Essen. . Schlechte Noten für die Bahn in der Region: Der VRR bemängelt häufige Verspätungen. Besonders betroffen sind Züge zwischen Dortmund und Düsseldorf.

  • Der VRR hat seinen Qualitätsbericht veröffentlicht.
  • Nur 83 Prozent der Regionalexpress-Züge pünktlich.
  • Viele Toiletten in den Bahnen sind defekt.
  • 40 Minuten Wartezeit im Reisezentrum Essen.

Heftige Klatsche für die Deutsche Bahn. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) wirft in seinem neuen Qualitätsbericht dem Staatsunternehmen nicht nur eine höhere Unpünktlichkeit auf wichtigen Regionalbahnen im Ruhrgebiet und am Niederrhein vor. Auch bei der Toiletten-Verfügbarkeit gibt es Minuspunkte. Und die Reisecenter in den Hauptbahnhöfen von Düsseldorf und Essen schneiden schlecht ab, weil Kunden teilweise bis zu 40 Minuten warten müssen. Viele Pluspunkte gibt es dagegen für Hagen Hauptbahnhof – und generell für das Zugpersonal.

Das VRR-Papier hat es politisch in sich. Denn wichtige Regionalverbindungen vor allem quer durch das Revier stehen unmittelbar vor der Neuvergabe. Sie stellen den Vorlaufbetrieb für das wichtigste verkehrspolitische Projekt in NRW, dem Rhein-Ruhr-Express (RRX), dar. Es scheint nach dem Erscheinen des Reports noch mehr fraglich, ob sich die Bahn überhaupt an diesem Wettbewerb beteiligt. Auch in Sachsen hat sie vor wenigen Tagen erstmals auf einen Weiterbetrieb von drei Strecken verzichtet.

Verspätungen

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Bei sämtlichen Angeboten, also denen von Privat- wie Staatsbahn, ist die Pünktlichkeit 2014 „leicht bis mäßig“ zurückgegangen, insgesamt um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Was natürlich auch an Streiks und dem Pfingststurm „Ela“ lag. Auf den Regionalexpress-Linien waren die Züge nur noch zu 83,1 Prozent pünktlich. Verspätungen bis zu vier Minuten gelten als pünktlich. Generell stellt der VRR dazu fest, dass ein eigentlich positiver Trend der letzten Jahre „durch externe Einflüsse“ - wie eben die Stürme - „gebremst wurde“.

Die Ausreißer

„Die häufigen Verspätungen der lang laufenden und auf der Hauptachse zwischen Düsseldorf und Dortmund verkehrenden RE-Linien stellen ein großes Problem dar“, schreibt VRR-Chef Martin Husmann.

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Der RE 5 zwischen Köln und Emmerich war nur zu 69 Prozent im Zeitplan, die wichtige Linie RE 1 von Aachen über das Ruhrgebiet nach Paderborn zu 73 Prozent, der RE 11 zu 75 Prozent. Die Strecken werden von DB Regio betrieben. Dagegen lobt der VRR die Regionalbahn 36 und die S-Bahn Linie S 4.

Zugausfälle

Züge fallen wieder öfter komplett aus, zwischen 1,8 Prozent und 2,4 Prozent der Fahrten. Das ist 2014 fast vier Mal so viel wie 2013. Wieder sind die RE-Linien besonders betroffen. Die Quoten sind 2014 vor allem durch zwei große Baustellen beeinflusst worden, den Arbeiten an den neuen Elektronischen Stellwerken in Duisburg und (anhaltend) in Wuppertal, aber auch durch Signalstörungen, Umleitungen und eben Sturm „Ela“, der sich besonders auf die S-Bahn Linie S 6 auswirkte.

Bessere Noten für Kundenberatung an Bahnhöfen 

Toiletten und Zustand der Züge

Ein übles Kapitel: die Toiletten. Die Doppelstockwagen auf den Linien RE 1, RE 4 und RE 5, die von der DB AG in Aachen gewartet werden, sind oft defekt. Nur 77 Prozent auf der RE 1 funktionieren, sogar nur 60 Prozent auf der Niederrhein-Linie RE 5. Dies, so der VRR, „ist ein außerordentlich schlechter Wert“. Wieder besser sei eine Privatbahn wie Abellio, wo die Aborte zu 90 Prozent nutzbar seien.

