An Rhein und Ruhr. . Dormagen prüft ein biologisches Bekämpfungsmittel gegen die Mückenplage. Naturschützer fürchten schwere Folgen für Vögel, Libellen und andere Tiere.

Die Menschen leiden, die Gastronomie auch. Anwohner aus Dormagens flussnahen Stadtteilen Zons und Rheinfeld klagen über 50 und mehr Mückenstiche. Und die Gastronomie sorgt sich um ihre Kundschaft, die im Außenbereich nicht mehr ungestört essen kann. Die Neuss-Grevenboicher Zeitung berichtete unlängst, dass Wirte im Biergarten mitunter das Fläschchen Auto-Mückenschutz gleich mit zu den Getränken servieren.

Als erste Stadt der Region erwägt Dormagen jetzt, gegen die in diesem Jahr spürbar ausgeprägte Mückenplage vorzugehen. Im Gespräch ist der Einsatz eines sogenannten biologischen Bekämpfungsmittels, dessen Bazillen die Mückenlarven töten. Naturschützer sind entsetzt.

Wertvolle Schutzgebiete in Rheinnähe

Dass in diesem Sommer gerade im Rheinland mehr Plagegeister als sonst schwirren, ist unstrittig. Das feuchtwarme Wetter hat für ein Mücken-Wohlklima gesorgt. Gerade am Niederrhein hatten heftige Regenfälle und das Hochwasser günstige Brutstätten zurückgelassen. Nachdem Bürgerhinweise die Dormagener Politik erreicht haben, prüft die Stadtverwaltung den Einsatz sogenannter BTi-Präparate (BTi= Bacillus Thuringiensis Israelensis), die auf stehenden Gewässern ausgebracht werden.

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„Wir machen uns die Prüfung nicht leicht“, versicherte ein Stadtsprecher gestern auf NRZ-Nachfrage. Der Verwaltungsvorstand hatte sich Montag noch mal mit dem Thema befasst; der Umweltschutzbeauftragte ist eingeschaltet. Dem Landesumweltamt wurde eine Liste möglicher BTi-Präparate vorgelegt. Antwort von dort: Die angefragten Mittel sind zugelassen, seit über 30 Jahren weltweit im Einsatz, gelten auch als vergleichsweise effizient. In den meisten Fällen seien sie nicht gefährlich für Bienen und - laut Zulassungsattest - auch nicht für andere Wasserlebewesen.

Der Haken: Die Mittel sind nicht untersucht worden auf die Wirkung fürs gesamte Ökosystem – und im Stadtgebiet von Dormagen, gerade auch in Rheinnähe, gibt es Gebiete, die gelten als ökologisch so wertvoll, dass sie unter europäischem Naturschutz stehen. Darauf wies das Landesumweltamt auch hin.

Nabu fürchtet um Libellen, Vögel und Fledermäuse

Der Naturschutzbund (Nabu) befürchtet schlimme Folgen für Libellen, aber auch für Vögel und Fledermäuse, denen Mücken als Nahrung dienen. Den Einsatz von BTi lehnt man beim Nabu vehement ab: „Da würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, fürchtet Landesvorsitzender Josef Tumbrinck.

Bei der Stadt Dormagen sichert man zu: Ohne Verträglichkeitsprüfung für die Naturschutzgebiete werde es keinen großflächigen Einsatz von BTi-Präparaten geben. Auch die Kosten wolle man sich noch mal durch den Kopf gehen lassen. Einstweilen hat die Stadt ihre Bürger aufgerufen, keine Regentonnen und sonstigen Wassergefäße offen im Garten stehen zu lassen, weil die auch als Mückenbrutstätten dienen könnten. „Wenn jeder da ein bisschen aufmerksam ist, ist schon viel gewonnen“, meinte der Sprecher.