Essen. Mit einer abgefahrenen Aktion haben TuSEM II und SuS Haarzopf Ü 23 1.000 Euro für den guten Zweck gesammelt. Im Mittelpunkt: Trainer Simon Höller.
Etwa 25 Meter sind es von seinem Schlafzimmerfenster bis zu den Glascontainern auf der Straße. Für Simon Höller ist die Entfernung kein Problem. Locker versenkt er die Tennisbälle in den kleinen Löchern, die sonst leere Gurkengläser oder Weinflaschen schlucken.
Zehn Würfe hat der Trainer von TuSEM II, doch ob mit Schwung aus dem rechten Arm, mit dem Rücken zur Straße oder per Kopfball: alle Versuche sind drin – zu sehen auf seiner Facebook-Seite. Es muss noch nicht einmal direkt passen, auch ein Parkverbot-Schild oder die Glatze eines dort zufällig stehenden Biertrinkers sind nur willkommene Hindernisse, um das Ding letztlich reinzumachen.
„Okay, wir haben beim Schneiden des Videos hier und da ein bisschen nachgeholfen“, verrät Simon Höller grinsend, „aber zweimal habe ich tatsächlich fast getroffen.“
Werfen statt kicken für guten Zweck
Es geht hier schließlich nicht um den genauesten Werfer der Handball-Stadt Essen oder das beste Zielwasser, sondern um einen guten Zweck. An diesem Sonntag, 8. November, hätte TuSEMs Reserve normalerweise in der Essener Kreisliga B gegen die Ü 23 des SuS Haarzopf gespielt. Der Gegner macht nicht nur mit spektakulären Kantersiegen auf sich aufmerksam, sondern vor allem mit seinen Spendenaktionen. Das Team um den ehemaligen Schonnebecker Kapitän und Torjäger Marc Enger sammelt in Kooperation mit der Plattform „I-do“ Gelder für karitative Einrichtungen meist in Essen. Zuletzt allerdings unterstützen die Haarzopfer und weitere Klubs in der Ruhrpott-Metropole die Neven-Subotic-Stiftung mit 10.000 Euro.
So viel kam nun durch Simon Höllers Wurfchallenge nicht zusammen, aber immerhin 1.000 Euro. Er selber spendete natürlich für jeden Treffer in den Glascontainer, insgesamt steuerte TuSEMs zweite Mannschaft 400 Euro bei. „Auch Nachbarn haben Geld gegeben“, berichtet Simon Höller.
Mit der Gesamtsumme wird einem beeinträchtigen Kind des Carolinenhofs eine Reittherapie ermöglicht. „Für uns war von vornherein klar, dass wir das Haarzopfer I-do-Spendenprojekt unterstützen würden. Da wir uns auf dem Platz gegen diese Truppe keine Chance ausgerechnet hatten, um zum Beispiel über jedes erzielte Tor etwas zu spenden, sind wir halt kreativ geworden“, berichtet Simon Höller. „Als im Zuge Lockdowns die Partie dann abgesagt wurde, haben wir uns das mit dem Video überlegt.“
Werfen kann Simon Höller schließlich ganz gut, als Kind hat er bei TuSEM auch mal Handball gespielt und stand später bei den Fußballern im Tor. Da er außerdem oft gute Ideen hat und zum Beispiel auf der Facebook-Seite von TuSEM II launige Berichte zu den Spielen seiner Mannschaft schreibt, kann auch das Video zum Fensterwurf nur gut werden. „Ich habe keine Lust, während der Spielpause irgendwelche langweiligen Sachen über uns zu posten“, gibt Simon Höller gerne zu.
Die Kreisliga-Couch
Klopapier-Challenges kennt man in der Fußball-Szene seit dem ersten Lockdown zur Genüge. Auch Bilder von Laufeinheiten, weil auf den Plätzen derzeit nicht trainiert werden darf, findet er nur mäßig spannend. Also erfindet der Kreisliga-Coach die „Kreisliga-Couch“. Die steht natürlich in der heimischen Wohnung in der Margarethenhöhe – und an der Wand hinter dem Möbelstück wird die Taktik für das hoffentlich nächste Spiel erklärt. „Mein Frau war nicht so begeistert, aber was will man machen?“, fragt Simon Höller unschuldig.
Im Liegestütz zum Schnaps
Auch seine Burpee-Challenge ist etwas alternativ, nichts für Profisportler, sondern trifft eher den Nerv des gemeinen Amateurkickers. Burpees sind eine Mischung aus Kniebeuge, Liegestütz und Strecksprung mit Händen hinter dem Kopf. Bei Simon Höller kommen dazu noch Getränke ins Spiel – Bier und Schnaps. So also posiert der Modellathlet schön in Babyblau-grün-gelber Ballonseide auf seiner Kreisliga-Couch und erklärt die Übung: Runter auf den Boden, mit der linken Hand den Schnaps auf Ex, hoch in den Stand und ab zum Tisch, wo das Bier auf die schnelle Verkostung wartet. Isotone sind ja gerade für Sportler immer wichtig.
„Wir machen aber nicht nur Quatsch“, betont Simon Höller. „Die Spiele nehmen wir schon ernst, und auch wenn wir trainieren, ist das keine Juxveranstaltung.“
Erst sah es so aus, als ob der TuSEM in dieser Saison gar keine zweite Mannschaft für den Spielbetrieb hätte anmelden können. Doch dann trommelte Simon Höller innerhalb von drei Wochen über 20 Spieler zusammen. Zwischen der Ersten, die in der Bezirksliga am Ball ist, und der Ü32 macht die junge Truppe bisher einen ganz guten Eindruck. Mit neun Punkten aus den ersten acht Spielen ist das neu formierte Team von der Margarethenhöhe ordentlich in die Saison gestartet. Nun ist auf dem Platz aber erst einmal Corona-Pause angesagt – und Zeit für weitere launige Drehs abseits des Amateurfußball-Alltags.
Wenn damit auch noch ein guter Zweck unterstützt wird, umso besser...