Ruhrgebiet. Bei den „Ruhr Games“ treten von Mittwoch bis Samstag Trendsportler gegeneinander an. Am ersten Tag beeindruckten vor allem fliegende Zweiräder.

Am Mittwoch war Superman auf Zollverein. Flog mit 100 Kilo Motorrad und 60 km/h durch die Luft, berührte bald die rostige Rohrbrücke, Hand im Himmel, Beine auf Höhe der Birken: „Superman Seatgrap“, ganz normale Figur im „Freestyle Motocross“. Und ganz normal für die Ruhr Games, die Fest- und Sportspiele der Jugendkultur.

Da fliegen ja überall Zweiräder durch die Gegend: BMX und Dirtbikes und eben Motorräder, dass am Veganen Imbiss der Salatwäscher den Salat vergisst, ein kleines Mädchen beide Hände vor die Augen hält und behauptet: „Ich hab gar keine Angst.“ Und von hinten Sanitäter anrücken mitsamt fünf Polizisten, aber die wollen nur gucken. Es sind noch nicht viele Zuschauer da in den ersten Stunden dieser ersten Ruhr Games; das Ungeheuerliche (fliegende Menschen!) muss sich erst herumsprechen, gedrucktes und virtuelles Programmheft verstehen sich noch nicht miteinander und mit der Wirklichkeit: Es hakt an der Technik, „Schluckauf“, sagen die Veranstalter – aber den kann man auch kriegen, als es endlich losgeht.

Geflügelbratwurst und fliegende Menschen

Ruhr GamesAuf Bühne 1 ein beeindruckend muskulöser junger Mann, der in einem Reifen tanzt. Auf Bühne 2 die Tänzer von „Urban Artistry“, die einem nicht mehr ganz jungen Mann den Hip-Hop auf die Hüften bringen. Im Ehrenhof Graffiti-Künstler, die im Schatten des Doppelbocks nicht Zollverein, aber weiße Wände bunt machen. In der Lesebandhalle ein Tischtennisturnier mit Behindertensportlern. Fechter ohne Degen, aber mit Rockmusik, Breakdancer im Schlabbershirt, blondgefärbte Skateboarder mit pinkfarbenen „Ruhr Games“-Bändchen am tätowierten Arm. An den Buden Geflügelbratwurst und daneben eine Leiter, die jetzt mal eben weggestellt werden muss: „Da fliegen gleich ein paar Motorräder.“

„Doppelter Rittberger“, murmelt ein Mann am Rand, aber natürlich war das ein „Backflip“, Rückwärtssalto. Können die Mountainbiker auch, schließlich haben die mit den schweren Maschinen ihnen das abgeguckt. „Da musste Bock drauf haben“, sagt einer. „Gefährlich“ sei das auch, „sonst wär’s ja nicht so’n Spaß“. Pierre und Hendrik dürfen trotzdem nicht mitmachen, „wir sind zu alt“, mit bald 30, 28 kann man auf der Rampe nicht mehr gewinnen, und „früher gab’s nicht so gute Contests“.

"Die Umgebung ist völlig Jacke"

„Wettbewerbe“ sind das hier nämlich, ab heute auch in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Oberhausen und am Baldeneysee. Mit „so vielen Sportarten, da habe ich noch nie was von gehört“, sagt Jost, 17, mit seinem vermackten Skateboard. Es ist einen Tag alt, er hat gerade ein wenig trainiert.

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So ist das mit den Trendsportarten: „Wenn ich Spaß haben will, gehe ich nicht mehr in den Wald oder in den Schrebergarten“, sagt Fabian Lasarzik. „Man setzt sich mit seiner urbanen Umgebung auseinander.” Man turnt also beim Hindernislauf „Parkour“, tanzt auf der Straße und findet die Industriekulisse Zollvereins beim zweiten Hingucken dafür „ziemlich geil“, hat aber eigentlich kein Auge dafür. „Man ist mit sich beschäftigt“, sagt ein Fahrradkünstler, „die Umgebung ist völlig Jacke.“

Was nicht ganz stimmt, fliegende Menschen am Förderturm sind besonders fotogen. Die Straßenartistik von „Urbanatix“ in der abendlichen Eröffnungsfeier gibt es nur im Ruhrgebiet. Und Aaron Stratmann aus der Abteilung Jugendkultur, der sich „immer lustige und schwachsinnige Sachen“ ausdenkt, hat diesmal eine Murmelbahn mitgebracht: Eine Discokugel, die durch Stahlreifen rollt und Wünsche erfüllt, „wenn man dran glaubt und was dafür tut“. Dekorativ hängt die Bahn an der Rohrbrücke zwischen Zeche und Kokerei und soll einfach nur Spaß machen wie die ganzen Games. Aber dann kamen Leute und freuten sich, weil: „Endlich wird hier mal wieder was mit Stahl gemacht.“