Ruhrgebiet. . Für die meisten leerstehenden Gebäude gibt es Nachfolger. Innenstädte sollen mit Einzelhandel, Gastronomie und Wohnen belebt werden. Drei Problemfälle bleiben.
Das Kaufhaus krümmt sich ein zum Sterben: Tischwäsche, Bettwäsche, Kurzwaren sind jetzt nicht mehr „2. OG“, sondern „EG“ – so verraten es handgeschriebene Aufkleber auf dem Lageplan neben der Rolltreppe; und Damenmode, Kindermode, Bademode kommen aus dem ersten Stock ins „EG“. Ware ist gehäuft statt gestapelt, Vitrinen, ach was, Etagen stehen halb leer, das Restaurant hat resigniert („Ab sofort jedes Stück Kuchen nur noch 1,50 Euro“) und davor verkaufen sie die Zukunft aus: Osterdeko „– 50%“
Karstadt Bottrop ist gerade der größte Wühltisch des Ruhrgebiets. Und der deprimierendste: Denn Ende Februar ist hier nach fast 125 Jahren Schluss. Doch die gute Nachricht ist: Die neue Nutzung ist längst klar. Unten kommt Einzelhandel hinein, darüber Büros, darüber ein Hotel. Damit dessen Gäste auch was sehen können von Bottrop, „wird ein Stück aus dem Baukörper herausgeschnitten“, sagt Jens Friedländer, der Geschäftsführer der investierenden „Devello AG“.
Keine neuen Kaufhäuser in den alten
Es ist, als würden alle Investoren gerade für die riesigen, ehemaligen Kaufhäuser mehr oder weniger dieselbe Blaupause nachzeichnen: Kaufhof an der Ruhr in Mülheim wird nach sechs Jahren Leerstand abgerissen, ihm folgt dann ein „Schlossstraßen-Quartier“ (Einzelhandel, Gastronomie, Fitness). Das leere Hertie-Haus, mit dem in der Herner Fußgängerzone der bessere Abschnitt in den billigen übergeht, ist jetzt verkauft, wird umgebaut und auferstehen als „Neue Höfe Herne“ (Einzelhandel, Gastronomie, Fitness, Wohnen), übrigens auch mit einem Atrium, damit die Bewohner was sehen können von Herne. Und das Ex-Kaufhaus in Datteln ist nach radikalem Umbau jetzt wieder als kleineres Einkaufszentrum in Betrieb.
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An vielen Standorten hatten die jahrelangen Leerstände auch das Umfeld nach unten gezogen – was Wunder bei so großen Bauten! Es brauchte aber ein paar Jahre, bis allen Städten klar wurde, dass es keine neuen Kaufhäuser in den alten mehr geben würde: Kein Investor hängt sich heute noch bis zu 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche an den Hals, kein Kunde klettert mehr in einen vierten Stock für Bettwäsche oder Glühbirnen. Da war die Konsequenz nur logisch: verkleinern, umbauen, aufteilen.
„Wirtschaftlich ist es auch“
So, wie es aus lokaler Initiative in Gelsenkirchen-Buer geschah. 16 etwas geheimnistuerische Bueraner mit Geld verwandelten das leere Kaufhaus ins „Linden-Karree“. Jetzt nicht mehr ganz unerwartet: Einzelhandel unten und Gastronomie, darüber Fitness und Wohnen. Nach anderthalb Jahren sagt Siegbert Panteleit, der Sprecher der Investorengruppe: „Wirtschaftlich ist es auch.“ Denn vor allem wollten die 16 verhindern, dass der leere Klotz das Geschäftsleben in Buer kaputt macht.
Ähnliches geschieht gerade in Lünen: Dort hat die Wohnungsgenossenschaft „Bauverein zu Lünen“ das Hertie-Haus gekauft, das sich zuletzt zügig in einen beispielhaften Schandfleck verwandelte. Der Bauverein hält sich zugute, mit „Pflege und Entwicklung unserer Immobilien das Gesicht der Stadt zu prägen“. Und so wurden bereits zwei Etagen abgetragen, der Umbau läuft. Was soll man noch sagen? Genau: Einzelhandel, Gastronomie, darüber Wohnen.
Keine Lösung in Sicht für Dortmund, Gladbeck und Recklinghausen
Keine Lösung gibt es bisher für die leeren Warenhäuser in den Innenstädten von Dortmund und von Gladbeck. Und von Recklinghausen, wo sich Karstadt jetzt schon Ende Mai verabschiedet, wie es aus dem Rathaus heißt, einen Monat früher als geplant. Die Lebensmittelabteilung ist bereits geschlossen, das Bettenhaus Vergangenheit. Das Einkrümmen hat begonnen.