Aus den Niederlanden. Der niederländische Premier Rutte zieht sich aus der Politik zurück – und erwischt das Land damit kalt. Ein weiterer Rechtsruck scheint absehbar.
In den Niederlanden bricht eine neue Ära an: Premier Mark Rutte hat mit seinem angekündigten Rückzug nach dem Zerfall seiner Regierung für einen großen Knall gesorgt, der wie eine bestens kalkulierte Überraschung wirkt – oder eine Folge völliger Überschätzung.
Der Paukenschlag kam unerwartet. Sicher auch, weil der Ministerpräsident für gewöhnlich immer einen Kompromiss zu finden weiß. Diese gewohnte Taktik wählte Rutte beim Koalitionsstreit über die Migrationspolitik aber nicht. Stattdessen volle Konfrontation – zur Not bis zum Zerfall der Regierung.
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Die nun unausweichlichen Neuwahlen hätten Rutte durchaus liebsamere Koalitionspartner verschaffen können. Für eine erneute Kandidatur habe er „die Energie“, teilte Rutte am Freitag noch mit. Am Montag dann doch der Rückzug. Ob es Ruttes Entscheidung erleichtert hat, dass einer Umfrage zufolge drei von vier Niederländern genug von ihm haben?
Trotz aller Krisen hatte Rutte es bislang immer geschafft, wiedergewählt zu werden. Obwohl der Premier es in den Medien bestreitet: Am Wochenende könnte ihm schmerzhaft klargeworden sein, dass die Konkurrenz von rechts so groß wie nie zuvor und eine Wiederwahl nicht allzu aussichtsreich ist. Seit den Provinzwahlen im März ist die rechtspopulistische BBB-Partei auf ungebremstem Erfolgskurs, Umfragen sehen sie auf ähnlicher Höhe wie Ruttes Partei VVD.
Rechtsruck in den Niederlanden zu erwarten
Der noch amtierende niederländische Premier hat in den vergangenen Tagen hoch gepokert – und verloren. Möglicherweise dachte er, seiner VVD mit einem Rückzug noch die besten Chancen in einer Neuwahl zu sichern.
Auf seinen Posten schielt unterdessen die BBB – mit guten Aussichten. Frontfrau Caronline van der Plas sagte zwar, sie wolle „lieber nicht Ministerpräsidentin werden“, aber schließe das noch nicht aus. Wahrscheinlich wartet auch sie nur auf das richtige Zeichen. Sie wäre allerdings keine gute Wahl – möchten die Niederlande ihr weltoffenes und tolerante Image auch wirklich leben. Ein weiterer Rechtsruck aber scheint sich schon abzuzeichnen. (mh)