Köln. Nächstes Kapitel im “Schüler-Krieg“ von Köln: In der Nacht lieferten sich Abiturienten wieder Krawalle mit der Polizei und anderen Schülern.

  • Rund 200 angehende Abiturienten randalierten in Köln
  • Abiturienten verkünden auf Facebook, "Abi-Krieg" zu beenden
  • Gymnasiasten kritisieren Verhalten der Polizei

Erneut haben rund 200 angehende Abiturienten in Köln randaliert und sich Auseinandersetzungen geliefert. Zwei Jugendliche wurden in der Nacht zu Dienstag schwer am Kopf verletzt, berichtete ein Polizeisprecher am Morgen. Ein Jugendlicher verletzte sich leicht.

"Schüler-Krieg" zwischen mehreren Schulen

Rivalisierende Schülergruppen waren am Humboldt-Gymnasium in der Südstadt aufeinander losgegangen. Nach ersten Erkenntnissen bewarfen sie sich mit Gegenständen, ein Polizeisprecher sprach von Wasserbomben, Farbbeuteln und Eiern. Die Polizei ermittelt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, Körperverletzung und Landfriedensbruch.

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Die Polizei prüft nach dpa-Informationen außerdem einen Zusammenhang zwischen einem weiteren Vorfall in der Nacht und den eskalierenden Abifeiern: Auf einer Straße in Rodenkirchen seien Molotowcocktails gezündet worden. Allerdings sollen weder Menschen noch Gebäude beworfen worden sein. Ein Tatverdächtiger sei festgenommen worden, weitere seien flüchtig.

Bereits in der Nacht zu Montag hatten mehrere Hundert Abiturienten insgesamt 15 Einsätze der Polizei ausgelöst und Sachbeschädigungen an sieben Gymnasien verursacht. Laut Polizei waren auch Anzeigen wegen teils gefährlicher Körperverletzung sowie Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz geschrieben worden. Man habe Drogen beschlagnahmt, außerdem Baseballschläger und eine zur Schlagwaffe umgebaute Fahrradkette.

Abiturientia einer Schule will "Abi-Krieg" beenden

Auf Facebook distanzierten sich User von der Gewalt: "Wir, die 12. Klasse des Humboldt Gymnasiums, beenden hiermit den "Abikrieg"", wurde auf der Seite "Schweinerei 2016" am Dienstagmorgen geschrieben. "Es ist deutlich zu weit gegangen. Wir wurden mit Glasflaschen, Böllern, Eiern und Steinen abgeworfen. Wurfgeschosse, von denen sich jeder gesunde Mensch distanziert!"

In einem Schreiben wandte sich ein Vater eines Abiturienten an die Deutsche Presse-Agentur. Der Abi-Jahrgang des Humboldt-Gymnasiums hatte demnach beschlossen, die eigene Schule mit Wasserpistolen und -gewehren zu "verteidigen". Andere Schulen hatten sich dem Schreiben zufolge verständigt, die Schule gemeinsam anzugreifen. Der "Angriff" sei fortgesetzt worden, als sich die Schüler des Gymnasiums schon zurückgezogen hatten, hieß es weiter.

Schüler machen Polizei schwere Vorwürfe

Die Polizei sei von Anfang an dabei gewesen, habe aber erst "relativ spät" eingegriffen. In ihrem Facebook-Post kritisieren die Schüler zudem mangelnde Hilfsbereitschaft der Beamten: "Als wir euch um einen Krankenwagen und Hilfeleistung baten, habt ihr lediglich gesagt: 'Wir müssen zunächst die Situation einschätzen'."

Der Kölner "Abi-Krieg" in den sozialen Medien 

Auch in den sozialen Medien sieht es alles andere als friedlich aus: Die Abiturienten präsentieren sich mit schwarzen Kapuzenpullis, drehen Kurzvideos, auf dem ein Flugblatt eines anderen Gymnasiums angezündet wird, pinkeln eine Schule an. Schüler aus Köln tragen ihren "Abi-Krieg" auch in Sozialen Netzwerken aus und dokumentieren ihre gegenseitigen Provokationen. Wegen Auseinandersetzungen musste die Kölner Polizei in den vergangenen Nächten mehrmals einschreiten.

