Berlin. Das neue Jahr ist da – und startet oft mit guten Vorsätzen. Die können auch der Beziehung neuen Schwung verleihen. Experten geben Tipps.

  • Viele Menschen nehmen den Jahreswechsel zum Ansatz, etwas verändern zu wollen
  • Solch gute Vorsätze können auch die Beziehung verbessern
  • Paartherapeuten geben Tipps

Das neue Jahr startet traditionell mit guten Vorsätzen. Viele wollen an sich selbst arbeiten. Manche gehen dafür ins Fitnessstudio, andere wollen etwas für ihre mentale Gesundheit tun. Aber auch die ein oder andere Beziehung, die etwas ins Stocken geraten ins, kann zum Start ins neue Jahr gute Vorsätze gebrauchen. Fünf Paartherapeutinnen und ein Paartherapeut verraten ihre Tipps für eine gesunde Beziehung.

1. Guter Vorsatz für die Beziehung von Psychologin und Paartherapeutin Anouk Algermissen aus Bonn:

Anouk Algermissen, Psychologin, Bestseller-Autorin und Paartherapeutin aus Bonn.
Anouk Algermissen ist Psychologin, Bestseller-Autorin und Paartherapeutin aus Bonn. Sie rät: Man sollte in der Beziehung regelmäßig auch über negative Gefühle sprechen. © FUNKE Foto Services | Annika Fußwinkel

Regelmäßig über negative Gefühle sprechen

Anouk Algermissen: Negative Gefühle wie Unsicherheit, Frust oder Enttäuschung werden oft unterdrückt, weil man Angst hat, den Partner oder die Partnerin zu verletzen oder einen Konflikt auszulösen. Doch das Teilen solcher Gefühle fördert emotionale Nähe und schafft Vertrauen. Verletzlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut. Sie ermöglicht echte Nähe und zeigt, dass man sich emotional aufeinander verlassen kann. Paare, die lernen, schwierige Gefühle zu teilen, werden resilienter und enger verbunden. 

Regelmäßige Gespräche über schwierige Emotionen helfen, Konfliktscheu abzubauen und Missverständnisse frühzeitig zu klären. Paare lernen, sich gegenseitig zu öffnen, anstatt Frustration anzustauen, und stärken ihre Bindung durch authentischen Austausch. 

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Algermissen empfiehlt eine einfache Übung

  • eine geschützte Atmosphäre schaffen, in der niemand unterbrochen oder bewertet wird
  • Ich-Botschaften formulieren und mit Sätzen beginnen wie: „Ich habe mich in letzter Zeit unsicher gefühlt, weil...“, „Manchmal frustriert mich, dass...“, „Ich habe Angst, dir zu sagen, dass...“ 
  • Die andere Person hört aktiv zu und fragt zum Beispiel: „Was brauchst du von mir, damit du dich sicherer fühlst?“ oder „Ich habe gehört, dass...“ 
  • Danach formuliert die andere Person ihre Anliegen

2. Guter Vorsatz für die Beziehung von Paartherapeutin Jasmin Blümlein aus Berlin

Paartherapeutin Jasmin Blümlein
Jasmin Blümlein bietet in ihrer Praxis in Berlin Paartherapie und systemisches Coaching an. Sie rät Paaren, sich kleine Rituale im Alltag zu schaffen. © Jasmin Blümlein | Jasmin Blümlein

Kleine Rituale im Alltag schaffen

Jasmin Blümlein: Viele Paare starten das Jahr voller Motivation, doch zu hoch gesteckte Ziele gehen oft im Alltag verloren. Deshalb empfehle ich, kleine, realistische Rituale zu schaffen – wie ein gemeinsames Frühstück am Wochenende, regelmäßiger Austausch über das, was gut läuft und was noch schöner werden darf oder einfach eine tägliche Umarmung. Solche Rituale stärken die Verbindung und sind leichter einzuhalten. Unerfüllte Versprechen hingegen können die Beziehung belasten.

3. Guter Vorsatz für die Beziehung von Paar- und Sexualtherapeut Wolfgang Krüger aus Berlin:

Der Berliner Psychologe und Paartherapeut Wolfgang Krüger sitzt im Garten.
Der Berliner Paar- und Sexualtherapeut Wolfgang Krüger hat mehrere Beziehungsratgeber geschrieben. Er rät: Seien Sie in der Partnerschaft großzügig beim Loben. © Joerg Krauthöfer / Funke Foto Services | Joerg Krauthöfer / Funke Foto Services

Den Partner großzügig loben

Wolfgang Krüger: Geben Sie dem anderen viel Anerkennung. Seien Sie gelegentlich mit ihrem Lob dabei sogar verschwenderisch – und schreiben auch einen Liebesbrief. Denn Anerkennung ist das Schmieröl der Liebe und wir wünschen uns in einer Liebesbeziehung, vor allem, dass der andere unsere positiven Eigenschaften sieht.

