Aachen. . Dürfen Polizisten sich die Arme vollflächig tätowieren lassen? Die Polizei Unna wies einen Bewerber aus diesem Grund ab. Der klagte dagegen - und bekam nun Recht.

Wie viel Tattoo darf ein Polizist im Einsatz zeigen? Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) in Unna meint: keine. Daher wies es einen Bewerber ab, der sich großflächige Tattoos an beiden Armen – von der Schulter bis zum Unterarm – hatte stechen lassen. Mit der Abfuhr wollte sich der Mann nicht abfinden. Gestern gaben die Richter am Verwaltungsgericht Aachen dem 31-Jährigen Recht. Die Ablehnung verstoße gegen die Grundrechte des Mannes. Er könne sich auf „sein Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Zugang zum öffentlichen Dienst berufen“.

Beamter oder Rocker

Das Landesamt hatte sich unter anderem darauf berufen, dass deutlich sichtbare Tätowierungen mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen seien. Bei der Gewerkschaft der Polizei ist man ähnlicher Meinung. Auffällige Tattoos seien problematisch, erläutert NRW-GdP-Sprecher Stephen Hegger. Natürlich habe keiner etwas gegen das verborgene Arschgeweih, aber Tattoos seien bis heute in breiten Schichten der Gesellschaft nicht anerkannt, trotz der Tattoos bei Ex-Präsidenten Gattin Bettina Wulff und bei vielen Sportlern, wie etwa dem schwedischen Starkicker Zlatan Ibrahimovic. Hegger argumentiert dagegen: „Ich muss den Kollegen äußerlich von Mitgliedern zum Beispiel der Rockerbanden unterscheiden können.“

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Nach einem Erlass des NRW-Innenministeriums stellen Tätowierungen, die beim Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln zu sehen seien, einen Eignungsmangel bei der Polizei dar. Der Mann könne, so argumentieren die Richter in Aachen hingegen, „auch im Sommer verpflichtet werden, ein Hemd mit langen Ärmeln zu tragen“.

Ärger ums Aussehen gibt’s bei der Polizei immer wieder. Obwohl bereits 1980 der sogenannte „Haar- und Barterlass“, der Länge und Form der Haartracht regelte, abgeschafft wurde, müssen Richter immer wieder in Stilfragen vermitteln. Im März 2006 bescheinigte das Bundesverfassungsgericht einem Polizisten, dass er im Dienst einen Pferdeschwanz tragen darf. Die Anweisung seines Dienstherren, der Polizisten vorschreiben wollte, „die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen“, verstoße gegen Artikel 2 des Grundgesetzes. Demnach hat jeder Mensch „das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“.

Fit oder fett?

Den 25-jährigen Schwelmer Sebastian Weber lehnte die Polizei 2009 als Bewerber ab, weil er einen Body-Mass-Index (BMI) von über 27,5 aufwies. Bei einer Größe von 184 Zentimetern und einem Gewicht von 98 Kilogramm kommt der Bodybuilder auf einen BMI von 28,7. Was Weber für fit hält, empfindet das LAFP für fett. Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg ließ Weber seine Muskeln spielen und gewann.

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Ob der tätowierte Polizei-Anwärter demnächst wirklich in seinem Traumberuf arbeiten darf, ist noch ungewiss: Das LAFP überlegt, Berufung gegen das Aachener Urteil einzulegen.