Ruhrgebiet. . Immer mehr Menschen besuchen das Ruhrgebiet - und es sollen noch mehr werden. Auf der weltgrößten Tourismusbörse in Berlin geht's um das wie.
Das Revier rückt an die Mongolei heran. Allerdings auch an Südfrankreich und die Toskana. Und das alles ab Montag in Berlin, wo rund 11.000 Aussteller in 26 Hallen fünf Tage lang um die Gunst vor allem von Reiseveranstaltern buhlen: Die Internationale Tourismusbörse (ITB) ist die weltgrößte Veranstaltung dieser Art. Und das Ruhrgebiet mittendrin, auf 250 Quadratmetern in Halle 8.
Biermann reist mit durchaus beachtlichen Zahlen an
Axel Biermann, Geschäftsführer von Ruhrtourismus, muss zwar mit einem vergleichsweise bescheidenen Jahresbudget von 400. 000 Euro fürs touristische Marketing im Auftrag der Heimat hantieren. Aber auf einen so gewaltigen Marktplatz wie die ITB kann man schlecht verzichten. Und Biermann reist ja mit durchaus beachtlichen Zahlen an. 6,2 Millionen Übernachtungen registrierten Hotels und Pensionen im Ruhrgebiet 2014. Vor 25 Jahren waren es etwas mehr als halb so viele. „Wir haben bis auf das Krisenjahr 2009 seit 2004 immer Zuwächse bei Geschäftsreisenden und Urlaubern gehabt“, berichtet Biermann, der optimistisch auf 2015 blickt. Umfragen zeigen immerhin, dass die Deutschen in diesem Jahr mindestens 60 Milliarden Euro fürs Reisen ausgeben wollen.
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Gleichwohl hadert Biermann noch mit dem Echo auf die immer gleiche Botschaft, dass sich hier viel getan hat: „Wir haben gute Produkte, aber nicht alle wissen das.“ Das Kulturhauptstadtjahr sei „ein großartiger Impuls“ gewesen, „der uns wesentlich nach vorne gebracht hat“. Doch um eine nachhaltige Meinungsänderung in der nationalen und internationalen Öffentlichkeit hinzubekommen, müsse man Millionen in die Hand nehmen. Eine Studie des Londoner Beratungsunternehmens Palmer & Rae, das die Effekte von Kulturhauptstadtjahren untersucht hat, stützt die Einschätzung, dass man sich nicht ausruhen kann: Megaevents, so die Autoren, reichen nicht aus, um Städte oder Regionen dauerhaft als Ziel zu etablieren. Biermann: „Millionen haben wir nicht, also ist es eine Frage von Zeit und Mundpropaganda.“ Auch auf die Titelseiten von Reisekatalogen könne man sich nur einkaufen.
Und womit lockt das Revier 2015?
„Wir haben in den letzten Jahren sehr stark auf Kultur gesetzt“, sagt Biermann, „jetzt setzen wir stark auf die Industriekultur“. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal. Und: „Hier ist der positive Imagetransfer beim Publikum ja schon gelaufen.“ Auch das Fußballmuseum des DFB in Dortmund, geplante Eröffnung Mitte des Jahres, wird mit einer eigenen Werbewand angepriesen. Biermann: „Da versprechen wir uns natürlich einiges von, das ist ein neues, sehr attraktives Angebot.“
Am Stand sollen Themen im Vordergrund stehen, nicht Städte. „Dass sich alle darauf eingelassen haben, finde ich relativ revolutionär“, sagt Biermann mit dem Lächeln, aus dem die leidvolle Erfahrung mit der größten Ruhrgebietskrankheit spricht: Kirchturmdenken.
„Rückstand bei Hotelbetten“
Dass eine 86-seitige RWI-Studie von 2012 bei allem Lob für die touristische Entwicklung im Ruhrgebiet den „Rückstand bei Hotelbetten“ festhält, weiß natürlich auch Biermann. Er sieht vor allem einen Mangel bei den exquisiten Angeboten. Da sei „allerdings jetzt einiges im Bau“. Aber vor allem die Luxussuchenden betten ihr müdes Haupt bislang noch eher in Düsseldorf.
Das tut weh: Denn ein durchschnittlicher Übernachtungsgast lässt pro Tag 140 Euro in der Stadt. Brachte 2014 im Revier also rund eine Milliarde Euro. Rechne man, so Biermann, „jeden Handwerker auf der Hoteletage mit“, spüle der Reiseverkehr etwa sechs Milliarden Euro pro Jahr ins Ruhrgebiet. Und da geht noch was.