An Rhein und Ruhr. Der Ministerpräsident orientiert sich an Empfehlungen seines Expertenrats. Dieses Gremium ist zu wirtschaftslastig, warnen LobbyControl und DGB.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat erneut die ihr zu weitgehenden Lockerungen der Corona-Einschränkungen in manchen Bundesländern kritisiert. Zugleich nimmt die Kritik an dem Expertenrat zu, der einen großen Einfluss auf die Exit-Strategie des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) hat.

Merkel sagte gestern im Bundestag, die Umsetzung der Öffnungsbeschlüsse von Bund und Ländern wirke auf sie „in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch“. Zwar nannte die Kanzlerin keine Namen, ihre Kritik dürfte aber auch auf NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gemünzt sein, der bereits weitere Lockerungen anstrebt.

Kritiker: Corona-Expertenrat ist zu wirtschaftslastig

Laschet orientiert sich bei seiner Exit-Strategie eng an den Empfehlungen eines zwölfköpfigen Expertenrats, den er Anfang April installiert hatte. In dem Expertenrat sitzt unter anderem der Bonner Virologe Hendrik Streeck, dessen vom Land in Auftrag gegebene Heinsberg-Studie zwar wissenschaftlich umstritten, aber eine Argumentationshilfe für die Befürworter von Lockerungen ist.

Kritiker stoßen sich aber vor allem an der Wirtschaftslastigkeit des Gremiums. „Da sind die Interessen von Unternehmen und Arbeitgebern mehrfach vertreten, Arbeitnehmervertreter fehlen“, so Timo Lange der Kölner Transparenz-Initiative LobbyControl. So säßen in dem Rat gleich zwei Vertreter wirtschaftsnaher Institute und zweier großer Unternehmen.

Corona-Expertenrat fordert Steuersenkungen und Deregulierung

Entsprechend fielen die wirtschaftspolitischen Empfehlungen des Expertenrats aus. In seinen am 11. April veröffentlichten Empfehlungen fordert das Gremium, wirtschaftliche Aktivitäten zwar verantwortungsbewusst, aber „so schnell wie möglich“ wieder zuzulassen. Mittelfristig plädiert der Expertenrat für eine Absenkung von Unternehmenssteuern und eine Deregulierung der Wirtschaft.

Auch der nordrhein-westfälische Landesverband des DGB kritisiert die Zusammensetzung des Gremiums: „Der NRW-Expertenrat ist stark durch konservative und neoliberale Haltungen geprägt. Wir vermissen die Perspektive von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, sagte die Vorsitzende Anja Weber unserer Redaktion.

DGB beruft eigenen Corona-Expertenrat ein

Sie vermisse „bei den Ergebnissen eine Verbindung von Exit-Strategie mit den Herausforderungen des Strukturwandels und der sozial-ökologischen Erneuerung“, so Weber weiter. Der Gewerkschaftsbund hat jetzt einen eigenen vierköpfigen Expertenrat einberufen.

Dieses Gremium soll unter anderem ausarbeiten, wie die Konjunktur nach der Corona-Krise gestützt, zugleich aber die „weiter fortschreitende Transformation in NRW sozial, ökologisch und ökonomisch gut gestaltet“ werden kann. „Man muss schon jetzt Perspektiven für NRW schaffen“, so Weber.