Amersfoort. Etwas unterschätzt und daher nicht so bekannt: Amersfoort, zweitgrößte Stadt der Provinz Utrecht, hat richtig viel Charme. Wir waren vor Ort.

Gut eine Autostunde von Emmerich entfernt – oder eine Dreiviertelstunde mehr von Essen oder Duisburg – in Richtung Utrecht befindet sich eine Stadt, die, wie so einige in den Niederlanden, zu den unterschätzten oder eher bisher nicht so aufgefallenen gehört: Amersfoort.

Die mit etwa 170.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt der Provinz Utrecht erhielt schon im Jahr 1259 Stadtrechte, und so verwundert es kaum, wenn viele Gebäude an die reiche Vergangenheit zu Zeiten der Hanse erinnern.

Wie in Lübeck

Das historische Zentrum können Besucherinnen und Besucher von zwei Seiten betreten – beide sind beeindruckend. Bekannter ist sicherlich der Zugang über den Koppelpoort. Wer schon mal in Lübeck war, wird hier sicherlich schnell den Vergleich mit dem berühmten Hansetor ziehen. Amersfoort gehört zwar nicht zu den niederländischen Hanzesteden, wie zum Beispiel Zwolle oder Deventer, die Bauweise der ältesten Häuser im Kern der Stadt aber ist ganz ähnlich.

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Der Koppelpoort wurde 1425 fertiggestellt und bildet einen Teil der Stadtmauer rund um Amersfoort. Das Besondere an diesem Bauwerk ist seine doppelte Funktion, denn es ist auf der einen Seite ein Stadttor für den Landweg und auf der anderen für den Wasserweg über das kleine Flüsschen Eem.

Der Koppelpoort strahlt mittelalterliches Flair aus.
Der Koppelpoort strahlt mittelalterliches Flair aus. © heiko buschmann

Auf der gegenüberliegenden Seite der Innenstadt befindet sich der nicht minder sehenswerte Monnikendam. Ebenfalls wie eine Wasserburg anmutend, ist hier allerdings die Moderne nicht weit – in Form einer vielbefahrenen Straße.

Amersfoorts historisches Zentrum ist hingegen autofrei, umso schöner ist es, all die weiteren Sehenswürdigkeiten zu Fuß zu entdecken – am besten vom Monnikendam aus durch den kleinen Stadtpark und die Straße Muurhuizen. Übersetzt heißt das natürlich Mauerhäuser, diese wurden auf der ehemaligen Stadtmauer errichtet und sind wahre Prachtbauten. In der Bollenburgh von 1556 zum Beispiel hat einst die Familie van Oldenbarnevelt gelebt, später wurden hier arme Kinder und Waisen aufgenommen, ehe zwischen 1684 und 1719 Magistratsbürgermeister Gerard Thiens in die Bollenburgh einzog. Während des zweiten Weltkriegs versteckten sich Geflüchtete in dem Gebäude, druckten im Keller gefälschte Ausweise und Zeitschriften für den Widerstand gegen die deutschen Besatzer.

Von Muurhuizen und der Heren-straat geht es ins Zentrum mit seinen einladenden Grachten und romantischen kleinen Brücken. Die Haupteinkaufsstraße, die Lange Straat, kann dabei gerne ausgelassen werden. Viel reizvoller ist zum Beispiel die Krome Straat mit kleinen, inhabergeführten Geschäften, netten Cafés und Restaurants.

Nicht weit ist es von hier bis zu dem neben dem Koppelpoort wohl bekanntesten Gebäude Amersfoorts: der Onze Lieve Vrouwentoren. Der Turm der Liebfrauenkirche ist fast 100 Meter hoch und damit der drittgrößte Kirchturm der Niederlande. Wer hinaufsteigen möchte, muss für die tägliche Führung um 14 Uhr beim Touristenbüro nebenan eine Karte kaufen. Dann geht es 346 steile Stufen hinauf – der Blick über Amersfoort und Umgebung entschädigt für die Mühe aber um ein Vielfaches.

Blick vom und auf den Turm

Sich den prächtigen Turm von außen anschauen geht am besten mit einem Kaffee oder einem Kaltgetränk in der Hand. Etliche Bars und Restaurants haben ihre Stühle auf den Platz vor der Kirche gestellt.

Weiter geht es am Museum Flehite vorbei, das sich einen echten Hingucker vor die Tür gestellt hat – einen riesigen Eisbären, der auf Manneken Pis macht. Direkt neben dem Koppelpoort befindet sich die Volmolen. In dem Gebäude von 1645 wurde einst Kleidung genäht, heute produziert in dem Reichsmonument eine Druckerei Kartons.

Der Eisbär macht vor dem Museum Flehite auf Manneken Pis.
Der Eisbär macht vor dem Museum Flehite auf Manneken Pis. © heiko buschmann

Direkt hinter dem Koppelpoort führt die Bahnlinie her, der Bahnhof ist nicht weit. Ab hier beginnt das moderne Amersfoort. Am großzügigen Eemplein haben sich Büros und Shops niedergelassen, auch die Kunsthal KAdE sowie das Poppodium Fluor sind ganz in der Nähe.

Ein Bummel lohnt sich auch hier – auch wenn der alte Teil der Stadt sicherlich mehr Charme hat.

Der Koppelpoort ist auch von innen zu entdecken und zu besteigen. Die Gilde Amersfoort führt Besucherinnen und Besucher gerne zu den „Geheimnissen“ des alten Stadttors. Zu buchen unter amersfoortsegidsen.nl.

Lyrik, shoppen, lecker Essen und ein Bierchen

Amersfoort ist eine lebendige Stadt und hat nicht nur mittelalterliche Sehenswürdigkeiten zu bieten. Auf einem Spaziergang durchs historische Zentrum fallen Gedichte ins Auge – an Hauswänden haben sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit ihrer Kunst verewigt. Einen leckeren Kaffee gibt es in Amersfoort an jeder Ecke. Ein Geheimtipp ist das Café Stu (Scherbierstraat 3a). Wer lieber Bier mag, geht in die Brauerei De Drie Ringen (Kleine Spui 18, Nähe Koppelpoort). Deko shoppen? Ab ins Blur (Mooierstraat 18, Nähe Mondriaanhuis)! Weitere Infos und Tipps sind hier zu finden.