Essen/Düsseldorf. Bei den nächtlichen Kontrollen von Untersuchungshäftling Thomas Middelhoff in der JVA Essen hat laut NRW-Justizministerium kein Bediensteter dessen Zelle betreten.
Wendung in der Affäre um die angeblich strenge nächtliche Überwachung des Ex-Arcandor-Chefs Thomas Middelhoff in der Essener U-Haft. Nach Informationen aus Justizkreisen gab es zwar „deutliche Hinweise der Ehefrau, dass Middelhoff suizidgefährdet war“. Da zudem eine „familiäre Vorbelastung“ vorgelegen habe – 2006 hatte Middelhoffs Bruder Selbstmord begangen – entschied sich die Justiz zum Schutz des Häftlings für eine wochenlange Zellenkontrolle im 15-Minutentakt.
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Verwunderung hat in der Justiz aber die Tatsache ausgelöst, dass die Anwälte erst bei der zweiten Haftbeschwerde im März den Vorwurf des Schlafentzugs erhoben und Zustände wie in Guantánamo beklagt haben. Erst nachdem auch eine Kaution von 900.000 Euro wegen Fluchtgefahr abgelehnt wurde, hatten die Anwälte das zur Verhinderung eines möglichen Selbstmordes übliche Verfahren in deutschen Gefängnissen als Ursache für eine vor Monaten diagnostizierte Autoimmunkrankheit von Middelhoff angeprangert.
Nächtliche Kontrollen bei Thomas Middelhoff
Die Middelhoff-Anwälte hatten den Vorwurf erhoben, dass die sogenannte Lebendkontrolle zwischen Mitte November und Mitte Dezember zu andauerndem Schlafentzug geführt habe, weshalb der Inhaftierte schwer erkrankt sei. Bei den nächtlichen Kontrollen von Untersuchungshäftling Thomas Middelhoff in der JVA Essen hat laut NRW-Justizministerium kein Bediensteter dessen Zelle betreten. Das ergebe sich aus dem Meldebuch, das die JVA-Mitarbeiter führen müssen, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag auf Anfrage in Düsseldorf. "Kein Bediensteter hat den Haftraum zwischen 22 Uhr und 6 Uhr betreten." Das Meldebuch belege, dass die Kontrolle im 15-Minuten-Takt vom 14. November bis 9. Dezember und noch einmal am 18. und 19. Dezember lediglich aus einem Blick durch den Spion der Zellentür bestanden habe.
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Middelhoff war im November 2014 wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Deshalb gab es Sorge vor einem „Bilanz-Selbstmord“, weil Middelhoff alles zu verlieren drohte. Der Bundesgerichtshof wird wohl erst in einigen Monaten über seine Revision entscheiden. Middelhoff war vor wenigen Tagen in die Essener Uniklinik verlegt worden.
Klärung im Fall Middelhoff vor dem Rechtsausschuss
CDU- und FDP-Opposition im Landtag verlangten von Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) eine weitere Klärung in der Sitzung des Rechtsausschusses am 22. April. Kutschaty müsse Licht in die Sache bringen und erläutern, ob sich die Anwälte Ende 2014 bereits über die Praxis in der JVA beschwert hätten, forderte FDP-Experte Joachim Stamp. Die CDU-Landtagsfraktion will wissen, wie die konkreten Anweisungen des Ministeriums für Kontrollen bei Suizidgefahr aussehen und wie oft Middelhoff in den letzten vier Wochen in der JVA Essen kontrolliert wurde. (mit dpa)