Essen. Eine glückliche Beziehung braucht mehr als nur Liebe. Eine Expertin lüftet die Geheimnisse einer erfüllenden und soliden Partnerschaft.

Einer Umfrage der Partnervermittlung Parship aus dem Jahr 2019 zufolge gehört ein „Ich liebe dich“ zu der beliebtesten Liebesbekundung in deutschen Beziehungen. Doch was macht eine erfüllende Beziehung wirklich aus? Anna Wilitzki, Paartherapeutin und Psychologin mit langjähriger Erfahrung, ging dieser Frage nach. Ihr Fazit: Es braucht viel mehr als nur Liebe. Sie erzählt, woran viele Beziehungen scheitern und wie Partner ihre Beziehung stärken können.

Beziehung: Was kommt nach der Verliebtheitsphase?

Es stehe außer Frage, dass Liebe für eine glückliche und erfüllende Beziehung eine wichtige Rolle spielt, so die Liebesexpertin. Doch es sei längst nicht das Einzige: „Manche Paare verspüren zwar eine starke Liebe füreinander, aber schaffen es nicht, eine Brücke zueinander aufbauen und Verständnis für die Gefühle des Partners zu haben“, sagt sie. In der Verliebtheitsphase schüttet das Gehirn ganz viel Dopamin aus. Das hat zur Folge, dass wir eine starke Anziehung, Euphorie und Aufregung erleben – und unseren Partner durch eine rosarote Brille betrachten. Australische Forscher bestätigten dieses Phänomen in einer Studie aus dem Jahr 2023.

Anna Wilitzki, Paartherapeutin.
Anna Wilitzki, Paartherapeutin. © Nathalie Sundl

Doch was tun, wir wenn das Verliebtheitsgefühl langsam nachlässt? „Liebe allein reicht nicht, wenn wir nicht wirklich an die Substanz unserer Beziehung gehen“, warnt die Paartherapeutin. Es sei fundamental, an bestimmten Fähigkeiten zu arbeiten, die die Basis einer Partnerschaft ausmachen: gemeinsame Konfliktlösung, Zukunftsplanung, über individuelle Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen. „Wenn Paare nicht mehr an sich arbeiten und einander nicht mehr verstehen und auffangen können“, könne es ganz schnell zu einer Trennung führen.

Paartherapeutin: Streit in der Beziehung ist nicht unbedingt schlecht

Auch wenn es absurd klingen mag: Sich zu streiten, kann die Beziehung widerstandsfähiger machen. Konflikte bieten eine Möglichkeit, etwas zu verbessern und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Schließlich sei eine Beziehung Arbeit. Setzt man sich mit den Konflikten nicht auseinander, kann es einer Beziehung demnach dauerhaft schaden: „Es bildet sich daraus keine richtige, funktionierende Beziehung zweier Individuen, die stetig an sich und der Partnerschaft arbeiten“, so Wilitzki.

Die Paartherapeutin betont zudem, wie wichtig es sei, seinem Partner stets mit Empathie zu begegnen. Wenn das Gegenteil passiert, könne es oft dazu führen, dass sich Partner einsam fühlen. „Die Einsamkeit kommt häufig dann, wenn man nicht mehr über seine Bedürfnisse reden kann oder sich nicht gesehen fühlt, obwohl da noch Liebe ist“, erläutert sie.

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Gibt es ein Geheimrezept für eine glückliche Beziehung?

Neben der Liebe spiele vor allem die Bereitschaft „in Konflikte reinzugehen“ eine entscheidende Rolle, genauso wie die Bereitschaft, die Gefühle seines Partners zu akzeptieren und seine Ängste ernst zu nehmen: „Eventuell hat der eine Partner Verlustängste aus der Beziehung davor und man findet seine Sorgen völlig unbegründet. Trotzdem müssen wir versuchen, die Angst des anderen zu verstehen.“

Doch es gibt noch eine weitere Zutat des geheimen Rezeptes für eine gute Partnerschaft: Je nach Lebensabschnitt sollten sich beide Partner an neue Lebensumstände anpassen und sich mit der Zeit nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch als Paar weiterentwickeln. „In einer Beziehung vergessen wir leider oft, dass sich diese auch weiter entwickeln sollte“, so die Paartherapeutin. Nicht an einem Punkt stehenzubleiben und sich immer wieder auf Neues einzulassen, seien wichtige Voraussetzungen, um die Verbindung zueinander zu stärken.

Ein homosexuelles Paar, das im Regen auf der Straße spazieren geht und sich an den Händen hält.
In einer Beziehung sei es wichtig, sich zusammen als Paar weiterzuentwickeln, erklärt eine Paartherapeutin aus Berlin.  © Getty Images | urbazon

Beziehung ohne Liebe möglich? Paartherapeutin spricht Klartext

Ob eine Partnerschaft auch ohne Liebe funktionieren kann, bezweifelt die Expertin. Für eine solide Beziehung seien gegenseitige Liebe und eine tiefe Bindung ein wichtiges Fundament. Wenn Paare, die aus praktischen Gründen, wie etwa der Erziehung der Kinder, zusammenbleiben, hat ihre Beziehung laut Wilitzki auf lange Sicht wenig Chancen für ein glückliches Miteinander.

Doch auch das Gegenteil könne für Partnerschaften schädlich sein. Wer sich hauptsächlich auf die Liebe stützt, ohne an einer festen Substanz der Beziehung zu arbeiten, laufe Gefahr, dass sich seine Beziehung nicht weiterentwickelt und keine emotionale Tiefe entsteht.

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