Duisburg. . Duisburg hadert mit seinem dritten Bauskandal. Die Liste der Brandschutzmängel an der Mercatorhalle wird immer länger. Wann sie wieder geöffnet wird, ist völlig offen. Möglicherweise muss alles bis auf den Rohbau abgerissen werden.

Volker Mosblech kennt sich aus mit Schadensfällen. Seit 20 Jahren ist er selbstständiger Versicherungsmakler. Doch derzeit beschäftigt er sich politisch mit dem wohl größten Sanierungsfall, den die Stadt Duisburg in den vergangenen Jahren hatte: dem Baupfusch an der Mercatorhalle. Seit mehr als einem Jahr ist sie geschlossen. Wann sie wieder geöffnet wird, darauf will sich derzeit niemand festlegen. Auch nicht Mosblech, der Vorsitzende des begleitenden Kontrollausschusses. Das Gremium soll politische Ordnung ins Chaos bringen. Heute trifft sich die Runde zum fünften Mal. „Leider gab es bisher immer eine neue Hiobsbotschaft“, sagt der 58-jährige CDU-Ratsherr.

Das wird heute nicht anders sein. Der Schaden ist jetzt dokumentiert, die Liste ellenlang: 1250 Brandschutzmängel haben die Experten festgehalten. Bisher hat das Debakel die Stadt allein 1,6 Millionen Euro gekostet – ohne dass die eigentliche Sanierung begonnen hat. Die Kosten dafür sollen frühestens Ende des Monats vorliegen, längst ist von einem zweistelligen Millionenbetrag die Rede.

Im Notfall ein großer Ofen

Man mag sich nicht ausmalen, was bei einem Ernstfall hätte geschehen können. Die Tragweite der Mängel hatte ein Sachverständiger beleuchtet: Hätte es in einem Kabelschacht hinter der Holzvertäfelung gebrannt, wäre auch die Feuerwehr machtlos und hätte ein Inferno nicht verhindern können. „Wie ein großer Ofen“ wäre die Halle ausgebrannt, Besucher hätten in den verqualmten Gängen festgesessen, erklärte der Sachverständige bereits im Frühjahr.

Derzeit wird geprüft, ob und wie sich ein neues Brandschutzkonzept umsetzen lässt. Im schlimmsten Fall muss die große Halle mit ihren 1740 Plätzen komplett in ihren Rohbauzustand zurück gebaut werden. Weil Fluchtwege zu lang und Treppenhäuser falsch konstruiert sind, muss sich die Stadt jetzt auch noch mit dem Eigentümer des Gesamtkomplexes, der Hannover Leasing, einigen. Andere Bereiche in dem „City-Palais“, wie das Spielcasino mit seiner halben Million Besuchern im Jahr oder die Passage mit Geschäften, sind nicht betroffen. Den Komplex hatte die LEG hochgezogen, die Stadt den Ausbau der Mercatorhalle dann aber in Eigenregie vollendet.

Philharmoniker wurden ausquartiert

Die anvisierten Termine für eine Wiedereröffnung wurden mehrfach verschoben. Inzwischen wird deutlich, dass es vor 2015 nichts wird. Bis dahin muss Duisburg auf seine gute Stube verzichten. Die Philharmoniker sowie andere Ensembles und Künstler sind ausquartiert ins Marientor-Theater, das längst verkauft sein sollte.

Die Mercatorhalle ist nach dem Landesarchiv und dem Museumsanbau Küppersmühle innerhalb weniger Jahre der dritte Bauskandal in Duisburg. Wie es zu solchen Baumängeln kommen konnte, wer verantwortlich ist und wer für den Schaden aufkommt, werden am Ende wohl die Gerichte klären müssen. Dem zuständigen Projektleiter aus dem Planungsamt hatte die Stadt bereits 2011 fristlos gekündigt. Die Vorwürfe: Verdacht der Vorteilsnahme, Bestechlichkeit und Untreue. Inwieweit sich die dubiosen Vorgänge auf die Brandschutzmängel ausgewirkt haben, ist aber unklar. Bekannt ist, dass der Neubau unter enormem Zeitdruck entstand. Nach jahrelangen Planungen war an der Stelle 2004 das „Urbanum“ unter SPD-Regie im Rathaus auf der Zielgeraden gescheitert. Als Adolf Sauerland (CDU) kurz darauf Oberbürgermeister wurde, wurde das „City-Palais“ zügig realisiert: Im April 2007 wurde die neue Mercatorhalle eröffnet. Als ein Jahr später gegenüber das Forum eröffnete, galt Sauerland bereits als „Macher“. Die ersten Mängel an der Mercatorhalle tauchten bereits vor einigen Jahren auf, das Ausmaß des Baupfusches kam erst im August 2012 ans Licht. Seitdem sind der kleine und große Saal gesperrt.

„Ich glaube, der immaterielle Schaden ist noch größer als der materielle“, sagt Volker Mosblech. „Duisburg kommt einfach nicht aus den Negativ-Schlagzeilen heraus. Das ärgert mich. Schließlich kann man Duisburg nicht nur darauf reduzieren.“