Essen. Der Rockerkrieg an Rhein und Ruhr eskaliert. Doch in der Auseinandersetzung geht es nicht um Ideologien oder Werte. Es geht ums Geld und darum, dass eine Rockergruppe eine Stadt “beherrscht“, damit die andere dort nicht abkassieren kann. Welche Rockergruppen sich in welchen Städten in NRW niedergelassen haben, geht aus Informationen des Landeskriminalamtes hervor.

Der Krieg zwischen den Rockern eskaliert. In Oberhausen wird am Sonntag ein 23-Jähriger auf dem Parkplatz einer Fast-Food-Kette angeschossen, der den Hells Angels nahe steht. Während der Mann im Krankenhaus operiert wird, postieren sich vor der Tür des Hospitals 70 Hells Angels.

Im Krieg der Rocker geht es offenbar schon lange nicht mehr um Ideologien oder Werte. Es geht ums Geld, um Prostitution und Menschenhandel, Schutzgeld und Türsteher-Aufträge sowie Drogengeschäfte. Es geht darum, möglichst viel abzukassieren. Und dafür müssen die Rocker eine Stadt "beherrschen", den jeweiligen Konkurrenten der anderen Rockergruppierung herausdrängen.

Provokationen nehmen laut LKA-Chefermittler zu

Mit der Schießerei von Oberhausen hat der Rockerkrieg einen neuen Höhepunkt erreicht. Schon seit einiger Zeit registriert das Landeskriminalamt die Expansion der Rocker. "Wir nehmen die Entwicklung ernst. Die Provokationen nehmen zu", sagt Thomas Jungbluth, als Kriminaldirektor beim LKA für Organisierte Kriminalität zuständig. "Die Clubs haben sehr stark expandiert und viele neue Mitglieder rekrutiert. Das birgt Konfliktpotenzial."

Die Rocker breiten sich aus und gerade Duisburg ist hart umkämpft. Die Stadt ist eine der Hochburgen der Rockergangs in Deutschland. Hier verdienen sie viel Geld. Die Stadt hat ein großes Rotlichtviertel, das sich auch für die Abwicklung von Drogengeschäften eigne, erklärt Ramon van der Maat, Sprecher der Polizei Duisburg: „Das ist ein Grund, warum die sich hier alle tummeln.“

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Bandidos, Hells Angels und Co. - so sind sie in NRW verteilt

23 Gruppierungen, sowohl Chapters als auch Supporter Clubs, der Bandidos hat das LKA aktuell in Nordrhein-Westfalen registriert. Die Bandidos sind vor allem im Ruhrgebiet vertreten. Sie sind eine Macht im Revier. Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen… In fast allen größeren Städten haben sie ein so genanntes Chapter gegründet, eine Art vereinsmäßige Filiale oder lokale Untergruppierung. Bis nach Köln reicht ihr Einfluss. Die Hells Angels, laut LKA gibt es aktuell sechs Gruppierungen, sitzen im Südwesten Nordrhein-Westfalens. Außerhalb des Rheinlandes ist dem LKA eine Hells Angels-Gruppe in Bielefeld bekannt.

Hinzu kommen die Rocker der Gruppierung Gremium MC im Rheinland und am Niederrhein, in Ostwestfalen und im Siegerland. Auch Gremium-Vertreter sind in Duisburg aktiv. Aus den Niederlanden drängen die Satudarah an den Niederrhein bis nach Duisburg. "Das Verhältnis Bandidos zu Satudarah ist als neutral bis eher kooperativ zu bezeichnen", so LKA-Sprecherin Michaela Heyer.

Außerdem drängt eine weitere Bande, die sich an Rockern orientiert, in das bevölkerungsreichste Bundesland: Die Black Jackets, ursprünglich aus Baden-Württemberg und dort über mehrere Jahre verboten, sind eine Gang ohne Motorräder. Laut aktueller Einschätzung des LKA stehen die Black Jackets "mit der derzeitigen Konfliktlage nicht in Zusammenhang".

Auch Geschäfte mit Tattoostudios und als Immobilienverwalter

Aktuell hat das LKA 46 Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) in Nordrhein-Westfalen registriert. Dabei handelt es sich sowohl um Charters und Chapters als auch um Supporter Clubs. Denn nicht überall gibt es die offizielle Einrichtung der Charters oder Chapters, die jeder auf den Internetseiten der Gangs nachschlagen kann. Die Supporter Clubs werden dort nicht aufgeführt. Ein Beispiel: In Duisburg gibt es kein offizielles Charter der Hells Angels. Stattdessen sind Supporter Clubs in der Stadt aktiv. Zu einem gehörte etwa der in Oberhausen niedergeschossene Duisburger. "Aus den Unterschieden ergeben sich insofern keine Konsequenzen für die Polizei, als dass wir alle diese Gruppierungen im Blick haben", so Heyer.

Absprachen zwischen den Rockergruppierungen, in denen sie das Territorium an Rhein und Ruhr untereinander aufteilen, sind den Polizeibehörden zumindest nicht bekannt.

Kriminelle Rockerbanden haben verschiedene Einnahmequellen. Neben ihren Aktivitäten im Rotlicht- und Drogenmilieu sind die Mitglieder solcher Gruppen auch im Sicherheitsgewerbe tätig, so die Antwort des NRW-Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage im Landtag im vergangenen Jahr. Demnach sind Mitglieder der Hells Angels und der Bandidos Inhaber beziehungsweise Geschäftsführer von Sicherheitsunternehmen. Außerdem besitzen die Rocker laut NRW-Innenministerium unter anderem Tattoo-Betriebe, Gaststätten und Bars, Videotheken, Motorradgeschäfte, Speditions- und Reinigungsfirmen sowie Grundstücks- und Immobilienverwaltungen. (mit dpa)