Der Klimawandel erzeugt eine breite Veränderungsbereitschaft innerhalb der Bevölkerung. Zeitungen sollten eine Plattform für den Dialog sein.

Es kommt auch auf die Umstände an. Als der interdisziplinäre Experten-Verbund Club of Rome vor über 50 Jahren erste Kongresse über Nachhaltigkeit abhielt, war die Aufmerksamkeit noch überschaubar. Das änderte sich 1972 mit der Studie „Die Grenzen des Wachstums“, die vor dem Systemkollaps warnte; vor allem aber änderte sich die öffentliche Wahrnehmung durch das Ende der Vollbeschäftigung, durch die Ölkrise 1973 und durch Fahrverbote.

Auch interessant

Leere Autobahnen gerieten zur wahr gewordenen Prophezeiung und dass der Club of Rome strukturelle Ressourcenverschwendung im Blick hatte und nicht die politische Beliebigkeit eines Ölembargos, spielte dabei keine Rolle.

Vielleicht fände der aktuelle Appell des Weltklimarates zur Kohlendioxid-Reduzierung weniger Gehör, wenn Leser nicht Bilder von ausgetrockneten Gärten schicken oder Schiffe weiterhin problemlos den Rhein passieren könnten. So treibt aber sehr viele die Sorge vor der Zukunft um. Wie wird die Zeitung dem gerecht?

Die Zuschriften an mich haben da eine große Bandbreite. Manche kritisieren Berichte über Skihallen, weil sie darin Energievergeudung sehen. Manche fragen sich, ob es nicht wieder Zeit für Fahrverbote ist; diesmal, weil nur stehende Autos kein Kohlendioxid produzieren. Andere berichten davon, dass sie Fleischverzicht praktizieren, aus ökologischen Gründen. Und selbst Befürworter des Braunkohle-Abbaus haben die Konsequenz des Handelns vor Augen. „Wenn man den Energieträger Braunkohle nicht will, muss man auch sagen, worauf man verzichten kann“, schrieb einer.

Mit anderen Worten: Im Befund sind sich alle einig, ob sie nun SUV fahren oder Fahrrad, ob sie farbenpolitisch links oder rechts stehen, ob sie jung oder alt sind. Von alleine wird es nicht mehr gut. Von alleine wird sich die Erde weiter verändern. Um das zu ändern, muss man etwas ändern. Um das zu ändern, sind viele sogar bereit, sich zu ändern.

Dass die Volksparteien dabei sind, ihre Vorsilbe einzubüßen, liegt wesentlich daran, dass sie diese Veränderungsbereitschaft der Bevölkerung in Breite und Tiefe unterschätzen, ja ignorieren.

Umso wichtiger ist es, dass Zeitung nicht nur den Informations- oder Diskussionsstand nachzeichnet, sondern auch der Veränderungsbereitschaft nachspürt und sich als Plattform für Dialog anbietet. Dialog ist mehr als Austausch. Dialog ist gemeinsames Denken. Und die gemeinsame Grundlage dafür, der Kompass, ist das Bekenntnis zur Demokratie.

Die aktuelle Serie der NRZ ist daher ein gutes und richtiges Signal. Sie unterstreicht, dass es hier nicht um ein Thema geht, das in der Abgeschiedenheit irgendeines Ressorts zu behandeln ist. Die Veränderung der Lebensumstände ist vielmehr so besonders, dass sie auf alle Themen einwirkt. Das nicht nur für eine Woche, sondern dauerhaft herauszustellen, muss das Ziel sein.