Oberhausen. . Die Polizei setzt bei der Einbruchsbekämpfung auf Programme, die die Taten vorhersagen. „Precobs“ aus Oberhausen ist bisher das erfolgreichste im deutschsprachigen Raum.

Es ist kein spektakulärer Ort, aber doch ein geheimer. Ein Einfamilienhaus in Oberhausen, in dem niemand wohnt, drinnen viele Server, viele große Bildschirme, so wird er beschrieben. Die zwölf Beschäftigten würden auf die Frage, was sie tun, vermutlich im Ungefähren bleiben wollen und etwas antworten wie: „Irgendwas mit Software.“ Man sieht es schon, Sicherheit wird groß geschrieben, denn wie peinlich wäre es doch, es bräche jemand ein – bei der Firma, die Einbrüche vorhersagt?

Denn hier entstehen Computerprogramme für die Polizei, die errechnen, wann, wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit Einbrüche bevorstehen. Was klingt wie Glaskugel 2.0, ist in Wahrheit nur eine simple Kombination aus Kriminologie und Statistik. „Jeder gute Kriminologe könnte das, er käme nur mit der Masse der Daten nicht klar“, sagt Thomas Schweer, selbst Kriminologe und mit zwei IT-Freunden der Entwickler von „Precobs“ (Pre Crime Observation System).

Tatort und Tatzeit, Beute und Vorgehensweise

Denn Verbrecher folgen Verhaltensmustern, das weiß sogar der Volksmund: „Der Mörder kehrt immer zum Tatort zurück.“ Auch Profi-Einbrecher wiederholen sich, sie tauchen zum Beispiel recht gern dort wieder auf, wo es beim letzten Mal leicht, ungefährlich und ertragreich war. „Wenn sie heute Opfer eines Einbruchs werden, steigt die Wahrscheinlichkeit um das Fünffache, dass es wieder passiert“, sagt Schweer: „Der Mann kennt sich aus und kann davon ausgehen, dass Sie sich die Sachen wieder gekauft haben, die er gestohlen hat.“

Precobs speichert die Daten der Polizei aus den letzten fünf Jahren, und zwar Tatort und Tatzeit, Beute und Vorgehensweise. Das Programm schlägt Alarm, wenn es meint, dass Wiederholungstäter im Anmarsch sind. Die Polizei hat dann drei Möglichkeiten: sich auf die Lauer zu legen, um jemanden festzunehmen; oder in dem Viertel gut sichtbar zu sein, um die Tat gar nicht erst geschehen zu lassen; oder nichts zu tun, weil sie meint, das Precobs irrt.

So ist die rechnergesteuerte Vorhersage von Verbrechen aus der Science Fiction über die Machbarkeitsstudien jetzt in der Wirklichkeit angekommen: Die Polizeien Zürich und Basel-Landschaft haben es gekauft, die im Aargau, in München und Nürnberg erproben es. In München schlug Precobs zwischen Oktober und März über hundert Mal an und ermöglichte 19 Festnahmen, so die Polizei. Die Zahl der Einbrüche sei um 30 Prozent gesunken. Und in Basel-Landschaft sagt Sicherheitsdirektor Isaac Reber: „Es hat sich ausgezahlt, Precobs getestet und angeschafft zu haben.“

Einbruchsprognosen bald auch für Duisburg und für Köln

Auch das Landeskriminalamt NRW hat jetzt ein Prognoseprogramm angeschafft, freilich eines aus Hessen. Es soll von der zweiten Jahreshälfte an in Duisburg und in Köln getestet werden. Auch hier geht es um Einbrüche, weil Politik und Polizei da stark unter Druck stehen: Kein anderes Vermögensdelikt verunsichert die Menschen so sehr.

52.794 Einbrüche meldet die Polizei für NRW 2014, vergisst aber mitzuteilen, dass davon 22.000 nur Versuche waren. Und, dass bei 8,9 Millionen Wohnungen statistisch gesehen jede Wohnung in knapp 170 Jahren einmal aufgebrochen wird. Oder es versucht wird. Doch auch dann ist Schweer überzeugt, dass die Prognose sich durchsetzt: „Ob es Precobs ist, weiß ich nicht. Aber die Technik überhaupt bricht sich jetzt Bahn. In zehn Jahren werden das alle Behörden haben.“