden-Württemberg, wo das Unternehmen das System schon stärker nutze und dies anders als in NRW auf einer klaren rechtlichen Grundlage, seien bereits 180 Spieler zurückgewiesen worden, die sich selbst hätten sperren lassen.