An Rhein und Ruhr. Müssten Straßen für Dieselautos gesperrt werden, stünden viele NRW-Städte vor einem Dilemma. Stadt Köln: Fahrverbot ist „nicht kontrollierbar“.
Eine Szene, die bald Realität werden könnte: Langsam bewegt sich die Schlange nach vorne. Stunden schon warten die Menschen darauf, endlich in die Stadt gelassen zu werden. Jeder muss seine Papiere zeigen, notfalls werden Einzelanfragen an das Kraftfahrtbundesamt gestellt: Wer darf rein, wer muss drehen und umkehren... Keine schöne Vorstellung, so ein Stau am Kontrollposten. Aber wie sonst sollen die Städte Diesel-Fahrverbote durchsetzen, wie sollen sie kontrollieren?
Die Städte Bonn und Köln sind von der Situation überfordert. Während in Bonn gerade einmal zwei Straßen vom Verbot betroffen sein wird, wäre in Köln die komplette grüne Umweltzone für Dieselfahrzeuge mit Euro 4 Motoren oder schlechteren gesperrt. Essen und Gelsenkirchen könnte es als nächstes treffen. Ein erstes Urteil vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wird am kommenden Donnerstag erwartet.
Wie sollen Kontrollen aussehen?
Auf die Frage, wie die Stadt Bonn das Einhalten des Fahrverbots kontrollieren wird, antwortet deren Sprecher Marc Hoffmann erst einmal etwas ratlos: „Gar nicht!“ Die Abgasnorm, um die es beim Dieselfahrverbot nämlich geht, steht ausschließlich im Fahrzeugschein.
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Parkende Fahrzeuge sind damit vor Politessen erst einmal sicher – zumindest was den Diesel betrifft. Der fließende Verkehr soll weiterhin von der Polizei überwacht werden; eine Aufstockung des Personals extra zur Dieselkontrolle ist aber nicht geplant.
Die Stadt Bonn bemängelt ebenfalls, dass Städte und Kommunen keinen schnellen Zugriff auf das Fahrzeugzentralregister beim Kraftfahrzeug-Bundesamt bekämen, das habe nur die Polizei. Dadurch sei auch eine elektronische Überwachung durch Datenabgleich praktisch unmöglich, weil umständliche Einzelabfragen zu viel Zeit kosten würden.
ADAC fordert Hardwarenachrüstungen
Auch Klaus Harzendorf von der Stadt Köln erklärte vor dem Verwaltungsgericht, dass ein Fahrverbot „nicht kontrollierbar“ sei. Jedes einzelne Dieselfahrzeug müsse angehalten werden – ein Fahrverbot ist demnach praktisch gar nicht umsetzbar.
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Der ADAC Nordrhein sieht ohnehin ganz andere Möglichkeiten, um eine sinnvolle Luftreinhaltung umzusetzen: „Hardwarenachrüstungen müssen Teil der Lösung sein, die Systeme dazu jetzt schnell zugelassen werden. Außerdem sind Anreize notwendig, um den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr und das Fahrrad für die Autofahrer attraktiver zu gestalten.
Gerade für Wege von wenigen Kilometern ist das Rad absolut sinnvoll, aber in der Großstadt vielen zu unsicher. Und der ÖPNV ist zu Stoßzeiten häufig überlastet und unzuverlässig“, sagt Sprecher Thomas Müther. Die mögliche blaue Plakette lehnt der ADAC ab. „Fahrverbote können nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen wirksamen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität umgesetzt sind“, so Müther.
Nur Stichproben möglich
Während Hamburg das Fahrverbot mit Stichpunktkontrollen an einzelnen Tagen durchführt, hat sich Stuttgart, deren gesamte Stadtfläche vom Fahrverbot betroffen ist, schon längst darauf eingestellt: „Parkende Fahrzeuge, die eine Dieselkennung tragen (bei VW steht zum Beispiel TDI und bei Mercedes CDI drauf), werden natürlich genauer geprüft. Die Verkehrsüberwachung stellt dann Einzelanfragen zu den Fahrzeugen“, erklärt ein Sprecher auf Nachfrage der NRZ.
Fahrzeuge, die dann in der jeweiligen Stadt gemeldet seien, wären schnell beim eigenen städtischen Verkehrsamt zu überprüfen. Für Pendlerstädte wie Köln oder Essen klingt das eher unpraktisch. Sie müssten jedes Fahrzeug, dass außerhalb der Stadt gemeldet wäre, beim Kraftfahrtbundesamt anfragen.
Sollte es aber doch zu Kontrollen kommen, kann der Fahrer mit Bußgeldern rechnen: In Stuttgart zahlen Dieselsünder 80 Euro, plus gebühren und Auslagen seien es 108,50 Euro. In Hamburg zahlen erwischte Autofahrer gerade einmal 25 Euro, LKW-Fahrer 75 Euro. Punkte gibt es für einen Verstoß übrigens nicht.
Die Stadt Essen versucht derzeit alles, um ein Dieselfahrverbot zu verhindern. Sollte es zum Verkehrs-GAU kommen, sei es an der Bezirksregierung Düsseldorf ein mögliches Berufungsverfahren anzustrengen. Die Bezirksregierung wollte sich nicht äußern, sieht aber die Städte bei der praktischen Umsetzung in der Pflicht.