Berlin. Ob Auto oder Flugzeug: Mobilität und Klimakrise sind nur schwer vereinbar. Britische Forscher haben einen sensationellen Ansatz entwickelt.

Auch wenn es uns bei winterlichen Temperaturen nicht so vorkommen mag, ist die Klimakrise allgegenwärtig. Das vergangene Jahr war das wärmste, das seit 1850 gemessen wurde. Einer der Haupttreiber des Klimawandels: Unsere Mobilität. Flugzeuge, Autos, Lkws und Co. verbrauchen fossile Brennstoffe, durch die Kohlenstoffdioxid (CO₂) in die Luft abgegeben wird. Der „Stoff“, der ursächlich für den menschengemachten Klimawandel ist.

Die Suche nach alternativen Brennstoffen läuft deshalb auf Hochtouren. Britischen Forschern der Universität Cambridge ist dabei möglicherweise ein zukunftsträchtiger Schritt gelungen. Sie entwickelten einen Mini-Reaktor, der CO₂ direkt aus der Luft ansaugt und es in einen nachhaltigen Treibstoff umwandelt. Angetrieben wird dieser Reaktor selbstverständlich ganz umweltfreundlich – durch Sonnenlicht. Die Ergebnisse wurden jetzt im „Nature Energy“-Magazin vorgestellt.

Energie ganz umweltfreundlich: Erster Versuch dieser Art

Ganz vereinfacht ausgedrückt sorgt CO₂ dafür, dass Wärme auf der Erde verbleibt und nicht ins Weltall abgegeben wird. Bei bisherigen Experimenten zum Abbau von Kohlendioxid wurde das Gas deshalb komprimiert und in tief in der Erdschicht „verwahrt“. Dabei handelt es sich um das sogenannte „Carbon Capture and Storage“ (CCS), das als eine mögliche Lösung der Klimakrise erkannt wurde. Das sieht zumindest bisher auch die britische Regierung so, die die entsprechenden Forschungen mit umgerechnet 26,5 Milliarden Euro unterstützte.

„Doch was wäre, wenn wir etwas Nützliches aus dem CO₂ machen würden, anstatt es in die Erde zu pumpen?“ sagte Dr. Sayan Kar von der Universität Cambridge. CO₂ sei schließlich ein schädliches Treibhausgas, das jedoch in nützliche Chemikalien umgewandelt werden könne, ohne dass sie zum Klimawandel beitrügen.

Treibstoff aus CO2: Forscher finden umweltfreundlichen Weg

Die Inspiration für ihre Forschung fanden die Wissenschaftler bei der Photosynthese, bei der Pflanzen dank dem Sonnenlicht ihre eigene Nahrung produzieren. Ganz ähnlich funktioniert auch der Sonnenlicht-Reaktor. Dank spezieller Filter wird nachts CO₂ aus der umgebenden Luft gesammelt. Der Filter saugt sich dabei wie ein Schwamm voll.

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Wenn am nächsten Morgen dann die Sonne herauskommt, wird das so gespeicherte Kohlendioxid erhitzt. Das CO₂ nimmt dabei die Infrarotstrahlung aus dem Sonnenlicht auf. Ein Spiegel auf dem Reaktor bündelt das Sonnenlicht, was den Prozess sogar noch effektiver macht. Mithilfe eines chemischen Prozesses wird das Kohlendioxid in sogenanntes solares „Synthesegas“ umgewandelt. Bisher wurden die Tests aber nur mit Mini-Reaktoren durchgeführt.

Reaktor Sonne Cambridge
Eigenen Treibstoff im Garten herstellen? Dank des Mini-Reaktors der britischen Forscher könnte das bald möglich sein. © Sayan Kar/ University of Cambridge | Sayan Kar/ University of Cambridge

Auto oder Flugzeug: Forscher sehen vielseitiges Einsatzgebiet

Die Wissenschaftler hoffen jetzt, dieses Synthesegas in einen nutzbaren Flüssigtreibstoff umwandeln zu können. Der wiederum könnte dann nicht nur Autos, sondern auch Flugzeuge und andere motorbetriebene Maschinen antreiben. Weiterer Vorteil: Er kann auf der ganzen Welt hergestellt werden. Das ist besonders für Länder und Regionen interessant, die bisher von teuren Importen abhängig sind. Rein theoretisch könnte sogar jeder einzelne Bürger oder jede einzelne Bürgerin so ihren eigenen Treibstoff herstellen.

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Dr. Kar: „Wenn wir diese Geräte in großen Maßstab herstellen würden, könnten sie zwei Probleme auf einmal lösen: CO₂ aus der Atmosphäre entfernen und eine saubere Alternative zu fossilen Brennstoffen schaffen. CO₂ wird als schädliches Abfallprodukt angesehen, aber es ist auch eine Chance“. Bereits in diesem Frühjahr sollen entsprechende Tests mit XXL-Sonnenreaktoren durchgeführt werden.

Reaktor Sonne Cambridge
Prof. Erwin Reisner und Dr. Sayan Kar. © Sayan Kar/ University of Cambridge | Sayan Kar/ University of Cambridge

Scheitern könnte das jedoch höchstens am Menschen selbst: „Anstatt weiterhin fossile Brennstoffe auszugraben und zu verbrennen, um die Produkte herzustellen, auf die wir angewiesen sind, können wir das gesamte CO₂, das wir benötigen, direkt aus der Luft gewinnen und wiederverwenden. Wir können eine kreislauforientierte, nachhaltige Wirtschaft aufbauen – wenn wir den politischen Willen dazu haben“, so Prof. Erwin Reisner, der die Studie leitete.