Korschenbroich. In der Vorweihnachtszeit ziehen bei vielen Familien kleine Mitbewohner ein: Wichtel! Britta Wöhler aus Korschenbroich bastelt für sie Türen & Co.
Die gelben Gummistiefel stehen ordentlich neben der grauen Fußmatte, in der Ecke lehnt ein kleiner Reisigbesen und daneben leuchtet ein hübsches Windlicht. Wer hier, hinter der winzigen Tür mit rundem Fenster, wohnt? Das verrät der knallrote Briefkasten: Edvin. Genauer gesagt, Wichtel Edvin. Jedes Jahr, in der letzten Novemberwoche, zieht er bei Familie Wöhler ein. Das ist so Tradition, nicht nur bei ihnen, sondern auch bei anderen Familien – wobei jede natürlich ihren eigenen Wichtel hat. Der Trend aus Skandinavien ist längst nach Deutschland geschwappt und begeistert hierzulande nicht nur die Kleinen…
Wie Edvin zu ihnen kam? Da muss Britta Wöhler mal kurz überlegen. „Irgendwo in den Sozialen Medien wurden mir die Wichteltüren angezeigt“, erzählt sie. „Das fand ich so toll, dass ich dachte: So etwas mache ich auch!“ Denn die Idee ist einfach, aber fantasievoll. „Julenisse“, so das dänische Wort für Wichtel, wohnen in der Vorweihnachtszeit hinter der „Nissedør“, der Wichteltür. Nur nachts, wenn alle schlafen, kommen sie raus und hinterlassen kleine Nachrichten für die Kinder. Eines muss aber klar sein, wie die 40-Jährige betont: „Man darf die Tür nie aufmachen, sonst erlischt die Magie!“
Fasssauna für den Weihnachtswichtel
Das „Abtauchen ins Magische“ wollte die Erzieherin auch ihrer damals vierjährigen Tochter ermöglichen. Wie praktisch, dass ihr Freund einen 3D-Drucker hat, mit dem er eine solche Mini-Tür direkt zaubern konnte. Und einen Briefkasten. Und Stiefel. Und eine Leiter, damit der Wichtel auch über die Fußleiste hoch zu seiner Tür kommt. „Das ist die Grundausstattung“, sagt sie. „Eigentlich braucht man auch nicht mehr.“ Eigentlich. Aber dann erfasste der Zauber nicht nur die Tochter, sondern auch die Mama… „Ich liebe es zu basteln“, sagt sie. Und ein Wichtel kann noch so viel mehr gebrauchen!
Einen Adventskranz beispielsweise, oder ein Lebkuchenhaus, Weihnachtskekse… und eine Fassauna! „Der Schornstein ist aus der Pipette vom Coronatest“, erklärt Britta Wöhler. Ja, mit der Zeit ist sie immer kreativer geworden – und Edvins Reich immer größer. Nun führt von seiner Tür ein Weg über den Rasen, vorbei an der Sauna und einem Zelt und vielen Zäunen, bis hin zum Stall von Rentier Nepumuk. Achja, damit es ihm auch nicht langweilig wird, hat er sogar eigene Wasserfarben und einen Pinsel. „Wobei mich der Pinsel echt Nerven gekostet hat“, sagt sie und lacht. „Deshalb bleibt’s auch nur bei einem.“
Kekskrümmel in der Küche
Aber was treibt denn nun ein Wichtel mitten in der Nacht? Das hängt natürlich von Wichtel zu Wichtel – und von Familie zu Familie – ab. Edvin zumindest ist ein lieber Mitbewohner, „auch wenn sich meine Tochter letztes Jahr etwas mehr Schabernack gewünscht hat“, verrät die 40-Jährige. Dann hat er auch schon mal Kekskrümmel in der Küche hinterlassen. Und das war auch wirklich er? „Wenn seine Strickleiter von der Arbeitsplatte hängt, dann ist die Sache schnell klar.“ Manchmal verraten ihn auch die Mehlspuren, wenn er mal wieder winzige Kekse gebacken hat.
Dafür braucht Edvin natürlich einige Zutaten – was genau, schreibt er dann immer vorher in einem Brief, den er in den Briefkasten steckt. Gut, meistens bekommt er dabei etwas Hilfe, „dann muss ich schon mal mit links schreiben, damit meine Tochter nicht meine Handschrift erkennt“, verrät Britta Wöhler. Aufgefallen ist es aber nie und so stellt sie die gewünschten Sachen – Milch, Eier, Mehl – vor die Wichteltür… und freut sich über das duftende Ergebnis am nächsten Morgen. „Ja, in der Weihnachtszeit hat man wenig Schlaf“, sagt die Mama, die dann so manche Nacht in der Küche verbringt…
Selbstdesignt und selbstgedruckt
Oder aber am Esstisch, der eigentlich ein Basteltisch ist. Denn längst stellt die 40-Jährige auch für andere Familien, bei denen ein Wichtel einziehen soll, Türen und Zubehör her. Alles selbstdesignt, alles selbstgedruckt. Und dabei ist für jeden, wirklich jeden Geschmack etwas dabei: Feuerwehrtüren, Reitstalltüren, Holztüren… aber auch Blumenkästen, Krippen, Gartenlichter. „Wir saßen beim Abendessen zusammen und dachten: Alles ist so schön, dass wir es eigentlich verkaufen müssten“, erzählt sie. Also meldete sie ein Kleingewerbe an und verkauft seitdem ihre Produkte bei Etsy.
Was aber, wenn die Weihnachtszeit vorbei ist? „Da sind wir immer alle richtig traurig“, gibt Britta Wöhler zu. Deshalb steckte irgendwann, kurz vor Silvester, ein Zettel im Briefkasten, in dem sich Edvins Tante Hannelore für die Ferien ankündigte. „Weil es doch bei uns so schön sei!“ Dafür braucht sie aber natürlich auch einen Camper – einen umgebauten, englischen Schulbus – und ein Ferienhaus – inklusive Swimmingpool, Hochbeet und Plumpsklo. Dort zieht Tante Hannelore nun immer in den Ferien ein, dekoriert natürlich auch zu Ostern oder Halloween, und sorgt für allerlei Spaß.
Hauswichtelin im Kinderzimmer
Bald aber ist es so weit, dann stellt die Familie den Wichtelrufer – ein Windlicht – ins Fenster und Edvin kommt wieder. Und das, obwohl gerade erst ein kleines Drama passiert ist… „Die Wahrheit kam ans Licht“, erklärt Britta Wöhler. Ihre Tochter, mittlerweile acht Jahre alt, wollte die Wahrheit wissen: Gibt es Wichtel, oder nicht? Auf die Antwort folgten Tränen, doch als die getrocknet waren… zog Hauswichtelin Nina im Kinderzimmer ein. Statt enttäuscht zu sein, möchte die Tochter nun von der Mama lernen und selbst ein winziges Zuhause basteln. Und ganz ehrlich, wer weiß schon, ob es nicht doch Wichtel gibt?!
>>> Alles verwichtelt, oder was?
Britta Wöhler bietet ihre Wichteltüren und Zubehör auf der Plattform Etsy unter „verWICHTELt“ an. Außerdem zeigt sie unter gleichem Namen bei Instagram ihre neusten Kreationen.