Köln. . Kölner Richter entscheiden: Wer beim Pokern Geld verdient, wird das wie normale Einküfte behandelt - und Steuern fällig. Ein Urteil, das die Profiszene erschüttert - die Zocker müssten zum Teil sechsstellige Summen blechen.
Verloren – Eduard „Eddy“ Scharf muss zahlen. „Das ist mein Ruin“, erklärt der ehemalige Lufthansa-Kapitän. Der 58-Jährige blickt starr, sagt noch was von Privatinsolvenz, von Hartz IV. So werde sein weiteres Leben aussehen. „Eddy“ Scharf ist fassungslos.
Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass der erfolgreiche Pokerspieler seine rund um den Globus erzielten Gewinne versteuern muss, weil es sich um gewerbliche Einkünfte handele. Das gestern gefällte Urteil (Az.: 12 K 1136/11) lässt die Profi-Szene erzittern. Scharfs Anwalt, der Bonner Robert Kazemi, weiß von etwa 100 Spielern bundesweit und davon 30 in NRW, denen es ähnlich geht wie seinem Mandanten: „Die haben zum Teil Steuernachforderungen mit fünf- und sechsstelligen Summen bekommen.“ Im Fall von Eddy Scharf geht es um Forderungen von insgesamt 300 000 Euro.
Bei Profis liegen die Karten anders
Die Finanzämter sind der Meinung, dass Pokergewinne lediglich bei Hobbyspielern Glückssache und damit steuerfrei sind. Bei Profis lägen die Karten anders: Da sei auch Können im Spiel, meinen die Behörden. Und erstmals hat ein Gericht nun dieser Auffassung Recht gegeben: Maßgeblich sei, ob der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit guten Erfolgsaussichten an renommierten Turnieren teilnehmen könne und wiederholt Gewinne erziele, meinte der 12. Senat. „Da muss aber immer den Spieler im Einzelfall betrachten“, betonte die Vorsitzende Richterin Maria-Elisabeth Wetzels-Böhm.
Mit Eddy Scharf trifft es nicht irgendwen. Das Finanzamt Köln-Mitte nennt ihn einen „Star der Pokerszene“. „Darüber kann ich nur lachen“, meinte Scharf in der Verhandlung bitter. Tatsache aber ist: Der heute 58-Jährige hat seit Mitte der 90er-Jahre an vielen großen Turnieren teilgenommen, war Kommentator für einen privaten Fernsehsender und hat im Internet als Poker-Experte gebloggt. Im Jahr 2008, das beispielhaft als Streitfall verhandelt wird, soll er beim Pokern 120 000 Euro gewonnen haben, meint das Finanzamt und stützt sich dabei auf eine im Internet kursierende Liste. 30% Betriebsausgaben gesteht es Scharf zu, den Rest soll er versteuern.
Gewinnen ist Glückssache
Eddy Scharf und sein Anwalt bestreiten die 120 000 Euro. Sie machen überhaupt eine andere Rechnung auf: Teure Flüge, 130-Dollar-Übernachtungen in Las Vegas, teure Startgelder und 81 Besuche im Automatencasino Duisburg hätten hingegen dazu geführt, dass der Spieler Scharf unterm Strich sogar zwischen 10 000 und 20 000 Euro Verlust gemacht habe.
Wichtiger aus Sicht von Scharf und seinem Anwalt ist Grundsätzliches: „Gewinne aus Pokern sind letztendlich immer Glückssache“, meint der Spieler. Es komme nicht von ungefähr, dass jedes Jahr ein völlig Unbekannter, die Weltmeisterschaft gewinne. Nachdem das Kölner Finanzgericht dieser Auffassung nicht folgte, hofft Scharf auf die nächste Runde: Gegenüber der NRZ kündigte er an, vorm Bundesfinanzgerichtshof in München in Revision zu gehen. Vielleicht hat er da ja ein besseres Blatt.