Berlin. Katzen gelten oft als emotionslos – doch das ist weit gefehlt. Eine Studie zeigt: Die Tiere haben eine überraschend vielseitige Mimik.

So oft wir auch unsere Katzen beobachten: Besonders viele Gesichtsausdrücke dürften den wenigsten schon einmal aufgefallen sein. Kein Wunder, schließlich sind Katzen für ihre geheimnisvolle Aura bekannt – und für ihren scheinbar immer griesgrämigen Blick.

Doch eine neue Studie zeigt, dass sich hinter dieser stoischen Fassade eine beeindruckende Vielfalt verbirgt. 276 verschiedene Gesichtsausdrücke konnten Wissenschaftler dokumentieren – und damit deutlich mehr, als man Katzen je zugetraut hätte.

Haustiere: Nur wenige Menschen beweisen sich als „Katzenflüsterer“

Bereits 2019 stellten kanadische Forscher fest, dass ein kleiner Teil der Menschen – gewissermaßen die geborenen Katzenflüsterer – die Mimik von Katzen außergewöhnlich gut deuten kann. Während die meisten Teilnehmer einer Studie in knapp zwölf von 20 Fällen nur marginal besser abschnitten als der Zufall vermuten lässt, glänzten 13 Prozent der Probanden: Sie erkannten die Emotionen der Katzen in mindestens 15 von 20 Fällen richtig. Besonders leicht fiel ihnen das Erkennen positiver Emotionen.

Eine neue Studie aus den USA geht noch einen Schritt weiter. Die Forscherinnen Laura Scott von der University of Kansas und Brittany Florkiewicz vom Lyon College in Arkansas untersuchten 53 Hauskatzen in einem Katzencafé. Zwischen August 2021 und Juni 2022 sammelten sie 194 Minuten Videomaterial mit 186 dokumentierten Interaktionen. Ihre Hypothese: Domestizierte Katzen zeigen differenziertere Gesichtsausdrücke als ihre wilden Artgenossen, weil sie durch den Kontakt mit Menschen sozialer geprägt sind.

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Katzen fast so ausdrucksstark wie Hunde

Die Ergebnisse haben ihre Erwartungen übertroffen: Neben Ohrenstellung, Schnurrhaarbewegung und Blinzeln identifizierten sie 26 signifikante Gesichtsbewegungen, die zusammen 276 Ausdrucksformen ergeben. „Unsere Studie zeigt, dass die Kommunikation von Katzen komplexer ist als bisher angenommen“, kommentierte Ko-Autorin Brittany Florkiewicz das Ergebnis gegenüber dem Nachrichtensender „CNN“.

Im Vergleich zu Hunden, die 27 bedeutsame Gesichtsbewegungen zeigen, schneiden Katzen erstaunlich gut ab. Unangefochten ist jedoch der Mensch: Mit über 10.000 möglichen Gesichtsausdrücken, die der Psychologe Paul Ekman dokumentiert hat, ist unsere Mimik unübertroffen.

Mimik der Katze: So lässt sie sich richtig entschlüsseln

Entgegen dem weit verbreiteten Vorurteil, dass Katzen immer grimmig in die Welt blicken, fanden die Forscher außerdem heraus, dass die meisten Gesichtsausdrücke der Katzen positiver Natur sind: 45,7 Prozent wurden als freundlich eingestuft, 37 Prozent als aggressiv und 18 Prozent als „mehrdeutig“.

Die Forscher fanden auch klare Muster in der Mimik der Katzen: So gehören zu freundlichen Gesten nach vorne gerichtete Ohren und Schnurrhaare, während Feindseligkeit durch angelegte Ohren und verengte Pupillen signalisiert wird. Beim Spielen wiederum zeigen Katzen einen Gesichtsausdruck, der verblüffend an den des Menschen erinnert. Mit entspannt hängendem Kiefer und zurückgezogenen Mundwinkeln wirkten sie fast lächelnd.

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Ein Kompendium der Katzensprache? Noch nicht ganz

Wer auf ein umfassendes Kompendium der Katzensprache hofft, muss sich noch gedulden. In einer weiteren Studie wollen die Wissenschaftlerinnen nun Katzen in Privathaushalten oder in wilden Kolonien untersuchen. Ziel ist es, die komplexe Katzensprache noch besser zu entschlüsseln und neue Erkenntnisse über die Interaktion von Katzen zu gewinnen.

Bis dahin steht fest: Katzen sind Meister der subtilen Botschaften – und wer ihre Mimik entschlüsseln will, braucht nicht nur Geduld, sondern vielleicht auch ein bisschen Katzenflüsterer-Talent.