An Rhein und Ruhr. . Bahnkunden planen mit viel Fantasie, wie sie ohne Züge durchs Ruhrgebiet zur Arbeit kommen. Der eine quartiert sich bei Verwandten ein, andere mobilisieren die Großfamilie. Autos werden geteilt und quer durch die Familie verplant. Wieder andere organisieren die „Tour de Ruhr“ mit Linienbussen.
Die Lokführer streiken, die Bahnkunden stehen auf der Straße – oder vielmehr auf dem Bahnhof. Ohne Fahrplan, ohne Sicherheit und mit angegriffenen Nerven. „Am Sonntag wird unsere Enkelin getauft... Wie kommen wir von Essen nach Duisburg ohne Auto???“ Eine Sorge von vielen, die Bahnkunden auf unsere Facebook-Anfrage, wie sie trotz Streik an ihr Ziel kommen, äußern.
Die „Tour de Ruhr mit den Linienbussen“, ist der Vorschlag eines Nutzers mit ironischem Unterton. „Von Oberhausen-Sterkrade nach Essen-Werden mit Bus und Straßenbahn. Das wird ein Abenteuer!“, teilt ein anderer Pendler mit.
Umzug wegen des Bahn-Streiks
Wer kann, bindet die Familie mit ein: „Die große Familie hilft sich gegenseitig. Azubi muss gegen 5 Uhr von Gelsenkirchen nach Essen, also leiht man sich das Auto vom Schwager, der wiederum dann mal den Bus nimmt, um innerhalb von Gelsenkirchen zur Arbeit zu kommen.“ Andere wollen sich direkt vor Ort einquartieren: „Ich zieh’ für zwei Tage zu meinen Eltern. Von dort benötige ich nur die U-Bahn bis zu meinem Arbeitsplatz.“
Glück hat auch, wer bei Arbeitskollegen zusteigen kann: „Meine Chefin holt zwei Kolleginnen und mich an einem Treffpunkt, der mit dem Bus zu erreichen ist, ab. Ansonsten zwei Stunden Fahrt mit Bus und Straßenbahn“, erklärt eine Betroffene.
Viele wollen aufs Auto umsteigen
Nur noch wenige haben Verständnis für die Gewerkschaft der Lokführer (GDL). Viele Betroffenen sind sich einig: Es ist Schluss mit lustig. „Manche brauchen danach gar nicht mehr zur Arbeit, weil sie gekündigt wurden. Denkt da mal jemand drüber nach“, fragt eine besorgte Leserin. Sie ist nicht allein.
Auch Pendlerin Nadine Dahl erklärt auf Nachfrage, dass sie nun wohl noch länger im Stau stehen wird, zusammen mit all den Pendlern die aufs Auto umsteigen werden. Ihre Sorge auch: „Freunde kommen nicht zur Arbeit und können daher kein Geld verdienen, es wird mit Kündigung gedroht.“
Pendler müssen tief in die Tasche greifen
Die Folgen des Streiks sind mehr als unangenehm. Und er würde auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen, klagen die Bahnkunden. Nicht allein die Bahn, sondern sie seien die Leidtragenden des Streiks, die auch die wirtschaftlichen Einbußen hätten. Viele fragen: Wer ersetzt mir die Spritkosten? Durch Stop-and-Go auf den Autobahnen müssen die Pendler noch einmal tiefer in die Tasche greifen.
Einige würden dennoch, wenn sie könnten, ganz aufs Auto umsteigen. „Ohne den Streik hätte ich mir da nie so Gedanken drüber gemacht. Also dank Streik zufriedene Ex-Kundin der DB“, kommentiert eine Betroffene die Möglichkeit, statt mit der Bahn in Zukunft ständig mit dem Auto zu fahren.
Werden die Bahnkunden doppelt zur Kasse gebeten?
Und nach dem Streik? Kunden vermuten: Auch dann werden sie es sein, die zur Kasse gebeten werden. „Während des Streiks trifft es uns Bahnfahrer, weil wir nirgendwo hin kommen, und nach dem Streik trifft es uns, weil die Preise erhöht werden! Wirklich prima!“, ärgert sich eine Nutzerin.
Die Bahn verweist derweil auf den Ersatzfahrplan, der auf der Internetseite der Bahn eingesehen werden kann. „Wir hoffen, dass ein Drittel der Züge fährt“, erklärt ein Pressesprecher der Bahn in Düsseldorf. „Die Lokführer, die nicht in der GDL organisiert sind oder verbeamtet sind, werden insbesondere auf den stark nachgefragten Strecken, beispielsweise zwischen Aachen und Hamm eingesetzt.“
Die Fahrpreise werden wie üblich erstattet: Ein Viertel des Fahrpreises erhalten Kunden, wenn der Zug eine Stunde später fährt, die Hälfte nach zwei Stunden. Bei längerer Verspätung können Kunden ihr Ticket komplett umtauschen.