Es geht dabei nicht um außergewöhnliche Leistungen, sondern es geht gerade um das alltägliche Loben. Und dieses alltägliche Loben müssen wir üben. Denn wir leben in einem Land, in dem man im Allgemeinen nur in außergewöhnlichen Situationen lobt – und wenn man frisch verliebt ist.

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Wolfgang Krüger nennt konkrete Beispiele für Lob im Alltag:

  • Du warst kürzlich sehr mutig.
  • Ich habe mich gerade sehr verstanden gefühlt
  • Wenn Du mir abends aus einem Buch vorliest, bin ich immer hin und weg.

4. Guter Vorsatz für die Beziehung von Nina Jares, Therapeutin für Sexualität und Beziehung, aus Düsseldorf:

Nina Jares
Nina Jares arbeitet als Paartherapeutin in Düsseldorf. Sie rät Paaren, Nähe gezielt zu planen. In der Beziehung selbst solle jeder seine Autonomie behalten © privat | Privat

Behaltet eure Autonomie und plant Nähe gezielt 

Nina Jares: Die Balance zwischen Nähe und Autonomie zu halten, ist die Kunst einer glücklichen Beziehung, die von Leidenschaft, Vertrautheit und Leichtigkeit geprägt ist. Zu viel Nähe erdrückt, zu viel Distanz entfremdet. Paare, die es schaffen, Zeit für sich selbst zu haben, dem Partner nicht immer alles zu erzählen und gleichzeitig bewusst Zeit füreinander einzuplanen, sich vom Partner überraschen lassen und einander als Liebhaber begegnen, erleben positivere und leidenschaftlichere Beziehungen.

Verbindung entsteht nicht durch ständiges Zusammensein und vollständige Offenheit, sondern durch zwei Menschen, die sich gegenseitig Raum geben, sie selbst zu bleiben, sich gegenseitig immer wieder neu entdecken möchten und dem anderen mit Wertschätzung und Wohlwollen begegnen. 

5. Guter Vorsatz für die Beziehung von Paartherapeutin Elena Rüden aus Köln:

Elena Rüden Paartherapeutin
Die Kölner Paartherapeutin Elena Rüden rät Paaren, die positiven Seiten der Beziehung im Blick zu behalten. © Julia Brezhnieva

Fokus auf die positiven Seiten der Beziehung legen

Elena Rüden: Eine Beziehung bedeutet auch immer Arbeit. Umso wichtiger, dass man das Positive in der Beziehung nicht aus den Augen verliert. Ich rate daher zu mehr Leichtigkeit im Alltag und in Kommunikation. Man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen und lieber darüber ein Scherz machen und lachen als ein Konflikt entstehen lassen.

Außerdem sollte man versuchen, mehr schöne Sachen zu sehen. Also den Fokus auf positive Bereiche in der Beziehung lenken. Wir wollen gesehen werden in allen Bereichen, die wir für einander tun. Dabei hilft es, aufmerksam zueinander sein und „Danke“ auch für Kleinigkeiten sagen. Und zu guter Letzt: Respekt und Verständnis. Auch wenn wir Fehler machen und das vielleicht auch manchmal weh tut. Man sollte einander trotzdem immer unterstützen und überlegen, wie man als Team das nächste Mal alles besser machen kann.

6. Guter Vorsatz für die Beziehung von Paartherapeutin Vera Matt aus Berlin:

Vera Matt
Paartherapeutin Vera Matt rät Paaren, aus dem Krisenmodus auszubrechen und bewusst zu sehen, was gut läuft – und es wertzuschätzen. © privat | Thomas Ernst

Weniger wollen, mehr den Ist-Zustand genießen 

Vera Matt: Anstatt sich auf Fehlersuche, Krisenprophylaxe, -vermeidung oder -bewältigung zu fokussieren, wünsche ich all meinen Paaren, dass sie die Augen etwas weiter öffnen, tief durchatmen und all das sehen, was gut ist. 

Dazu könnten laut Vera Matt folgende Fragen hilfreich sein: 

  • Was liebe ich an dir? 
  • Wofür bin ich dankbar? 
  • Was genieße ich an und mit dir? 
  • Was wäre, wenn ich dir das nur zu fünf Prozent mehr als bisher als Feedback geben würde?
  • Wie und wodurch fühle ich mich von dir geliebt? (Selbstreflektions-Frage) 

Matt: Ich fände es schön, wenn der Fehlersuch-Blick immer weicher wird und die innere Zufriedenheit immer größer. Denn wir verstärken ja immer das, worauf wir uns fokussieren. Eine Beziehung ist immer auch so glücklich, wie wir sie glücklich werden lassen. Das fängt bei uns selbst an.