Am Niederrhein. . 23.500 Bürger aus Nordrhein-Westfalen fahren zum Arbeiten ins Nachbarland, umgekehrt kommen 9400 Niederländer. Das ist ausbaufähig, meinen Fachleute.
Seiner hiesigen Firma, einer Kartonagefabrik, ging es damals schlecht. Was lag nahe: die Niederlande. Zweieinhalb Jahre ist Tobias Schroer über die Grenze gependelt und war im Nachbarland bei einem Chipkartenfabrikanten beschäftigt. Der Klever ist gut zurecht gekommen, lobt die kollegiale Atmosphäre dort. „Wenn man nicht weiter weiß, setzt man sich zu einem ‘cop de koffie’, also einer Tasse Kaffee mit den Kollegen zusammen und arbeitet an einer Lösung“, erzählt Schroer.
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Hier wohnen, dort arbeiten – und umgekehrt: Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt steckt noch in den Kinderschuhen, haben Statistiker des nordrhein-westfälischen Landesamtes und der Niederlande jetzt gestützt auf Zahlen aus dem Jahr 2012 in einer gemeinsamen Studie ermittelt. 23.500 Pendler fahren von hier aus zum Arbeiten ins Nachbarland, umgekehrt gehen 9400 Erwerbstätige aus den Niederlanden hier ihrer Erwerbstätigkeit nach. Die klare Botschaft: Das ist ausbaufähig. . .
In den Niederlanden gibt es Chancen in der Logistik oder im Handel
„Wir sehen da gutes Potenzial“, heißt es auch bei der Arbeitsagentur NRW. Sie hatte jüngst eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung in den Niederlanden sowie in Belgien und weiteren Partnern vereinbart (die NRZ berichtete). Nach Angaben einer Sprecherin der NRW-Agentur gibt die Studie der Statistiker nicht den aktuellen Stand wieder: „In den letzten Jahren hat sich einiges getan.“ So sei es in den Niederlanden, wo zahlreiche Kitas nach Privatisierungen schließen mussten, nicht verborgen geblieben, dass auf deutscher Seite der Grenze Erzieherinnen gesucht werden. „Es gibt ein großes Interesse“, so die Sprecherin. Gleiches gelte für die Bereiche Gesundheit und Pflege, für Logistik, und - mit Abstrichen für Metall und Elektro. Umgekehrt böten sich für Arbeitnehmer aus Deutschland auf niederländischer Seite Chancen in der Logistik, dem Einzelhandel, der Informationstechnologie und in Elektroberufen.
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Die Studie der Statistiker bricht die Zahl der Pendler auch auf Kommunen herunter, zählt etwa 1303 Einpendler aus den Niederlanden in den Kreis Kleve und 176 im Kreis Wesel. Viele Niederländer gingen aber auch gleich einen Schritt weiter und siedelten auf deutscher Seite, wie Günter Steins, der Bürgermeister der Grenzgemeinde Kranenburg, berichtet. Der schlichte Grund: Das Bauland war günstiger.
"Zur Not kommt man mit Klever Platt durch"
EU-Förderexperte Sjoerd Zoete ist Niederländer und seit zehn Jahren bei der Euregio Rhein-Waal in Kleve beschäftigt und seine Hauptintention war das Finden eines Arbeitsplatzes, denn „es gibt halt wenig Stellen in meiner Branche“. Zoete berät Antragsteller, wie sie an die EU-Fördergelder kommen. „Mein Vorteil ist, dass ich drei Sprachen spreche: Niederländisch, Deutsch und die Fördersprache“, so Zoete. Da sei es irrelevant, auf welcher Seite der Grenze er sein Sprachtalent zum Einsatz bringe. Einige Hürden gebe es schon, steuertechnisch etwa. Ist man im In- oder Ausland steuerpflichtig? Hier sei Beratung wichtig und gutes Rechnen.
Tobias Schroer arbeitet mittlerweile wieder bei seiner Kartonagenfirma auf deutscher Seite, die sich wirtschaftlich erholt. Finanziell hat das Arbeiten in den Niederlanden für ihn keinen Unterschied gemacht. Zwar standen dort 300 Euro mehr auf der Lohnabrechnung, allerdings sei die Krankenversicherung auch noch nicht (wie in Deutschland üblich) abgezogen gewesen. Auch sprachlich kam Schroer zurecht: „Zur Not kommt man mit Klever Platt durch.“