An Rhein und Ruhr. Unter ihrer übertriebenen Fürsorge leiden nicht nur die eigenen Kinder: Fünf Situationen, in denen Helikoptereltern es übertrieben haben.

Nicht nur Lehrer müssen sich mit den manchmal eigenwilligen Ansichten von Helikoptereltern auseinandersetzen. Auch Schüler, Schulsekretärinnen und Eltern mit anderen Einstellungen haben es bei solchen Begegnungen oft schwer. Fünf kuriose Erlebnisse:

1. Der Kurier

Den Turnbeutel, die Brotdose, das Englischbuch - die Liste der Dinge, die Kinder ab und zu vergessen ist lang. Aber viele Schüler heutzutage müssen nicht in Straßenkleidung Sport machen oder beim Sitznachbarn ins Buch schauen, wenn sie etwas vergessen haben. Sie haben schließlich Eltern, die ihnen gerne alles hinterhertragen.

Eine Achtklässlerin erzählt: "In meiner Klasse gibt es einen Jungen, der immer alles hinterhergetragen bekommt. Mindestens einmal in der Woche geht die Klassentür auf und sein Vater bringt ihm seine Brotdose, ein Buch oder den Turnbeutel vorbei. Einmal waren wir schon in der Sporthalle, als der Vater mit dem vergessenen Turnbeutel hereinkam. Als meine Sportlehrerin ihm sagte, dass der Unterricht schon begonnen habe und sein Sohn jetzt eben ohne Sportsachen turnen müsse, da wurde der Vater richtig wütend und wollte sich beim Direktor beschweren. Ich glaube, seinem Sohn war diese Aktion dann doch ein wenig peinlich."

2. Die Leibwächterin

"Mein Sohn war richtig stolz, als er in seinem ersten Schuljahr kurz vor den Herbstferien das erste Mal alleine zur Schule gehen durfte", berichtet die Mutter eines Grundschulkindes. "Wir hatten den Schulweg wochenlang geübt, jeden Morgen hatten wir uns ein kleines Stück weiter von der Schule entfernt verabschiedet." An dem Tag, als der Junge schließlich das erste Mal ganz alleine gehen durfte, klingelte allerdings nach kaum zehn Minuten das Handy der Mutter. Am anderen Ende der Leitung war die Mutter eines anderen Kindes. "Sie machte mir Vorwürfe, dass mein Sohn ganz alleine unterwegs sei und fragte, wie ich das denn zulassen könne. Dann kündigte sie an, meinen Jungen keinen Schritt alleine weitergehen zu lassen. Natürlich bin ich sofort hingegangen. Mein Sohn weinte und war verständlicherweise völlig verstört. Aber nicht davon, dass er alleine unterwegs war, sondern von der Übergriffigkeit dieser anderen Mutter und von der Tatsache, dass er nach all dem Theater nun zu spät in die Schule kommen würde."

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3. Der Fürsprecher

Wenn Kinder nicht zur Schule kommen können, dann müssen sie oder ihre Eltern im Sekretariat Bescheid geben. In den meisten dieser Fälle geht es dann um eine Krankmeldung. Aber wenn der Nachwuchs gerade keine Lust auf Unterricht hat, dann lassen sich manche Eltern offensichtlich auch andere Ausreden einfallen.

Eine Schulsekretärin erzählt: "Bei mir hat mal ein Vater angerufen, um seinen Sohn zu entschuldigen. Der Grund: Das Kind könne seine Jacke nicht finden. Er sagte, die müsse der Junge am Tag zuvor in der Schule vergessen haben und es sei eine Unverschämtheit, dass die Lehrer nicht darauf geachtet hätten, wo er sie hingelegt habe. Als der Vater dann noch verlangte, die Klassenlehrerin möge die Jacke bitte nach Schulschluss bei dem Schüler zuhause vorbei bringen, da konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen."

4. Die Handtuchträgerinnen

Wenn es regnet, wird man nass. Ansonsten passiert meist nicht viel. Einige Eltern empfinden Regen aber offensichtlich als große Bedrohung für ihre Kinder.

Ein Vater berichtet: "Schon beim Elternabend waren mir diese zwei Mütter aufgefallen. Als es um das geplante Sportfest ging, da sagte eine von ihnen, wenn es regne, dann falle die Veranstaltung ja sicher aus. Die Klassenlehrerin antwortete, solange es nicht um Sturm und Starkregen gehe, finde das Sportfest selbstverständlich statt und ließ keinen Widerspruch mehr zu. Die Empörung bei den beiden Müttern war groß. Am Tag des Sportfestes regnete es dann tatsächlich ein wenig. Meine Tochter lief gerade in Regenjacke und kurzer Hose die 50 Meter. Ich war als Helfer am Getränkestand beschäftigt, deshalb konnte ich die folgende Szene gut beobachten: Die beiden Mütter standen mit großen Handtüchern unter dem Vordach der Tribüne und empfingen ihre Kinder nach dem 50-Meter-Lauf mit sorgenvollen Gesichtern. Sie wickelten die "Kleinen" in die Handtücher ein, zogen ihnen die Schuhe aus und trockneten sie ab. Unsere Kinder gingen damals in die vierte Klasse. Inzwischen ist das ganze mehrere Jahre her, aber meine Tochter lacht noch heute über ihre beiden Klassenkameraden."

5. Die Belehrbare

Auch Helikoptereltern meinen es gut mit ihren Kindern! Und manche von ihnen geben sich große Mühe, ihr Verhalten zu ändern, wenn sie merken, dass ihre Kinder darunter leiden.

Eine Grundschullehrerin erzählt: "In meiner letzten Klasse hatte ich einen Schüler, der fast bis zum Ende des ersten Schuljahres morgens von seiner Mutter in den Klassenraum gebracht wurde. Nach zwei Wochen habe ich die Mutter vorsichtig darauf aufmerksam gemacht, dass das eigentlich nicht erwünscht ist. Ihre Antwort: "Nein, mein Sohn hat solche Angst, er ist so schüchtern, alleine schafft er das noch nicht." Also habe ich es einige Zeit später bei dem Jungen versucht: "Meinst du nicht, morgen kannst du der Mama vielleicht mal im Flur tschüss sagen?" Der Junge sah mich völlig verzweifelt an und erwiderte: "Ich sage der Mama schon seit zwei Wochen, dass ich alleine rein gehen kann, aber sie lässt mich einfach nicht." Von da an haben wir geübt. Erst haben die beiden sich im Flur vor der Klasse verabschiedet, dann eine Etage weiter unten und schließlich am Eingang. An einem Morgen kurz nach den Osterferien kam der Junge dann freudestrahlend in meine Klasse und sagte: "Heute hat die Mama es endlich geschafft, wir haben am Schultor tschüss gesagt!" Im zweiten Schuljahr ist der Junge dann übrigens den ganzen Weg zur Schule zu Fuß gegangen - alleine."