Berlin. Mit der Pünktlichkeit hapert es bei der Deutschen Bahn. Doch eine Strecke trotzt dem Trend und gilt als die zuverlässigste des Landes.

Verspätungen sind bei der Deutschen Bahn an der Tagesordnung: Mehr als jeder dritte Fernzug erreichte nach Angaben des Unternehmens im vergangenen Jahr sein Ziel nicht pünktlich. Doch eine Strecke fällt aus dem Rahmen – und beeinflusst die Statistik zumindest ein wenig positiv.

Die Rede ist von der Verbindung zwischen Stuttgart und Zürich, der so genannten Gäubahn. Während deutschlandweit rund ein Drittel der Züge unpünktlich ist, erreichen auf dieser Strecke laut „Spiegel“ 81 Prozent ihr Ziel mit maximal sechs Minuten Verspätung. Dieser Wert ist umso bemerkenswerter, als auf der Strecke im Jahr 2024 an 177 Tagen Schienenersatzverkehr gefahren wurde.

Deutsche Bahn: Das ist Deutschlands pünktlichste Bahnverbindung

Ein Blick auf die Strecke zeigt, warum sie zu den zuverlässigsten Verbindungen in Deutschland gehört. Peter Füglistaler, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Verkehr in der Schweiz, erklärte gegenüber dem „Spiegel“: „Es rollt insgesamt wenig Verkehr. Es gibt unterwegs keine komplexen Bahnknoten. Und ein Viertel der Strecke verläuft in der Schweiz.“

Im Nachbarland wird pro Kopf viermal so viel Geld in den Schienenverkehr investiert wie in Deutschland. Das macht sich bemerkbar: Neun von zehn Fernzügen in der Schweiz kommen pünktlich an.

Zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft war fast jeder zweite Fernzug der Deutschen Bahn verspätet. (Archivbild)
Zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft war fast jeder zweite Fernzug der Deutschen Bahn verspätet. (Archivbild) © dpa | Fabian Sommer

Vorbild Schweiz: Was macht die Gäubahn so pünktlich?

Laut Peter Füglistaler wäre eine Übertragung dieses Erfolgsmodells auf Deutschland allerdings äußerst schwierig. Neben höheren Investitionen bedürfe es einer konsequenten politischen Unterstützung der Bahn sowie einer stärkeren Fokussierung auf das Kerngeschäft.

Zwar will die Deutsche Bahn in den nächsten zehn Jahren 150 Milliarden Euro in die Modernisierung des Netzes investieren, doch ob das ausreicht, ist fraglich. Immerhin hat das Unternehmen einen ersten Schritt getan: Die Logistiktochter DB Schenker wurde für 14,8 Milliarden Euro an den dänischen Konzern DSV verkauft.

Mehr dazu: Verkauf von DB Schenker: Darum bleibt die Bahn trotzdem arm

Super-GAU für die Gäubahn: Stuttgart 21 bringt jahrelange Sperrung

Trotz ihrer Vorbildfunktion soll die Strecke zwischen Stuttgart und Zürich ab Frühjahr 2026 für mindestens sechs Jahre massiv eingeschränkt werden. Grund ist das Großprojekt Stuttgart 21: Die Deutsche Bahn plant, die Gäubahn wegen der Bauarbeiten vorzeitig in Stuttgart-Vaihingen enden zu lassen, statt wie bisher bis zum Hauptbahnhof zu fahren. Für die Fahrgäste bedeutet dies, dass sie auf S-Bahnen oder Regionalzüge umsteigen müssen, um die Innenstadt oder den Hauptbahnhof zu erreichen.

Ursprünglich war die Sperrung nur für ein halbes Jahr geplant, nun zeichnet sich ab, dass das Provisorium deutlich länger dauern wird. Die Bahn plant laut eigenen Angaben, die Gäubahn künftig durch den geplanten Pfaffensteigtunnel von Böblingen über den Flughafen direkt mit dem neuen Stuttgarter Tiefbahnhof zu verbinden. Doch dieser Tunnel existiert bisher nur auf dem Papier, mit einer Inbetriebnahme ist frühestens 2032 zu rechnen.

Bis dahin wird die pünktlichste Bahnlinie Deutschlands mindestens sechs Jahre – wenn nicht länger – durch ein Infrastrukturprojekt ausgebremst, das eigentlich den Bahnverkehr verbessern soll.