Essen/Wuppertal.. Primark-Gegner machen in Wuppertal Front gegen die Ansiedlung einer Filiale. In einem Brief setzen sie Parteien ein Ultimatum - für diesen Freitag.
Wenn die Modekette "Primark" ein Geschäft eröffnet, herrscht Trubel. Primark zieht eben an, Kunden wie Gegner. In Wuppertal ist die Stimmung jetzt aufgeheizt. Dort haben SPD und CDU, die die Mehrheit im Stadtrat stellen, jüngst gar einen Drohbrief erhalten. Inhalt ist ein Ultimatum: Die Stadtspitze solle ihre Entscheidung zurücknehmen, dass sich Primark in Wuppertal ansiedeln darf.
Bei der SPD nimmt man das Schreiben "sehr ernst", sagt Dietmar Bell, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Wuppertaler SPD. Vor allem, seitdem vor eineinhalb Jahren ein Brandanschlag auf ein SPD-Büro im Stadtteil Barmen verübt worden sei. Von wem, sei unklar, sagt Bell.
"NoPrimark" - Linksautonome Szene ruft zu Widerstand auf
An diesem Freitag, 24. April, 9 Uhr, hätten die Absender des Schreibens ihr Ultimatum gesetzt. An diesem Tag jährt sich zum zweiten Mal der Einsturz der "Rana Plaza"-Textilfabrik in Bangladesch, bei der mehr als 1100 Menschen ums Leben kamen. Die Schreiber des Briefes drohen CDU und SPD mit "konkretem Widerstand", sollten Ihre Forderungen nicht erfüllt werden; was darunter zu verstehen ist, wird nicht näher verraten. Das Schreiben stamme aus der linksautonomen Szene von einer Gruppierung, die sich "Eisbrecher Wuppertal" nennt. Unter dem Stichwort #NoPrimark ruft sie über soziale Medien zum Widerstand gegen Primark auf.
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Bei der Wuppertaler CDU will man sich "nicht erpressen lassen". In der CDU-Geschäftsstelle werde man an diesem Freitag jedoch sicherheitshalber "den Publikumsverkehr einschränken", sagt der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Rainer Spiecker. Politisch sei die Primark-Ansiedlung in der Stadt längst besiegelt. Primark soll 2017 in Wuppertal öffnen und sei als Ankermieter ein wichtiger Teil im 140-Millionen-Euro-Städtebauprojekt "Döppersberg", der kompletten Neu- und Umgestaltung des Hauptbahnhof-Bereichs in Elberfeld, zu der unter anderem eine Einkaufsmall gehört.
CDU sieht Projektinvestor in der Verantwortung nicht die Stadt
Primark ist so erfolgreich wie umstritten: In Essen demonstrierte die BUND-Jugend im März vor der dortigen Primark-Filiale. „Die billigen Preise und die Qualität vieler Primark-Produkte fördern eine Wegwerfmentalität, die ethisch und ökologisch fragwürdig ist“, rügte Vorstandsmitglied Nathan Niedermeier. Und im Januar tadelte Kölns Erzbischof Rainer Maria Wölki das Geschäftsmodell der irischen Billigtextilkette als "Manchesterkapitalismus pur": Primark sei "mehr an Rendite orientiert als an den Lebensbedingungen der Männer und Frauen, die die Kleidung fertigen".
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In der Wuppertaler CDU kann man die Kritik an Primark "gut verstehen", sagt Rainer Spiecker. "Die Situation ist zwiespältig", meint er. Politischen Druck gegen Primark müsse man auf höherer Ebene machen, meint er. Und: Verantwortlich für die Ansiedlung vor Ort sei nicht die Stadt sondern der irische Investor Signature Capital, der Millionen in Wuppertal investiere und Primark eben als Hauptmieter gewonnen habe. Das schaffe Arbeitsplätze in der Stadt, die einst eine Textilhochburg war und deren Niedergang letztlich eine Folge der Globalisierung ist, die umsatzstarke Unternehmen wie Primark symbolisieren.
Primark als 'notwendiges Übel'
So ist Primark letztlich die 'Kröte', die man in der Wuppertaler Politik schluckt, um das "Döppersberg"-Projekt möglichst erfolgreich umzusetzen. Ohne den irischen Investor würde es keine notwendige zweite Parkebene geben und nicht die Mall, von der man sich in Wuppertal mehr Einkaufsbesucher in der Stadt und mehr Umsatz für den örtlichen Handel erhofft, heißt es in der Stadtverwaltung. Vor allem durch Primark würde man Kunden etwa auch aus Remscheid und Solingen anziehen, glaubt man bei der Stadt: "Uns fehlt bisher ein Modeangebot für junge Menschen".
Die Primark-Gegner haben an diesem Samstag unterdessen zu einer Kundgebung und einer Demonstration aufgerufen, sagt eine Polizeisprecherin. Motto: "Shoppen stoppen" und "Wir brauchen kein Primark hier". Man habe die Szene natürlich besonders im Blick, heißt es bei der Polizei. Gewaltsame Übergriffe auf Politiker an der Stadtspitze habe es in der Stadt noch nicht gegeben. Ob man den Brief an CDU und SPD als "Drohbrief" werten muss, werde noch geprüft: "Der Staatsschutz ermittelt".