An Rhein und Ruhr. 300.000 Pflegekräfte aus Osteuropa kümmern sich hierzulande um alte und kranke Menschen zuhause. Viele von ihnen können nun nicht einreisen.
Für viele Menschen sind sie die einzige Alternative zu einer Versorgung im Altenheim: Betreuungskräfte aus Polen und anderen Ländern Osteuropas, die Pflegebedürftige zuhause versorgen. Rund 300.000 Menschen aus Osteuropa betreuen nach Angaben des Deutschen Institus für angewandte Pflegeforschung (dip) hierzulande Hilfs- und Pflegebedürftige. Dass diese Pflegekräfte aus dem Ausland kommen, ist in Zeiten der Corona-Krise ein großes Problem, denn sie fehlen jetzt.
Sandra Lipkowski von der „Pflegeagentur 24“, die sich um häusliche Pflege und Betreuung rund um die Uhr in Wesel und am Niederrhein kümmert, schildert, dass sich die Situation nicht erst in dieser Woche zugespitzt hat. „Wir erleben seit zwei Wochen, dass viele polnische Pflegekräfte absagen.“ Einige seien noch bereit zu kommen, viele würden sich aber große Sorgen machen. „Entweder sind sie unsicher und haben Angst oder sie haben keine Transportmöglichkeit und kommen nicht über die Grenze.“
Probleme auch bei der Rückkehr nach Polen
Das sei besonders für Familien, die gerade auf der Suche nach einer neuen Pflegekraft seien, schwierig. „Wir haben bei unseren Bestandsfamilien bislang keine größeren Probleme bei der Versorgung, da viele Kräfte, die jetzt hier sind, bereit sind, ihren Aufenthalt freiwillig zu verlängern“, so Lipkowski. „Aber irgendwann ist auch ihre Kraft am Ende und sie brauchen Erholungsphasen in der Heimat.“ Normalerweise geschehe das alle zwei Monate. Bei der Rückkehr gebe es dann Probleme, denn in Polen folgt eine zweiwöchige Quarantäne. Diese fürchten nicht nur Pflegekräfte, sondern vor allem die Busfahrer. Viele verweigern die Fahrten nun.
Die Pflegebedürftigen würden die derzeitige Lage teilweise nicht mehr richtig mitbekommen, ihre Familien dafür umso mehr. „Natürlich rufen nun viele Angehörige an, die sich Gedanken machen, ob die Betreuung sichergestellt ist, weil sie selbst arbeiten müssen und das nicht leisten können“, erklärt Lipkowski. Sie hofft, dass die Politik Lösungen findet. „Sonst bekommen wir ein riesiges Problem in der ohnehin schon angespannten Pflegesituation.“
Viele Pflegekräfte haben Angst, einzureisen
Auch die Vermittlungsagentur „Pflegehelden“, die in ganz Deutschland aktiv ist, schreibt auf ihrer Homepage, dass Anreisen nach Deutschland theoretisch noch möglich seien, "aber entweder wollen die Pflegekräfte kein Risiko eingehen, oder es gibt keine Verbindungsmöglichkeiten".
Auch habe ein Großteil der Busunternehmen ihre Fahrten eingestellt. Die Agentur geht davon aus, dass in den kommenden zwei Wochen kaum oder keine neuen Pflegekräfte mehr ins Land kommen. Darauf weist auch der Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) hin. Dort geht man davon aus, dass die Versorgungslücke sich das ganze Jahr hinziehen werde.