Ruhrgebiet. Kommunen können mit Straßenbaumaßnahmen nicht immer bis zu den verkehrsarmen Ferien warten. Viele würden gerne, müssen aber fast durchgehend bauen.
Sommer, Sonne - Baustelle. Die Taktik ist spätestens seit der großen A40-Sperrung bekannt: In den Ferien machen besonders viele Menschen Urlaub, sie pendeln folglich nicht quer durchs Revier zur Arbeit und bekommen im besten Fall gar nicht mit, dass auf ihrer werktäglichen Route eine Baustelle eingerichtet ist. Das sorgt für weniger Verkehrsbehinderungen, kürzere Staus und weniger Belastungen für Umleitungsstrecken. Auf den Autobahnen funktioniert das, für viele Kommunen sind solche Planungen allerdings Luxus.
"Bei uns wird durchgebaut, wir haben einen riesigen Sanierungsbedarf an Straßenerneuerung", sagt Volker Wiebels, Stadtsprecher in Mülheim. "Es gibt keine Straße, wo wir sagen: Die machen wir jetzt dicht, denn wir haben gerade halb so viel Verkehr." Rund drei Millionen Euro, erklärt Wiebels, kann die Kommune pro Jahr für Straßenerneuerung aufwenden, "wir bräuchten aber 30 Millionen". Laut Baustellenkalender gibt es in der Stadt derzeit 18 "Baumaßnahmen mit Auswirkungen auf stark frequentierten Verkehrsflächen", dazu zehn weitere "Baumaßnahmen mit erheblichen Einschränkungen auf sonstige Verkehrsflächen".
Der Druck auf die Kommunen ist groß
Bei diesen Zahlen kann Duisburg locker mithalten: 25 Straßenbaumaßnahmen mit einem Volumen von 15 Millionen Euro sind derzeit in der Ausführung, sagt Georg Puhe vom Amt für Stadtentwicklung. Die prominenteste liegt direkt vor dem Hauptbahnhof. Mit den vielen kleineren kam die Kommune laut Statistik zwischen Juni 2015 und Juni 2016 auf 7800 "Eingriffe in Duisburgs Straßengefüge". Derzeit, erklärt Puhe, seien "mehr Baustellen im Stadtgebiet als im Vorjahr" eingerichtet. Und das, obwohl man gar nicht auf die Ferien schaut und dann mehr Baustellen einrichtet. "Der Baustellendruck ist momentan aufgrund der vielen Maßnahmen und Sonderprogramme so groß, dass man keine Sondergeschichten hinbekommt." Auch wenn das Verkehrsaufkommen im Sommer geringer ist, könne man sich nicht danach richten.
Die Stadt Dortmund erlaubt sich und damit vor allem ihren Bürgern diesen Luxus auch nur an einer Stelle. "Wir haben eine Maßnahme bewusst in die Ferien gelegt: Die Brackeler Straße ist zum Teil gesperrt oder nur einspurig befahrbar", sagt Michael Meinders aus der Pressestelle. "Dort findet eine Kanalbaumaßnahme verbunden mit der Sondierung nach Kampfmitteln statt. Das dauert noch drei, vier Wochen. Die Brackeler Straße ist stark befahren, in den Sommerferien schränken wir dadurch weniger Leute ein." Das könne aber nicht immer geleistet werden, schließlich seien "im Prinzip jeden Tag irgendwo Baumaßnahmen".
Bernd Löchter, Sprecher des Landesbetriebs Straßenbau (Straßen.NRW), kann berichten, welchen Vorteil die Durchführung von Straßenbaumaßnahmen im Sommer hat. Das Beispiel A40: "Eine klassische Pendlerautobahn, auf der jeden Tag 110.000 bis 120.000 Fahrzeuge unterwegs sind" - jedenfalls an gewöhnlichen Werktagen. "In den Ferien sind es rund 20 Prozent weniger, das sind 20.000 bis 30.000 Fahrzeuge. Abgeschwächt gilt das für jede Autobahn."
Auch die Stadt Essen schätzt, dass in den Ferien rund 20 Prozent weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind. Hier gelingt es hin und wieder, große Baumaßnahmen in die entsprechend verkehrsärmere Zeit zu schieben. Jüngstes Beispiel: "Die Arbeiten an der Heisinger Straße wurden mit Absicht in die Ferien gelegt", sagt Pressesprecherin Jasmin Trilling. Vier Tage lang musste im Juli die Straße komplett gesperrt werden, der Asphalt wurde instand gesetzt. Insgesamt werden pro Jahr durchschnittlich rund 12.600 Maßnahmen in Essen angemeldet. Ganz so schlimm, wie diese Zahl suggeriert, steht es aber doch nicht um die Straßen der Stadt: In diese Statistik fließen zum Beispiel auch Verkehrsbehinderungen durch Grünschnitt ein.