Winterberg. . Die Wintersport-Saison im Sauerland ist unerfreulich gestartet. Wirte und Liftbetreiber hoffen auf Schneefall. Aber die Meteorologen haben auch für die kommende Woche keine guten Nachrichten. Ski und Rodel sind nur an wenigen Stellen möglich. Unser Reporter hat sie gesucht und gefunden.

Überall Grün und keine Hoffnung. Nur hier an der Ruhrquellenhütte liegt ein Häuflein Schnee wie ein Pinselstrich Deckweiß auf dem Landschaftsgemälde. Den Kindern aber ist das völlig schnuppe, sie sind selig, dass ihre Eltern durch Zufall oder durch Hörensagen hierher gefunden haben. An einen der letzten Rückzugsorte des Wintersports, aus dem ganzen Sauerland kommen Familien, damit die Kinder wenigstens einmal vor Neujahr einen „guten Rutsch“ hatten und „Brennholz“ rufen können, auch wenn alle Schlitten längst aus Plastik sind.

Die Nielsens sind am Donnerstag gekommen. Sechs Stunden Fahrt mit dem Wagen aus Dänemark. Jetzt pfeffern Magnus (12) Niclas (10) und Maja (7) mit breitem Grinsen auf ihren Snowbows (eine Art kurzes Surfboard) das kleine Weiß hinab. Sofia, die Mutter, stoppt die ausgelassenen Rodler unten am Übergang vom Schnee zum Gras, damit sie nicht noch in die nahe geparkten Autos semmeln. „Die Kinder sind glücklich, endlich können sie die Snowbows ausprobieren, die sie zu Weihnachten bekommen haben. Natürlich sind wir ein bisschen enttäuscht, dass so gar kein Schnee liegt, aber so ist die Natur nun mal...“ Vater Claus denkt schon an Morgen und fragt: „Gibt’s hier irgendwo ein schönes Hallenbad?“

Alle Angestellten sind daheim

Dass die Kinder überhaupt eine Rodelecke haben, ist einer Inversionswetterlage und Martin Ritter (41) zu verdanken. Der Betriebsleiter der „Ruhrquellenhütte“ hatte Mitte November begonnen, mit seinen Kanonen Schnee auf die Hänge zu feuern. „Die anderen haben mir damals den Vogel gezeigt.“ Er lächelt nicht ohne Stolz. Muss aber auch zugeben, dass ihm zu der Zeit die besondere Wetterlage in die Karten spielte, die Inversion eben, in den Tälern war es kälter als auf den Hängen oben. Und zum Schneemachen braucht es mindestens zwei Minusgrade. Wie auch immer, der „weiße Ritter“ hat jetzt seine Hütte gut gefüllt, während andere Wirte, Liftbetreiber und Skiverleiher eher schwarz sehen.

Dietmar Geilen (45) etwa. Er hat vor einigen Jahren den „Sahnehang“ gekauft, mit Lift, Skihütte, Verleih und Pistenfahrzeugen. Jetzt ist alles dicht, die 26 Angestellten sitzen daheim und der Chef weiß: „Die Verluste während der Weihnachtstage kriege ich nicht mehr rein.“

Er knipst das Licht in der verrammelten Skihütte an, zeigt am großen Kamin vorbei. „Hier lang bis da draußen würden die Gäste zu dieser Zeit eigentlich stehen.“ Jetzt steht er allein, checkt stündlich auf seinem iPhone Wetter.de, keine guten Nachrichten, er grinst, „wir haben hier schon alle wunde Knie vom Beten.“ Noch, so sagt er, gehe ihm das alles nicht an die Substanz, „aber noch zwei oder drei solcher Winter...“ In diesem Jahr konnte er bisher vier Tage öffnen, im Vorjahr waren es 75, 80 wären ein guter Schnitt, aber wohl kaum noch zu erreichen. Als Ausgleich will er im Sommer die Hütte öffnen, für Wanderer, für Biker. „Ich muss mir was einfallen lassen.“

„Ein bisschen Schnee auf Lager“

Das müssen sie auch am Poppenberg nahe Winterberg. Hier läuft der letzte Sessellift, zu viert schweben die Wintersportler übers Grün, um dann den einen präparierten Hang herunter zu wedeln. „Noch haben wir ein bisschen Schnee auf Lager, aber ewig hält der nicht.“ Tom van Milligen (32) ist Chef der Skischule Poppenberg und nicht ohne Grund Niederländer, denn das sind auch 80 Prozent der Gäste und die meisten der 25 Skilehrer.

Die Alleinstellung sorgt im Moment aber für richtig großen Andrang. Die Parkplätze sind voll, die Skischule gut gebucht, auf dem Übungshang schwanken und stürzen Anfänger wie eh und je, auch hier fliegende Holländer in der Überzahl. Immerhin.: Das Tagesticket kostet nicht mehr 30, sondern nur noch 23 Euro.

Wer den kleinen Hang an der Ruhrquelle findet, der hat auch seinen Spaß.
Wer den kleinen Hang an der Ruhrquelle findet, der hat auch seinen Spaß. © WAZ FotoPool/ Ralf Rottmann

Das war es aber auch schon mit dem Wintersport im Sauerland. Viele Verleihgeschäfte sind geschlossen, Schneekanonen stehen an grünen Pisten und lassen die Köpfe hängen. Und am Rodelhang macht der kleine Fynn, was alle Dreijährigen gerne machen, er greift mit seinem Handschuh in den gut abgehangenen Resteschnee und will ihn sich in den Mund stecken. „Nein Fynn, lass das“ ruft Fynns Mutter energisch und fügt leise hinzu: „Drei Tage Durchfall, das fehlt jetzt noch. Hoffentlich schneit es bald.“ Tja, die Hoffnung schmilzt zuletzt.