Essen. Deutschland kämpft am Mittwoch ums Achtelfinale – und viele Berufstätige müssen arbeiten. Wie gehen Unternehmen mit dem WM-Fieber um?

Das letzte WM-Gruppenspiel der deutschen Mannschaft beginnt um 16 Uhr - und trifft damit frontal in die Arbeitszeit vieler Berufstätiger in der Region. Wie gehen Unternehmen mit dem WM-Fieber ihrer Mitarbeiter um?

Einzelhandel

Für das Spiel von Deutschland gegen Mexiko am vergangenen Samstagabend hatte Rewe Sliwik in Essen seinen Mitarbeitern offiziell freigegeben - und den Laden zwei Stunden früher geschlossen als gewöhnlich. Eine Wiederholung beim Spiel am Mittwoch ist aber nicht geplant. "Das macht der Kunde nicht mit", meint Filialleiter Thomas Lescinski. Er habe keine Chance, seinen Laden bereits vor 16 Uhr zu schließen. Die Mitarbeiter dürften aber das Spiel neben der Arbeit verfolgen, etwa auf Tablets oder im Radio. "Wenn wir im Turnier weiterkommen und wieder Spiele um 20 Uhr angesetzt sind, ist aber eine ähnliche Aktion wie beim Spiel gegen Mexiko möglich".

Auch interessant

Auch Edeka und Aldi erklären auf Anfrage, dass ihre Filialen wie gewohnt geöffnet bleiben. Was jedoch nicht heißt, dass der Spielverlauf nicht beobachtet werden kann: "Unsere Mitarbeiter stimmen sich diesbezüglich in der Regel untereinander ab", so ein Sprecher von Aldi-Nord.

Ein Rewe-Markt in Castrop-Rauxel hat eine kreative Lösung gefunden: „Wir haben im Markt einen großen Fernseher auf Bierkisten aufgestellt, auf dem alle Spiele der WM übertragen werden“, sagt Marktleiter Christian Pöttinger. Auch ein Sofa aus Bierkisten gehört dazu. „Je nach Kundenaufkommen können unsere Mitarbeiter das Spiel also während der Arbeit verfolgen“, so Pöttinger.

TV-Geräte gibt es im Elektromarkt reichlich - und die werden auch genutzt. „Natürlich können unsere Kollegen das Spiel verfolgen“, sagt Michael Prinz von Fernseh-Berlet, „wenn es das Kundenaufkommen zulässt.“ In der Filiale in Hagen sind auch in „fachfremden Abteilungen oder im Lager“ Fernseher aufgestellt worden - „damit es sich in der TV-Abteilung nicht so drubbelt und andere Bereiche verweist sind“. Vereinzelt kommen sogar Kunden zum Fußball-Schauen: „Sie genießen die Vorteile eines bis zu 82 Zoll großen Fernsehers und eine Top-Bildqualität dank der neuen UHD-Technik - vier Mal schärfer als Full-HD.“

Polizei

Auch interessant

Mit Blick auf das "Kundenaufkommen" ist während des WM-Spiels bei der Polizei viel Betrieb. "Nachmittags hat kein Polizist auf Streife die Zeit, sich das Spiel anzugucken", erklärt Sebastian Hirschberg, Sprecher der Polizei Hagen. Generell gebe es kein Public Viewing im Wachdienst. "Fußballbegeisterte Kollegen müssen sich im Vorfeld einen Tausch-Partner für den Dienst suchen." Und bei der Kriminalpolizei gebe es Gleitzeit. Hier könnten Kollegen den Dienst früher beginnen, um dann pünktlich zum Anpfiff zuhause zu sein.

Verkehr

Die Fahrer der Bogestra in Bochum und Gelsenkirchen können zum Deutschland-Spiel einen ganz eigenen Infoservice bestellen. Per Funk informiert die Leitstelle über den aktuellen Zwischenstand. Ein Service, der per Lautsprecher auch an die Fahrgäste weitergegeben werden kann. Außerdem achte man darauf, dass Schichtpläne so organisiert sind, dass kein Mitarbeiter alle Deutschland-Spiele verpasst, teilt die Bogestra mit. Weniger fußballinteressierte Busfahrer übernähmen gerne auch mal die Schicht von Fans.

Auch interessant

Einen Info-Dienst hält die Dortmunder DSW21 auch für ihre Mitarbeiter für möglich. "Das hat die Leitstelle bei solchen Gelegenheiten in der Vergangenheit auch schon gemacht", so Sprecherin Britta Heydenbluth. "Wir sind da BVB-erprobt", schiebt sie hinterher. Ansonsten laufe der Verkehrsbetrieb in Dortmund während des WM-Spiels normal, ein offizielles Public Viewing gebe es bei DSW21 nicht. Mit einer Ausnahme: So findet zeitgleich eine Dankeschön-Veranstaltung für Mitarbeiter statt, die sich mit besonderen Ideen im Unternehmen eingebracht haben. Dort stehe das gemeinsame Fußball gucken auf dem Programm. "Es ist aber Zufall, dass diese Veranstaltung gerade zu der Zeit stattfindet."

Der Blick auf den TV-Bildschirm bleibt auch Lokführern gänzlich verwehrt. „Er muss sich auf die Fahrt konzentrieren“, sagt Dirk Pohlmann, Bahnsprecher in NRW. Einzige Hoffnung: ein gut informierter Zugbegleiter, der den aktuellen Spielstand weitergibt.

Industrie

Die kochenden Hochöfen von ThyssenKrupp kühlen während des WM-Spiels der deutschen Mannschaft nicht ab. "Wir halten alle den Atem an, aber nicht die Produktion", so ein Sprecher. Im Betriebsrestaurant werde jedoch ein Public Viewing angeboten, was - nach Abstimmung mit den Vorgesetzten - von Mitarbeitern besucht werden kann.

Auch interessant

Auch bei Evonik rechtfertigt das WM-Spiel keinen Leerlauf. "Wir haben viele Chemieanlagen, die zum Beispiel aus technischen Gründen rund um die Uhr in Betrieb sind", erklärt das Unternehmen auf Anfrage. Allerdings könnten fußballbegeisterte Mitarbeitern einzelne Schichten tauschen, in Abstimmung mit Vorgesetzten und Kollegen und sofern dies mit betrieblichen Belangen vereinbar ist. Zudem gebe es Pausenzeiten und flexible Arbeitszeiten.

Auch bei RWE steht die Versorgungssicherheit an erster Stelle, weshalb die Arbeit in vielen Bereichen nicht unterbrochen werden könne, so Pressesprecher Lothar Lambertz. "Gerade bei Mitarbeitern im Büro oder im technischen Bereich läuft nebenbei aber sicher häufig das Radio".