Rees-Haldern. Der erste Teil des renommierten Pop-Festivals findet seit einigen Jahren in Kirche, Pop-Bar und Jugendheim statt. Ein Glücksfall zu diesem 40.

Wettern, dass es in Haldern traditionell regnet? Von einigen Jahren in der mittleren Festival-Periode mal abgesehen. Gestartet ist das kleine, feine Popfestival vom Niederrhein dennoch, Gewitter und Regen hin oder her. Das Gute ist: Der Auftakt ist seit Jahren traditionell im Dorf.

So konnte man dort den lange nicht gehörten Satz vernehmen: „Ich bin froh in der Kirche zu sein.“ Und selig waren alle, die es zum dortigen Auftaktkonzert mit Susan O’Neill geschafft hatten. Eigentlich sollte sie dort gemeinsam mit Mick Flannery auftreten. Doch dass der irische Senior nicht auftrat, tat dem beseelten Auftritt mit Trompete und Gitarre keinen Abbruch.

Schweres Geläuf: Einige Campingareale beim Haldern Pop mussten wegen des tiefen Bodens für Autos gesperrt werden.
Schweres Geläuf: Einige Campingareale beim Haldern Pop mussten wegen des tiefen Bodens für Autos gesperrt werden. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Standing Ovations, sogar die Sonne blinzelte neugierig durch die Kirchenfenster, als sie ihre Songs in bester irischer Songwritertradition aufführte. Da machte sich mancher sein Favoritensternchen in die App, in der die mehr als 70 Künstlerinnen und Künstler vermerkt sind. Denn am Freitag soll sie gleich noch zweimal auf der Bühne stehen.

Es wärmt das innere Kaminfeuer

Wer dann in der Kirche blieb, wurde mit zwei weiteren Frauenstimmen verwöhnt. Zunächst kam November Ultra auf die Bühne. Die Pariserin stand da in rosa Hose und einer Art Strampelanzug, auf dem vorn „Have a nice day“ und hinten „Thank you“ und „Lovely“ stand. Von der kindlichen Aufmachung sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Die Texte über ihr Leben haben es in sich – sie singe in Englisch, damit ihre Mutter die Texte nicht verstehe, erzählte sie. Musik wie ein inneres Kaminfeuer war das, während draußen der Regen prasselte.

Wen will ich wo hören? Die Festival-Zeitung gibt Orientierung im vielfältigen Angebot des Haldern Pops.
Wen will ich wo hören? Die Festival-Zeitung gibt Orientierung im vielfältigen Angebot des Haldern Pops. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Danach ging es in die Staaten: Alela Diane kam im schwarzen Kleid und sang zu Gitarre und Piano von Gewitterstürmen. Schon bei ihr ging es los mit fröhlichem Vogelgezwitscher: Beim vorletzten Song forderte sie die Menschen auf, den inneren Singvogel zum Leben zu erwecken – hinreichend fröhlich.

Das Geflöte ging anschließend im benachbarten Jugendheim weiter, wo die schwedisch-kanadische Folksängerin Wendy McNeill in ungewöhnlicher Besetzung noch ungewöhnlichere Texte von sich gab: Sie selbst spielt Akkordeon, dessen verstorbenem Erbauer sie ebenfalls ein Lied widmete. Und dazu gab es Polka und Walzerrhythmen von ihr und der Begleitband, die mit Violine, Kontrabass und Drums ihre etwas verschrobenen, dunklen Lieder von Prometheus und der Welt aus der Sicht eines Albatros’ besang. Vögel, so erzählte sie vor dem Sprechgesang von „Language of Birds“ sind Bioindikatoren: verschwinden sie, verschwindet auch der Mensch. Dank Polka und beschwingten Schunkelrhythmen kam die Botschaft gar nicht so düster rüber. „Halderner Regen ist flüssiger Sonnenschein“, habe sie hinter der Bühne auf einem Schild gelesen, erzählte sie.

Haldern bleibt wacker

Dummerweise ist es bislang einzig Katrina and the Waves in den 80ern gelungen, mal auf Sonnenschein zu laufen, die klügeren Festivalbesucher, falls noch nicht ausgerüstet, kauften im Dorf Gummistiefel in Schwarz und Grün und im Sonderangebot – soll niemand den Haldernern nachsagen, sie wollten Krisengewinnler sein. Für 20 Euro war man gerüstet für das Areal am Reitplatz, das trotz aller Vorbereitungen schnell durchweicht war. Die Menschen wurden gebeten, das Auto möglichst im Dorf und auf Asphalt stehen zu lassen – der Einlass wurde zur Hauptstraße nach vorn verlegt. Alles, Stand früher Abend, bestenfalls unangenehm und nur ein Hauch von Wacken. Haldern bleibt wacker.

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Nein, von einer Geburtstagsparty zum 40. wollen sie nichts wissen in Haldern. Ist ja auch arithmetisch schwierig, das erste Festival war 1984. Also ist zwar 2023 das 40., aber es sind eben erst 39 Jahre rum. Entstanden ist die Idee im „Raum 3“ des Jugendheims der katholischen Kirche und aus einem Dachstuhl entstand damals die erste Bühne. 50 Jugendliche legten je 500 Mark auf den Tisch – und los ging es.

Die 500 Mark schmolzen in den ersten Jahren arg zusammen, aber reicher wurden alle Beteiligten trotzdem. An Erfahrung. Und das Renommée des kleinen, feinen Festivals wuchs. Phasenweise waren die maximal 7000 Tickets schon ausverkauft, ehe klar war, wer spielt. In diesem Jahr gibt es auch spontan noch Karten. Das Wetter, die Preise, der Hang zur Spontaneität…