Minden. Ein Jahr nach seinem rauschenden Abschied vom Justizdienst tritt “Richter Gaspedal“ wieder ins Rampenlicht. Diesmal ist Helmut Knöner Kläger. Er wendet sich gegen die dauerhafte Überlastung der Justiz. An diesem Donnerstag beginnt der Prozess um die Auslastung der Gerichte in NRW.

"Ich weiß, dass ich wieder verlieren werde", sagt Helmut Knöner und ist trotzdem fröhlich. Der 66-jährige Amtsrichter a.D. ist jetzt sein eigener Anwalt, doch zugleich macht er sich zum Anwalt all seiner Kollegen in der Justiz, die unter Aktenbergen ächzen. An diesem Donnerstag beginnt vor dem Verwaltungsgericht Minden sein Prozess.

Knöner will nicht weniger, als das Land in die Knie zwingen. Es soll zugeben, dass es auf dem Rücken der Richter und Staatsanwälte Geld spart. Es werde ein Bedarf errechnet, aber nicht eingehalten, kritisiert er. Stattdessen würden die Fälle mit sogenannten Geschäftsverteilungsplänen auf zu wenige Richter verteilt, ständige Überlastung sei damit vorprogrammiert. Darum klagt er gegen diese Verteilung.

Geringere Arbeitszeiten für ältere Richter

Und Knöner fordert, dass die Arbeitszeitverordnung der Beamten auch für Richter gelten müsse. Demnach würden älteren Richtern geringere Arbeitszeiten zustehen, was die Personallage an den Gerichten weiter verschärfen würde.

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Der Deutsche Richterbund in NRW sieht das grundsätzliche Problem genauso. "Ganz klar, da hat er recht", sagt Verbandsgeschäftsführer Christian Friehoff, selbst Direktor am Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück. Nach Ansicht des Richterbunds fehlen landesweit 700 Richter und Staatsanwälte, davon allein 400 an den Land- und Amtsgerichten. "Das entspricht der Summe aller Richter der Landgerichte und Amtsgerichte in den Gerichtsbezirken Bielefeld, Arnsberg und Bochum."

Im Jahr 2027 gebe es ausreichend Richter

Das Justizministerium widerspricht der Klage. Das Land habe mit den Geschäftsverteilungsplänen nichts zu tun. Die Arbeitszeitverordnung sei auf Richter nicht anwendbar. Und ohnehin steige die Zahl der Richter, während zugleich die Zahl der Fälle abnehme.

Das sei zwar so, sagt Friehoff. "Das geschieht aber sehr langsam. Wenn man die Entwicklung hochrechnet, dauert es noch bis zum Jahr 2027, bis die Zahl der Richter der Zahl der Fälle entspricht."

Knöner kennt sich aus mit Kämpfen gegen Windmühlenflügel. Als junger Richter war er Vollstreckungsleiter für die Jugendstrafanstalt Herford. Für den Umgang mit den jungen Häftlingen gab es damals nur Verwaltungsvorschriften, aber kein Gesetz. "Es wurde nicht auf die speziellen Bedürfnisse der jungen Leute eingegangen", sagt der Ex-Richter und zählt auf: "Was ist mit Schule, Ausbildung, Freizeitgestaltung?"

Bekannt durch Urteile gegen Radarfallen

Sechs Mal ist er mit seiner Forderung nach einem Gesetz für den Jugendstrafvollzug vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, sechs Mal hat er verloren. Endlich, am 31. Mai 2006 entscheiden die Verfassungsrichter, dass ein Gesetz notwendig ist. Knöner strahlt immer noch, wenn er an diesen Augenblick denkt.

Noch bekannter wurde Knöner allerdings als "Richter Gaspedal". "2010 habe ich 43 Temposünder freigesprochen. Alle Urteile sind rechtskräftig." Bei den Radarfallen stehe nicht die Sicherheit, sondern das Abkassieren von Bußgeld im Vordergrund, argumentierte Knöner. Und es gebe keine klaren Richtlinien für das Aufstellen der Blitzer.

"Es wurmt mich nicht, als Querulant beschimpft zu werden", sagt Knöner heute. "Ich ziehe das durch, notfalls wieder bis zum Bundesverfassungsgericht. Und wenn ich gewinne, dann hat das Land sofort Hunderte Klagen am Hals. Davor haben sie Angst." (dpa)