Essen/Dortmund. Das Land NRW ist von der großen Zahl von Asylsuchenden aus dem Kosovo überrascht worden. Bis zum Wochenende werden neue Unterkünfte gebraucht.
Dramatisch gestiegene Flüchtlingszahlen in Nordrhein-Westfalen haben die Landesregierung über Nacht in große Bedrängnis gebracht. Jetzt zieht sie die Notbremse. Da die Gruppe der Asylsuchenden aus dem Kosovo seit Jahresbeginn unvorhersehbar sprunghaft ansteige, stoße Nordrhein-Westfalen mit seinen rund 8700 Erstaufnahmeplätzen an seine Grenzen. Das erklärte ein Sprecher von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag. In einem Alarmruf hat Jäger alle fünf Regierungspräsidenten in NRW aufgefordert, bis zum Wochenende neue Unterkünfte zu benennen.
In Olpe hat das Land per Ordnungsverfügung bereits eine Familienferienstätte des Kolpingwerks beschlagnahmt, um schnell weitere Betten bereitzustellen. „Eine solche Maßnahme ergreifen wir sehr selten und nicht gerne, aber sonst hätten wir Flüchtlinge in die Obdachlosigkeit schicken müssen“, sagte ein Sprecher der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. Wenn Gefahr für Leib und Leben in Verzug ist, darf sich das Land nach dem Ordnungsbehördengesetz über Eigentumsrechte hinweg setzen. Im vergangenen Jahr war schon einmal eine Unterkunft im Rheinland beschlagnahmt worden.
Neue Großheime befinden sich erst in der Planung.
Allein im Januar hat sich die Zahl der Flüchtlinge aus dem Kosovo in NRW verdoppelt. Da parallel der Menschenstrom aus Kriegsgebieten in Syrien, Irak und Afghanistan unvermindert anhält, muss NRW an manchen Tagen bis zu 1000 neue Flüchtlinge auf einmal versorgen. Reservekapazitäten von 1700 Plätzen, die von der Landesregierung kurz vor Weihnachten noch als ausreichend betrachtet wurden, sind inzwischen belegt.
Auch interessant
Das Land will seine Kapazitäten in den beiden Erstaufnahmeeinrichtungen Dortmund und Bielefeld sowie in den weiteren zentralen Landesunterkünften zwar auf insgesamt 10.000 Regelplätze ausbauen. Neue Großheime in Essen und Mönchengladbach befinden sich allerdings erst in der Planung.
Weil Flüchtlinge aus dem Kosovo in der Regel keinen Asylanspruch haben und folglich sofort wieder abgeschoben werden, forderte SPD-Fraktionsvize Hans-Willi Körfges, in der gegenwärtigen Lage „vor allem für diejenigen Menschen eine angemessene Unterkunft und Versorgung sicherzustellen, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen“.
Die CDU-Opposition kritisierte dagegen das Krisenmanagement von Innenminister Jäger. Obwohl seit einem Jahr über einen landesweiten Notfallplan diskutiert werde, sei „nichts passiert“, sagte Innenexperte Theo Kruse.