Berlin. Auch Schlafmediziner haben schlechte Nächte. Drei Experten verraten, welche Routinen und Tricks ihnen dann selbst am besten helfen.
Schäfchen zählen, Lavendel schnuppern, Yoga vor dem Einschlafen – im Netz kursieren einige Tipps und Tricks, die besseren Schlaf versprechen. Kein Wunder: Erholsame Nächte sind wichtig für unseren Körper, da ist sich die Wissenschaft einig. Blutdruck und Herzschlag fahren runter, der gesamte Organismus regeneriert sich. Wer zu wenig schläft, steigert sein Risiko für Infekte.
Weil Schlaf so wichtig für die Gesundheit ist, gibt es Ärztinnen und Ärzte, die sich darauf spezialisiert haben. Doch wie gut schlafen die Schlafspezialisten selbst? Zwei Expertinnen und ein Experte teilen ihre Geheimnisse für eine erholsame Nacht.
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Schlafexpertin über ihre Abendroutine: „Das hilft mir, den Alltag hinter mir zu lassen“
Christine Blume ist Psychologin, Schlafforscherin im Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel (Schweiz) und Therapeutin in der Schlafambulanz der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel in der Schweiz. Sie hält warme Füße für den wichtigsten Tipp. Die Schlafforscherin sagt: „Gerade jetzt im Winter erschweren kalte Füße vielen Menschen das Einschlafen.“ Der Grund: Unsere Körpertemperatur müsse beim Einschlafen leicht absinken. „Kalte Füße stören diesen Prozess, weil der Körper die Wärme normalerweise über die Füße an die Umgebung abgibt“, erklärt die Expertin. Wenn die Füße kalt und schlecht durchblutet sind, funktioniere das nicht. Blume empfiehlt ein warmes Fußbad oder dicke Socken. Außerdem schwört die Psychologin auf ein dunkles, ruhiges Schlafzimmer.
Blume gesteht: „Mein Schlaf ist gegenüber dem Alltagsstress recht unempfindlich, aber Gedanken können mich manchmal wach halten.“ Dann nutze sie zwei Imaginationsübungen: Zum einen stelle sie sich vor, dass sie Skilanglauf macht – ein Hobby von ihr. Sie male sich im Bett aus, wie sie durch eine verschneite Landschaft gleitet, was sehr beruhigend auf sie wirke. Oder sie stelle sich einen Himmel voller Wolken vor. Die Therapeutin beschreibt die Übung so: „Jede Wolke trägt einen meiner Gedanken weg in Richtung Horizont. Ich lasse die Gedanken zwar kommen, aber halte nicht an ihnen fest.“
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Natürlich habe auch Blume mal eine schlechte Nacht. Das sei völlig normal: „Kein Mensch schläft immer gut.“ Der Expertin helfe es dann, sich zu sagen: „Mein Körper holt sich schon den Schlaf, den er wirklich braucht.“
Die Schlafroutine von Blume besteht nur aus wenigen Gewohnheiten:
- Abends nimmt sie meistens eine warme Dusche. Das helfe ihr, den Alltag hinter sich zu lassen, und sorgt dafür, dass sie mit warmen Füßen ins Bett geht.
- Die Expertin achtet darauf, ihrem natürlichen Müdigkeitsgefühl zu folgen, anstatt sich an ganz feste Schlafenszeiten zu halten.
- Wenn abends etwas Besonderes ansteht, fällt ihre Nacht eben mal etwas kürzer aus, sagt sie. Insgesamt helfe es ihr, sich nicht wegen ihres Schlafes verrückt zu machen.
Mediziner über Einschlafprobleme: „Schlafzimmer nicht mit negativen Gefühlen verknüpfen“
Der zweite Tipp kommt von Michael Feld, einem Schlafmediziner und -forscher aus Köln. Für ihn ist das Geheimnis guten Schlafes ganz klar die Bewegung am Abend. Feld sagt: „Nach der Arbeit eine Runde spazieren gehen, Rad fahren oder ins Fitnessstudio – das tut dem Körper gut, der tagsüber oft zu wenig Beachtung findet.“ Wichtig sei, das Training rechtzeitig zu beenden, damit man nicht überhitzt ins Bett geht.
