Eine Leserin aus Essen beklagt die politische Floskelroutine. Der zu widerstehen, ist eine tägliche Anstrengung für die Zeitungen.

Mit Modewörtern ist es wie mit Textilien: Niemand weiß mehr so genau zu sagen, warum nun gerade Petrolgrün oder Marineblau oder dezentes Beige das Gebrauchsmuster der Saison ist. Aber es ist so; die Wirklichkeit im Verkaufsraum zeigt das dem Zweifelnden meist sehr genau auf. Und ebenso verhält es sich bei Begrifflichkeiten im politischen Raum. Niemand kann mehr den Urheber für verbale Moden benennen. Aber es gibt sie, zuhauf.

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Einer Leserin aus Essen ist ein solches Wort einmal mehr sauer aufgestoßen: „begrüßen“. Politik begrüßt gerne und viel: den neuen Vorstoß oder die Äußerung von diesem oder jenem. Geärgert hat sie die Vokabel aktuell in der Pressemitteilung eines FDP-Abgeordneten, der es „begrüßte“, dass die FDP-Ministerin für Schule den Unterrichtsausfall erfassen will. „Welchen Informationswert hat eine solche Meldung?“, fragt die Leserin.

Sie fragt es zu Recht. „Begrüßen“ ist eines dieser Worte, an denen Politiker große Freude haben. Je weiter und unschärfer ein Wort verstanden werden kann, desto tauglicher ist es im politischen Sprachgebrauch. Politik muss sich so nicht festlegen und fängt ein größeres Spektrum an Zustimmung ein.

Was bedeutet eigentlich "Ombudsmann"?

Unparteiische Schiedsperson

Ein  Ombudsmann (bei weiblicher Besetzung Ombudsfrau) erfüllt die Aufgabe einer unparteiischen Schiedsperson. 

Ungerechtigkeit verhindern

Ein Ombud (altnordisch: umboð „Vollmacht“) ist die Aufgabe einer Person, in einer Organisation oder in der Öffentlichkeit bei bestimmten Themen eine ungerechte Behandlung von Personengruppen zu verhindern. 

Im Interesse der Leser

So gesehen bedeutet ein solches Amt eine unparteiische Vorgehensweise bei Streitfragen – unter Berücksichtigung der Interessen von Personen, deren Belange als Gruppe infolge eines fehlenden Sprachrohrs ansonsten wenig beachtet würden (zum Beispiel von Krankenhauspatienten, Gewaltopfern).

Lösungen erarbeiten

In seiner Funktion ermöglicht der Ombudsmann, Streitfälle ohne großen bürokratischen Aufwand zu schlichten: durch unabhängige Betrachtung des Streitfalles, Abwägung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumente, Erreichen einer zufriedenstellenden Lösung oder Aussprechen einer empfohlenen Lösung.

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Zu diesem Zweck leistet „begrüßen“ vortreffliche Dienste. Es meint ja nur: willkommen. Und das ist weit weniger verbindlich als befürworten, unterstützen, einwilligen, akzeptieren oder dahinterstehen. Nimmt man die kritisierte Pressemitteilung als Lückentext und tauscht begrüßen gegen einwilligen, ergibt sich rasch der dürftige Erkenntnisgewinn: FDP-Politiker willigt in FDP-Politik ein.

Eine tägliche Anstrengung

Vergleichbare Vokabeln gibt es viele; manche liegen schon so lange auf dem Wühltisch der Floskeln, dass man sich an sie gewöhnt hat. „Gut aufgestellt“ ist solch ein Tausendsassa. „Inhaltlich ist unsere Partei gut aufgestellt“ meint genau: nichts Genaues. Deswegen wird es benutzt. Aus derselben Motivation heraus wird allenthalben „positioniert“; was noch angehen mag, wenn man einen Tisch platziert.

Zur Nebelkerze gerät „positionieren“ aber, wenn das Rentenniveau des Jahres 2035 das Thema ist. Ein Dauerbrenner des Aufplusterns ist das „Gestalten“, die schwülstige Kostümierung des eigentlich gemeinten „Tuns“. Neu in den Charts ist es, Sorgen „ernst zu nehmen“. Eine Allparteien-Allianz nimmt das Wahlvolk derzeit in seinen vermuteten Gefühlen – nicht in seinen Anliegen! – ernst.

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Die Politik leiht sich den Begriff sehr bewusst aus der Therapeutensprache. Denn wie in der Therapie gilt: ernst nehmen heißt nicht zu eigen machen, geschweige denn: etwas zu tun.

Der Floskelroutine zu widerstehen, ist eine tägliche Anstrengung, bei der eine Zeitung die Hilfe der Leserschaft gut gebrauchen und sich mit ihr in gemeinsamer Aufmerksamkeit üben kann. Wenn Sie also glauben, es bestünde Anlass zu Phrasenalarm: Bitte melden!