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In der Nacht zu Dienstag wurden zwei Jugendliche am Humboldt-Gymnasium schwer verletzt.Im Vorspann eines Youtube-Videos, das dem Erich-Kästner-Gymnasium zugeordnet wird, steht einen Tag vor Beginn der Motto-Woche am Sonntag: "Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeglicher Form von Gewalt, rassistischen- und extremistischen Gruppierungen! (...) Wir streben eine fair geführte Mottowoche an und verlangen von allen Abiturjahrgängen, deeskalierend zu wirken."

Im Video dann: vermummte Schüler, die über Geländer springen, wie eine Gang auftreten und am Ende Pyrotechnik zünden.Auf einem Instagram-Account, der sich dem Leonardo-da-Vinci-Gymnasium zuordnet, stehen neben Fotos vermummter Schüler Schlagworte wie #füreinenfairenabikrieg, #leonardoübernimmt und #ihrwerdetvernichtet. (dpa)

Abi-Scherze, die keine waren

Autokorso in Bochum

Rund 60 Schüler halten im März 2015 bei einem Abi-Scherz in der Bochumer Innenstadt wahllos Autos an, "besetzen" diese und lassen sich durch die Stadt kutschieren. Polizisten schreiten ein.

"Filmstars" in Witten

Bei einer Aktion von Wittener Gymnasiasten im Jahr 2015 unter dem Motto "Filmstars" steigt ein als Gangster verkleideter Schüler aus einem Auto und richtet eine täuschend echte Waffe auf Passanten. Polizisten beenden die Aktion und fertigen eine Strafanzeige an.

Angst und Schrecken in Aachen

Neun Abiturienten betreten im März 2015 in Tarnkleidung und mit nachgebildeten Waffen eine Aachener Schule. Laut Polizei hätte ihr Auftritt Angst und Schrecken ausgelöst. Nachbarn riefen die Polizei. Es wurde Strafanzeige gestellt.

Massenhysterie in Hamburg

Ein Großeinsatz der Feuerwehr beendet im April 2014 eine Abi-Party in Hamburg. Dutzende jüngere Schüler haben zuvor über Vergiftungssymptome geklagt. Die bestätigen sich zwar nicht, die Ärzte diagnostizieren aber eine "kollektive Massenhysterie".

Schaumparty in Kronberg

Im hessischen Kronberg müssen Schüler mit Atembeschwerden und Brechreiz ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Schaumparty war im Juni 2013 schiefgelaufen. Der Schaum soll falsch angerührt gewesen sein. Wegen fahrlässiger Körperverletzung nimmt die Polizei Ermittlungen auf.

Saufgelage in einem Frankfurter Park

Rund 1000 Jugendliche treffen sich im März 2013 in einem Park in Frankfurt am Main und lösen einen Großeinsatz aus. Einige Schüler sind so betrunken, dass sie notärztlich versorgt werden müssen. Übers Internet hatten sich die Jugendlichen verabredet.

Randale in Sindelfingen

Betrunkene Gäste einer Abi-Feier gehen im Juli 2010 in Sindelfingen (Baden-Württemberg) auf Polizisten los. Diese wehren sich mit Pfefferspay. Zuvor hatten sich Nachbarn bei der Polizei über zu laute Musik beschwert.

Banküberfall in Unterfranken

Zwei Abiturienten aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld nahe Würzburg wollen nach bestandener Prüfung im Juni 2009 einen Film drehen und stürmen vermummt in eine Bank. Dann stellen sie eine Geiselnahme nach. Die Folge: ein Großeinsatz der Polizei. (Quelle: mit dpa)

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