An Rhein und Ruhr.. Landesumweltminister Johannes Remmel verteidigt seinen umstrittenen Entwurf für ein neues Jagdgesetz gegen Kritik. Der Grünen-Politiker will die Jagd am Waldschutz, der Fleischverwertung und der Abwehr von Seuchen ausrichten. Jäger blasen zum Protest. Am Dienstag Versammlung in Wesel.
„Respektlos“, „schlichtweg entsetzt“: In der Jägerschäft wächst der Protest gegen das geplante neue Jagdgesetz. Der Jagdverband NRW versammelt seine Mitglieder an Rhein und Ruhr morgen in Wesel. Umweltminister Johannes Remmel verteidigt derweil seine Pläne: „Das neue Gesetz ist nicht gegen die Jagd gerichtet“, betonte der Grünen-Politiker im NRZ-Interview.
Brauchen wir überhaupt ein neues Jagdgesetz?
Johannes Remmel: Mit dem neuen Gesetz reagieren wir auf einen anhaltenden und schon in den letzten Jahren stattgefundenen Wertewandel. Zunächst geht es darum, die Jagd als Tradition in eine gute Zukunft zu führen, denn die Rolle der Jagd wird von den Menschen heute anders interpretiert als noch vor einigen Jahrzehnten und muss deswegen jeweils neu begründet werden. Daher steht NRW mit den notwendigen Anpassungen nicht alleine da, sondern reiht sich in die Bestrebungen vieler anderer Bundesländer ein, wie zum Beispiel Saarland, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Das neue ökologische Jagdgesetz orientiert sich darüber hinaus an einem Dreiklang: Tierschutz verbessern, Artenschutz stärken, Waldschutz sichern. In der Praxis bedeutet das, dass es für jedes Tier, das erlegt wird, auch eine sinnvolle Begründung geben muss. Dass es einen Sinn oder eine Nutzung geben muss, etwa als Nahrungsmittel, ist so auch seit dem Jahr 2002 im Grundgesetz verankert – durch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel.
Was läuft denn bei der Jagd aus Ihrer Sicht bisher falsch?
Remmel: Das neue Gesetz ist nicht gegen die Jagd gerichtet, sondern richtet die Jagd an neuen Zielen aus. Die Frage ist nicht, was bei der Jagd falsch läuft, sondern, wie Lösungen für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd gefunden werden können. Die Menschen verstehen zum Beispiel nicht, weshalb Katzen von Jägern geschossen werden dürfen. Zu Recht, denn es ist auch keineswegs Sache der Jäger hier einzugreifen – schließlich unterliegen Katzen ja auch nicht dem Jagdrecht. Wenn es hier Regelungsbedarf gibt, ist das eine Angelegenheit des Ordnungsrechts. Auch das Schießen zur Sammlung von Trophäen ist definitiv nicht mehr zeitgemäß. Eine Jagd auf Tiere soll mit dem neuen Gesetz nur noch erlaubt sein, wenn ein vernünftiger Grund vorliegt – dazu zählen zum Beispiel Verwertbarkeit, Schutz des Waldes oder die Abwehr einer Seuchengefahr.
Trägt die SPD das Gesetz mit?
Remmel: Klar ist: Das ökologische Jagdgesetz ist Teil des Koalitionsvertrages. Der jetzt vorliegende Entwurf wurde nach einer ersten Beschlussfassung im Kabinett in die Verbändeanhörung gegeben. Dass es hier – wie auch sicher später noch bei den Erörterungen im Landtag – weitere Diskussionen um einzelne Punkte gibt, spiegelt den gesellschaftlichen Diskussionsbedarf wieder. Dies wird bis zur letztendlichen Beschlussfassung im Parlament auch so bleiben und ist ein normaler Prozess in Gesetzgebungsverfahren.
Im Arbeitskreis „Jagd- und Naturschutz“ hat sich das Ministerium lange um einen Konsens mit Jägern und Tierschützern bemüht. Die wirklichen Streitfragen hat man dort nicht lösen können, oder?
Remmel: Im gemeinsamen Arbeitskreis wurden bis ins Detail die Positionen der Verbände zur Entwicklung eines neuen Jagdgesetzes ausgetauscht. Es konnten bei ca. 80 % der Fachfragen Einigungen oder Kompromisse erzielt werden. Für die offen gebliebenen vier bis fünf Konfliktthemen wurde dann nach weiterer fachlicher Erörterung die Bewertung von unseren Experten vorgenommen. Im Rahmen der gerade abgeschlossenen Verbändeanhörung gab es nun erneut die Möglichkeit, sich auch zu den immer noch strittigen Punkten zu äußern und konkrete Änderungen zu einzelnen Paragraphen vorzuschlagen. Dass jetzt seitens des Landesjagdverbandes Diskussionen wieder aufgemacht werden, die schon geeint waren, wundert nach diesem langjährigen Prozess schon sehr. Im weiteren Verfahren ist jetzt das Parlament am Zug und wird nach den parlamentarischen Erörterungen über das Gesetz entscheiden.
Sie haben gesagt, es geht nicht nur um weniger Jagd, es gäbe auch Bereiche, in denen wir mehr Jagd brauchen. Wo findet sich das im neuen Gesetz wieder?
Remmel: Konkret findet sich das in der Ausweitung der Jagdzeiten, dem Verzicht der Abschusspläne für Rehwild und den Regeln zur Fütterung und Kirrung. Es geht vor allem um Reh- und Schwarzwild. Die stärkere Regulierung des Rehwildes hat besonders den Schutz des Waldes vor Verbissschäden zum Ziel. Und bei Wildschweinen gibt es örtlich so große Populationen, dass einzelne Rotten bis in private Gärten oder sogar in städtische Bereiche vorstoßen. Bei so großen Populationen steigen nicht nur die Schäden in den Feldern der Landwirte und in Privatgärten, es steigt auch die Gefahr von Tierseuchen wie der Schweinepest. Die stärkere Regulierung der Wildschweinbestände ist eine vorbeugende Maßnahme zur Vermeidung solcher Seuchen.