„Wir werden 2015 intensiv auf die DB einwirken, um den Zustand der vom Werk Aachen betreuten Linien zu verbessern“, sagt Husemann. Andererseits hat sich „über alle Linien und Produktgruppen der Zustand der Fahrzeuge leicht verbessert“, haben die VRR-Profitester ermittelt.

Was ist besser – privat oder Staat?

Der VRR hält der DB Regio vor, besonders diejenigen ihrer Linien seien in Bezug auf Verspätungen, Ausfällen und Fahrten mit zu geringer Platzkapazität problematisch, die im Rahmen des Großvertrags mit dem Staatsbetrieb pauschal betrieben werden und bisher nicht ausgeschrieben wurden. Dagegen mache auch die DB einen guten Eindruck dort, wo sie einen Wettbewerb gewonnen habe. Lob gibt es generell für die Privatbahnlinien von Abellio, („konstant gute Leistungen“), Regiobahn und mit Abstrichen Nordwestbahn.

Reisecenter und Vertriebsstellen

Der Verkehrsverbund hat Tester im letzten Jahr 230 Mal zu 32 Vertriebsstellen geschickt, dies außerhalb der Streiktage. Die durchschnittliche Wartezeit hat sich um eine halbe Minute auf dreieinhalb Minuten verlängert. Schlusslicht: Der Hauptbahnhof in der Landeshauptstadt mit mehr als zwölf Minuten, dann auch die Reisecenter von Wanne-Eickel, Mülheim/Ruhr und Essen. Peinlich: In Essen musste ein Tester 40 Minuten warten, bis er dran war. „Diese Wartezeiten sind untragbar“, schreibt der Verkehrsverbund in seinem Bericht.

Besser als in den Vorjahren wird dagegen die Beratungskompetenz eingestuft, generell und vor allem am Niederrhein. Bochum und Castrop-Rauxel schneiden dagegen unter dem Durchschnitt ab.

Die Hitliste der DB-Vertriebsstellen führt Hagen an, es folgen Witten und auf den vorderen Plätzen auch Xanten und Wesel. Im Mittelfeld liegen einige Revier-Hauptbahnhöfe wie Duisburg und Oberhausen und auch Dortmund. Am Ende dann Bochum, Castrop und Düsseldorf.

Das Zug-Personal

Tolle Werte für die Bahn-Mitarbeiter. Freundlichkeit, kompetentes Auftreten und äußeres Erscheinungsbild wurden hier durch Profitester des Verbundes bewertet. Es wurde generell ein „mehr als zufriedenstellender wert“ zwischen 95 und 100 Prozent erreicht, sagt der VRR. Die Tester gaben „Schulnoten“, die im Schnitt bei 1,97 lagen.

Was denkt die Kundschaft?

Auch sie wurde nach der Zufriedenheit befragt. Aus Kundensicht hat die DB AG dort, wo sie sich keinem Wettbewerb aussetzen musste, am schlechtesten abgeschnitten. Ziemlich verärgert sind die Fahrgäste auf der Linie S 6 von Essen nach Leverkusen. Positiv sind Abellio und Nordwestbahn aufgefallen. Die Eurobahn liegt unter den Schnittwerten, was den „Zustand der technischen Wageneinrichtungen“ betrifft.

Insgesamt sehen die Fahrgäste „die Sauberkeit der Züge weiterhin sehr kritisch“, urteilt der VRR, obwohl sich die Ergebnisse etwas verbessert hätten. Gründe: verschmutzte Scheiben, Böden und Inneneinrichtungen. Tagsüber fühlen sich die Bahn-Fahrer auf den 49 Linien des Gebiets prinzipiell „sehr sicher“. Nachts ist das anders, vor allem auf den Linien S 6, S 4 und S 68.

Die Zukunft

Wir haben dazu die Fahrgastorganisation ProBahn befragt. Lothar Ebbers erwartet, dass die Pünktlichkeit in den nächsten Monaten „kaum besser“ werden wird. Grund: die anstehenden zahlreichen Bauarbeiten.

Ebbers: „Vor allem am Wochenende wird der Normalfahrplan die Ausnahme sein“. Wer zehn Jahre die Infrastruktur vernachlässigt habe, könne das nicht in fünf Jahren wieder aufholen.

Der Vorschlag von ProBahn: Die DB soll den Vorrang für den Fernverkehr reduzieren – wo wie in den Niederlanden, wo danach die Pünktlichkeit des Regionalverkehrs angezogen hat. „Aber da geht die Bahn leider nicht ran“, sagt Ebbers.