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Feld findet Rituale wichtig für einen guten Schlaf, sie „geben der Seele Halt“. Ähnlich wie bei Kindern, die feste Bettzeiten brauchen, könnten auch Erwachsene von festen Schlafenzeiten oder beruhigenden Abendgewohnheiten profitieren. Feld selbst greift auf drei Schlafroutinen zurück:
- Er nutzt seit 30 Jahren eine alte Meditations-CD, für die er sogar noch einen CD-Player hat, wie er sagt. Die CD funktioniere für ihn „überraschend gut“.
- Außerdem verwende er hin und wieder Melatoninspray. Er erklärt: „Das gibt es inzwischen frei verkäuflich in Deutschland – in kleinen Dosierungen. In anderen Ländern, wie den USA, ist das schon länger so.“ Das Hormon Melatonin spiele eine große Rolle beim Einschlafen und sei in geringen Mengen bei gesunden Erwachsenen harmlos.
- Manchmal macht der Experte auch die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson (PMR) – das helfe ihm sehr, um zur Ruhe zu kommen. Bei der PMR werden Muskeln in einem bestimmten Rhythmus angespannt und dann entspannt. Das soll Stress reduzieren.
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Wenn der Experte länger als 20 bis 30 Minuten wach liegt und sich „wütend umher wälzt“, verlässt er sein Bett. „Dann stehe ich auf und gehe in einen anderen Raum. Dort mache ich etwas Ruhiges bei gedimmtem Licht, bis ich merke, dass die Müdigkeit zurückkommt“, verrät Feld. Das verhindere, dass das Bett oder das Schlafzimmer mit negativen Gefühlen verknüpft wird. Wichtig sei, keine Festtagsbeleuchtung anzumachen. Sonst werde die Melatoninproduktion im Körper gehemmt.
Besser schlafen: Dieser Trick signalisiert dem Körper Ruhe
Kneginja Richter ist Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Schlafmedizin, Chefärztin an der CuraMed Tagesklinik Nürnberg und Professorin an der Technischen Hochschule Nürnberg. Sie achtet darauf, abends zwei Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr über Arbeit oder andere stressige Themen nachzudenken. Dafür erledige sie offene Aufgaben oder To-do-Listen spätestens zwei Stunden, bevor sie ins Bett geht.
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Richter sagt: „Ich empfehle ein sogenanntes Sorgenbuch, um belastende Gefühle nicht mit ins Bett zu nehmen. Dafür nimmt man sich täglich 20 bis 30 Minuten Zeit und schreibt ein paar Gedanken auf, die einen beschäftigen.“ Wenn die Gedanken auf Papier stehen, sollen sie sich weniger belastend anfühlen, betont die Professorin. Danach sie es umso wichtiger, unmittelbar vor dem Einschlafen etwas zu machen, was für positive Gedanken sorgt. Richter nennt Beispiele: „Ein gutes Buch lesen, eine lustige oder romantische Serie schauen, mit den Liebsten Zeit verbringen, kuscheln oder das Haustier streicheln.“
Richter schließt sich den anderen zwei Experten an: „Ein regelmäßiger Schlafrhythmus ist sehr wichtig für guten Schlaf.“ Sie selbst sei darin ebenfalls nicht immer ein Vorbild, da sie sich oft nach ihrem Terminkalender und ihrem Müdigkeitsgefühl richte. Aber für Menschen mit Schlafproblemen sei eine regelmäßige Schlafenszeit entscheidend.
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Für ihre Schlafumgebung ist Richter wichtig:
- Beim Einschlafen sollte man nicht ständig die Uhrzeit kontrollieren – das mache es nur viel schlimmer.
- „Ich mag es im Schlafzimmer lieber kalt, damit ich mich richtig zudecken kann – das gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit“, so die Ärztin. Umso dicker und schwerer die Decke, umso besser sei das. Sie bekräftigt: „Das würde ich auch jedem so empfehlen, denn durch das Zudecken signalisiert man dem Körper, dass er zu Ruhe kommen darf.“
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