An Rhein und Ruhr. . Tierschutzbund registriert zunehmend Funde von verwahrlosten Hunden. Zwei in Kamp-Lintfort entdeckte Tiere werden jetzt im Heim aufgepäppelt.
Das Wichtigste vorweg: Die Hunde werden überleben. Da ist man sich beim Tierheim Kamp-Lintfort ziemlich sicher. In stundenlanger Arbeit haben Mitarbeiter die zwei völlig verwahrlosten Hunde gebadet, geschoren und medizinisch versorgt, die am Sonntag nahe der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof gefunden worden waren (die NRZ berichtete). Die Tiere waren in einer Transportbox eingepfercht gewesen, die Unbekannte einfach in der Landschaft entsorgt hatten. Wie lange die Hunde in der Box verbringen mussten, ist unklar.
Einen Berg aus Haaren, Kot, Dreck – alles in allem gut neun Kilo schwer – haben die Mitarbeiter von den beiden Tieren, einem Weibchen und einem Rüden, entfernt. Jetzt endlich kann man die Rasse wieder erkennen: Bei den zwei erwachsenen Hunden handelt es sich wohl um Cavalier King Charles Spaniel. Beide haben für ihre Größe je etwa zwei Kilo Untergewicht. Die Pfoten sind wund, die Ohren entzündet (beim Rüden auch ein Auge). Bis die Tiere aufgepäppelt sind und an Vermittlung überhaupt zu denken ist, wird es wohl noch zwei Wochen dauern.
Nicht mit Tieren ein Schnäppchen machen wollen
Immer wieder müssen sich Behörden und Tierheime gequälter Kreaturen annehmen, weil Händler völlig skrupellos oder Züchter und Halter überfordert sind. In diesem Jahr sorgten bereits mehrere Fälle mit Hunden in der Rhein-Ruhr-Region für Empörung.
MÜLHEIM: Im Januar hatte die Polizei einen rumänischen Lieferwagen mit 38 kranken und verwahrlosten Hunden gestoppt. „Die Hunde hatten teilweise alles, was man an Parasiten haben kann“, erinnert sich Marion Niederdorf vom Tierheim Mülheim. Es habe sich um Straßenhunde gehandelt, die auf dem Weg zu Paten einer Tierschutzorganisation in Deutschland und den Niederlanden waren. Alle Hunde seien nach einigen Wochen der Pflege von den vorgesehenen Paten übernommen worden – nur eine trächtige Hündin musste nach der Geburt ihrer Welpen anderwertig vermittelt werden.
DUISBURG: Dort waren im Stadtteil Hamborn 34 Vierbeiner im Haus eines Ehepaars entdeckt worden – krank, ungepflegt, verängstigt. Zwischenzeitlich war die Zahl der Tiere durch weitere Welpen auf 54 angewachsen. „Da standen wohl finanzielle Interessen des Ehepaars im Vordergrund – Tierliebe kann es ja nicht gewesen sein“, meint Bärbel Graf-Thomassen, Chefin des Duisburger Tierheims. Mittlerweile hätten fast alle Tiere neue Besitzer gefunden. „Drei sind noch übrig, weil sie ein bisschen verhaltensauffällig sind – auch sie hätten gerne ein neues Zuhause.“
SCHERMBECK: Im März fanden Mitarbeiter des Veterinäramts 270 Hunde im Haus einer Züchterin – ebenfalls in erbärmlichem Zustand. „Viele Tiere hatten ein verfilztes Fell und faule Zähne, die vom Tierarzt gezogen werden mussten“, sagt Sandra Stoller vom Tierheim Wesel, das 65 Hunde aufgenommen hatte. Die Pflege der Malteser-Hunde sei sehr zeitaufwendig gewesen. „Mittlerweile haben wir 62 Tiere vermittelt.“
Der in Bonn ansässige Deutsche Tierschutzbund beobachtet, dass die Zahl solcher Fälle insgesamt zugenommen hat. „Allerdings muss man da unterscheiden“, so Sprecher Marius Tünte gegenüber der NRZ. Einerseits habe man es vermehrt mit skrupellosen Händlern und Züchtern zu tun – „da geht es nur ums Geld, nicht um die Liebe zum Tier“.
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Andererseits registriere man zunehmend auch Fälle von sogenanntem „Animal Hording“, also von „Tiersammeln“. „Das sind oft Fälle, die vielleicht als ‘normale’ Zucht oder Haltung begonnen haben, und dann Leuten über den Kopf gewachsen sind“, erklärt Tünte. Die betreffenden Halter und Züchter seien oft nicht in der Lage, Defizite in der Haltung zu erkennen und glauben, dass nur sie für „ihre Tiere“ da sein könnten: „Das hat Züge einer Krankheit.“
Im Kampf gegen skrupellose Hundezüchter aus dem In- und Ausland sieht Tierschützer Tünte die potenziellen Käufer gefordert. Sie sollten deren Geschäft nicht unterstützen. „Man muss beim Kauf eines Tieres nicht unbedingt ein Schnäppchen machen wollen“, meint der Sprecher. Nach Einschätzung des Tierschutzbundes kostet ein junger Rassehund (z. B. Labrador, Mops) von einem seriösen Züchter zwischen 600 und 1500 Euro. „Wir haben im Internet Anzeigen gesehen für die Hälfte“, so der Sprecher .