Bochum/Essen. . Eine Anleitung zur Herzmassage, ein Jugendlicher, der eigentlich die Polizei sprechen wollte – auch das gehört zum Job in der Notrufzentrale.

Das Telefon klingelt. Auf einem Bildschirm blinkt ein rotes Kästchen. Ein Notfall. Thomas Raupach (50) drückt den Knopf und sagt: „Notruf der Feuerwehr Essen. Hallo.“ „Eine Person sitzt in einem Außenaufzug fest. Würden Sie bitte kommen?“ fragt ein Mann. „Selbstverständlich. Ich schicke sofort ein Hilfeleistungsfahrzeug und einen Rettungswagen“, sagt der Feuerwehrmann und drückt mehrere Knöpfe am Bildschirm. Es folgt eine Durchsage an das Fahrzeug und die Einheit.

Ein Teppich im Raum schluckt die Geräusche, es ist erstaunlich ruhig in der Zentrale, trotz der zwölf Feuerwehrmänner und der Telefone, die ständig klingeln. „Wir müssen beruhigend auf die Menschen einwirken. Alle, die uns anrufen, sind in einer ungewohnten Situation“, erklärt Raupach. Mehr Stress, mehr Hektik würde sich nur negativ auswirken. Gerade bei Patienten, die ein Herzleiden haben.

Herzmassage per Telefon

Sekunden später klingelt es erneut. „Entschuldigung“, sagt eine Frau, „meine Mutter hat starke Bauchschmerzen. Sie ist 82 Jahre alt. Könnten Sie bitte einen Rettungswagen schicken?“ Raupach fragt nach Adresse und Namen und schickt den Alarm am PC ab. Währenddessen fragt er die Frau, was für Schmerzen ihre Mutter habe. „Viele wissen nicht, dass wir schon jemanden losschicken, noch während wir mit ihnen reden.“ Je mehr Informationen er habe, desto detaillierter kann er seine Kollegen vorbereiten. „Außerdem müssen wir wissen, wen wir schicken, Löschzug, Rettungswagen oder Notarzt.“ Letzterer kommt nur auf besondere Anforderung.

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Der 50-Jährige hat viel erlebt, auch schon mal telefonisch eine Herzmassage erklärt. „Dabei bleibe ich in der Leitung.“ So fühlen sich die Anrufer nicht alleine.

Immer wieder Fehlalarme

Wieder klingelt’s. Nuscheln im Hintergrund. „Da hat jemand aus Versehen die 112 gewählt. Das kommt öfter vor“, sagt Thomas Raupach und legt auf.

Fehlalarme gibt es nicht nur telefonisch. In der Bochumer Notrufzentrale schreckt ein schrilles Piepsen die vier Mitarbeiter von ihrer Arbeit hoch. Eilig geht Andreas Radzanowski (44) zum Bildschirm der automatischen Brandmeldeanlage. „Die Anlage in einem Geschäft schlägt Alarm“, sagt er und meldet: „Brandalarm in der Innenstadt. Löschzug drei ausrücken.“

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Doch die Männer, die hier in der 24-Stunden-Schicht arbeiten – aktiver Dienst und Bereitschaftsphasen wechseln sich ab –, sind allesamt sehr erfahren. Nach etwa einer Minute wissen sie: Das war ein Fehlalarm. „Wenn es wirklich brennen würde, hätten sich jetzt schon mehrere Leute gemeldet“, sagt Detlev Benkert (55). Die Erfahrung hat Recht: Der Einsatzleiter gibt Entwarnung. Wasserdampf löste den Alarm aus.

Doch Benkert kümmert sich bereits um einen brennenden Mülleimer am Bahnhof Langendreer. Sein Kollege wird von einer Ärztin angerufen: „Wir brauchen einen Krankenwagen, ein Patient wird in eine andere Klinik verlegt.“ Alles Routine für das Bochumer Team.

Ein vermisster Senior

Ungewöhnlich hingegen: der Anruf der Hilfsorganisation, die einen Rentner vermisst. Der hatte am Morgen seinen Hausalarm ausgelöst. Er war gestürzt. „Der Sohn hat angerufen, der Mann, den ihr heute morgen in eine Klinik gebracht hat, soll nicht dort sein“, sagt ein Mitarbeiter. Radzanowski ruft sein Rettungswagen-Team an. „Wir haben ihn dort eingeliefert“, bestätigen die. Im Nachhinein stellte sich heraus: Der Patient wurde stationär behandelt und war bereits zu Hause. „Wir nehmen einen Anruf an und leiten einen Einsatz ein. Wie der Fall ausgeht, bekommen wir oft nicht mit“, erklärt Andreas Radzanowski.

Auch bei Thomas Raupach in Essen läuft ein ungewöhnlicher Anruf ein: „Ich habe mein Geld verloren, können Sie mir helfen?“, fragt ein junger Mann. Raupach erklärt ihm: „Dafür sind wir nicht zuständig, da müssen Sie die Polizei anrufen.“ Das ist die 110.