Am Niederrhein. . Die gehandicapten Leistungssportler Lily Anggreny und Nora Hansel testeten im Auftrag der Ruhrtourismus GmbH die Römer-Lippe-Route. Und hatten viel Spaß, fanden aber auch viele Mängel.

„Komm ich da durch?“ Lily Anggreny bremst ihr Liegerad bis zum Stillstand ab. Dabei führt gerade hier die Römer-Lippe-Route schnurgerade am Wesel-Datteln-Kanal entlang, der Belag ist eben und jetzt könnten sie mal ein gutes Stück unproblematisch gradeaus kurbeln, die Athletin, die ihr Alter nicht verraten mag „weil sonst mein Mann schimpft.“

Barrieren bremsen die Liegeradfahrerin aus

Jetzt könnte sie schimpfen: Weil da mitten auf dem Radweg Barrieren stehen. Sie sollen verhindern, dass Otto-Normalradler mit zu hoher Geschwindigkeit am Ausflugslokal vorbeibrettert. Jetzt verhindern sie, dass Lily Anggreny überhaupt weiterkommt. Die vom Nabel an abwärts gelähmte Sportlerin, unter anderem Goldmedaillengewinenrin bei den Paralympics 1992, testet gemeinsam mit Nora Hansel, einer Para-Triathletin die Römer-Lippe-Route auf ihre Barrierefreiheit für Behinderte.

Die Ruhr-Tourismus GmbH hat die beiden Sportlerinnen zu der Tour eingeladen, fast zeitgleich ist ein weiterer Paralympic-Sportler auf dem Ruhrtalradweg unterwegs.

„Es ist eine wunderschöne Landschaft“, freut sich die aus Sachsen stammende Nora Hansel über die Route. Doch immer wieder dokumentieren die beiden auch, wo es hakt: zu enge Kurvenradien, die Lily mit ihrem Handbike kaum nehmen kann und auch manches Tandem auf die Probe stellen dürften.

Auch interessant

Extrem schlechte Wegstrecken drohen die halbseitig gelähmte Leistungssportlerin immer mal wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen – sie braucht ebene Strecken, um sich auf ihrem normalen Rennrad halten zu können. Die Barrieren am Kanal bei Dorsten kann Lily schließlich doch passieren: Nora gibt von hinten Anweisungen, millimetergenau manövriert sich Lily im Liegerad durch die Hindernisse.

Oft führt die Route auch über dicht befahrene Autostraßen – ein Horrortrip für Lucy Anggreny in ihrem kaum 50 Zentimeter hohen Liegerad, das allzuleicht von Autos übersehen wird. „Ich habe sonst einen farbigen Wimpel, damit man mich sieht, aber ich habe gedacht, wir fahren abseites der Hauptwegstrecken“, erzählt sie.

Für Handbiker, so viel ist den beiden Sportlerinnen am Ende der Tour klar, wäre die Römer-Lippe-Route erst von Paderborn flussabwärts zu empfehlen. Davor sind die Steigungen zu heftig. „Das ist sehr schade, weil zum Beispiel die Externsteine ein sehr schönes Ausflugsziel sind“, bedauert Nora Hansel. Ein großes Kompliment bekommt das Römerdorf Anreppen nach Paderborn. „Das war 100% barrierefrei, ohne störende Mauern und sehr eindrucksvoll“, lobt Nora Hansel.

Nicht asphaltierte Wege nerven

Auch die Teile der Strecke über Feldwege haben ihnen sehr gefallen. „Vor allem dann, wenn die Wege asphaltiert waren“, sagt Lily Anggreny. Klar, wer mit Mund und Nase kaum vier Handbreit über dem Boden unterwegs ist, läuft sonst Gefahr, sich eine Staublunge einzufangen. Und aufspritzende Kieselsteine machen auch keinen Spaß, Brille und Helm hin oder her.

Zum Teil haben die beiden deutlich mehr Landschaft genossen als geplant. Am Samstag standen rund 70 Kilometer auf dem Tourprogramm. „Doch zwischen Bergkamen und Olfen ist die Beschilderung sehr schlecht“, ärgert sich Nora Hansel. Am Ende waren die beiden Frauen rund 90 Kilometer unterwegs. Lily Anggreny gewinnt auch diesem Umweg etwas gutes ab: „Nach der Tour hier fühle ich mich fit genug für den Hamburg-Marathon“, lacht sie.