Ruhrgebiet. . Die Verkehrsbetriebe im Ruhrgebiet klagen über sinnlose Zerstörungswut. Kameras helfen zwar vor Ort, sie verlagern das Problem allerdings nur.
Mit ihrem neuen „Seepavillon“ will die Weiße Flotte am Baldeneysee einen Platz zum Verweilen schaffen, mit Liegewiese, Obstbäumen und Holzbänken. „Gefühlt hat es nach dem Aufbau der Bänke bis zum Vandalismus nur Stunden gedauert.“
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Flottenchef Franz-Josef Ewers war schockiert, als das 20 000-Euro-Projekt in Heisingen noch vor der Einweihung mit Fußballparolen und Tags bekrakelt wurde, mit Filzstift nur, dafür vollflächig. Seit einer guten Woche sehen die Bänke wieder passabel aus. Einige Passanten aber hat die Zerstörung so gestört, dass sie ihrerseits kleine Schildchen auf die Bänke klebten: „Narrenhände beschmieren Tisch und Wände.“
Vandalen zertrümmern Steinskulptur
Wenn man sich die Meldungen der letzten Wochen und Monate anschaut, scheinen die Vandalen auf dem Vormarsch zu sein: An der Gelsenkirchener Künstlersiedlung Halfmannshof haben sie eine Steinskulptur zertrümmert. Das muss echte Arbeit gewesen sein, es sind nur kleine Brocken über. Ein mobiles Toilettenhäuschen musste auch gleich dran glauben.
Apropos Steine: In Witten haben sie am Kornmarkt die Decksteine einer massiven Mauer heruntergerissen, sie wogen bis zu 100 Kilo. Und hier und da fehlen schon die Mülleimer an Haltestellen. Ein Korb kostet mit Montage immerhin 250 Euro. „Und wenn der viermal zerstört wird“, sagt ein Sprecher der Gelsendienste, „sind wir schon beim Monatslohn für einen Reiniger. Da lohnt sich das Neuaufstellen für uns nicht mehr.“
Der brennende Parkscheinautomat
Selbst im beschaulichen Goch geht ein Parkscheinautomatenhasser um, 18 mal hat er schon zugeschlagen. Ein Apparat war bereits außer Betrieb und mit einer Plane abgedeckt. Diese Gelegenheit ließ der Täter nicht ungenutzt, er fackelte Plastik und Automat ab. „Die Zerstörungswut hat eine neue Intensität erreicht“, sagt ein Sprecher der Stadt. Die hat nun 500 Euro Belohnung ausgesetzt – und Anzeige erstattet, was offenbar nicht mehr die Regel ist ... der Aufwand!
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So könnte es zu erklären sein, dass die Polizei vielerorts sinkende Fallzahlen bei Sachbeschädigungen auf Wegen und Plätzen registriert (auch bei Graffiti), während die Verkehrsbetriebe unisono von einer Zunahme der sinnlosen Gewalt gegen Dinge reden. Gegen den Bundestrend verzeichnete die Bahn in NRW zuletzt eine Zunahme der Sachbeschädigungen um ein Fünftel, die Graffiti-Zahlen haben sich 2014 mehr als verdoppelt.
„Der Vandalismus nimmt wieder zu“, sagt auch Christoph Kollmann von der Bogestra: kaputte Glasscheiben, zugeschmierte Fahrpläne und abgetretene Notfallknöpfe. Die Bogestra hat ein Team für Rolltreppen und Aufzüge, „mindestens zwanzig Mann“. Rund zwei Drittel ihrer Einsätze betreffen mutwillige Zerstörungen an einer der mehr als mehr als 1200 Haltestellen. Dafür rücken sie jeden Tag aus, manchmal auch mehrfach.
Oft sind Schüler die Täter
„Es gibt leider eine Verbindung zwischen Schulzeit und Nicht-Schulzeit“, sagt Kollmann. Es sei schon vorgekommen, dass das Team vor Schulbeginn etwas reparierte, das dann gleich am Morgen wieder zerstört wurde. Während der Schulzeit kamen die Bogestra-Leute wieder. Und nach der Schule war die Rolltreppe wieder kaputt.
„Schäden an den Anlagen schmerzen besonders“, sagt Kollmann, weil im Zweifelsfall eine alte Dame nicht zur Bahn gelange. Kameras helfen zwar, in den neuen überwachten Vario-Straßenbahnen etwa passiere viel weniger. Aber die „Gestalten verdingen“ sich dann eben an „Bushaltestellen, wo nicht viele Leute sind“.
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Manches, was wie Vandalismus aussieht, geht auf das Konto von Metalldieben. Die skelettierten Edelstahlbänke am Fuße der Tetraederhalde in Bottrop zum Beispiel. Im ehemaligen Kreiskirchenamt von Herne rissen sie die Wasserleitungen aus den Wänden. Das Denkmal gilt nun als unbewohnbar, auch darum können dort aktuell keine Flüchtlinge unterkommen. Die Übergänge sind fließend: Vandalen und Einbrecher haben sich die Klinke in die Hand gegeben bei einer Bezirkssportanlage in Altenessen. Dort will die Stadt nun Kameras an den Flutlichtmasten installieren. Kosten: 20 000 Euro.
Der Fußball zeigt, wie man das Gefühl von Teilhabe erzeugt
In welcher Richtung man nach Lösungen suchen muss, zeigt vielleicht der Fußball: „Es gab in den Neunziger Jahren Phasen, in denen die Bahnen nach Spielen regelmäßig schwer beschädigt waren“, sagt Kollmann. Aber die Bogestra hat versucht, den Verein und die Fanclubs mit in die Bahn zu holen.
Es gibt nun eine Haltestelle in Vereinsfarben, und den Fahrern ist es zum Teil erlaubt, im Trikot zu fahren. Die Botschaft: Das ist Eure Bahn! Dieses Prinzip der gefühlten Teilhabe wendet auch die Stadt an einigen kritischen Ampeln an. Die Taster, die gerne mal abgetreten wurden, tragen nun das Schalke-Logo. Kollmann: „Wo Schalke drauf ist, mach’ ich nix kaputt.“