Berlin. Sie schmecken wie echter Pudding, erhalten aber viel Eiweiß: sogenannte Protein-Puddings. Gesund sind sie deshalb nicht, warnt Dr. Riedl.

  • Proteinreiche Ernährung liegt im Trend
  • Besonders die entsprechenden Puddings sind sehr beliebt
  • Ernährungs-Experte Dr. Riedl rät dennoch dringend davon ab

Im Supermarkt sind sie der Renner: Protein-Puddings und andere Lebensmittel mit zugesetztem Eiweiß. Das Protein-Versprechen klingt verlockend: ein Zuwachs an Muskelmasse, schnellerer Fettabbau und längere Sättigung soll zu erwarten sein, wenn man auf eine ausreichende Zufuhr achtet. „Das ist grundsätzlich richtig“, sagt der Ernährungsmediziner Matthias Riedl. „Eiweiß ist ein relevanter Faktor für den Muskelaufbau, es sättigt von den drei Hauptnährstoffen Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß am besten. Das hilft auch beim Abnehmen.“

Zusatzprotein: Überflüssig für die meisten, essenziell für wenige

Lebensmitteln mit Proteinzusatz steht Riedl dennoch kritisch gegenüber: „Besonders unter Fitnessstudioliebhabern sind proteinangereicherte Lebensmittel wie High-Protein-Puddings beliebt, um eine schlanke Figur oder den Muskelaufbau zu fördern. Gesunde Normalverbraucher oder Freizeitsportler brauchen dieses zusätzliche Eiweiß jedoch nicht. Eine ausreichende Proteinzufuhr lässt sich normalerweise durch eine ausgewogene Ernährung gut decken. Produkte wie Protein-Riegel oder Protein-Pudding sind dafür nicht nötig.“

Der Proteinbedarf variiert je nach Alter und sportlicher Aktivität. Ein erwachsener, normalgewichtiger Mensch braucht ca. 0,8 g bis 1,2 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Bei älteren Menschen liegt der Bedarf bei 1,2 g bis 1,5 g. Bei Leistungs- und Kraftsportlern sowie Schwangeren ist der Eiweißbedarf ebenfalls erhöht.

Zuckerfrei, laktosefrei, fettarm: Mehr Schein als Sein bei High-Protein-Produkten

Dass die High-Protein-Produkte durch werbliche Zusätze wie „zuckerfrei“, „laktosefrei“ und „fettarm“ suggerieren, dass es sich dabei um ein gesundes (oder zumindest um ein gesünderes Lebensmittel als vergleichbare Produkte) handelt, sieht Riedl kritisch. „Ja, sie sind prinzipiell zuckerfrei, fettärmer und haben weniger Kalorien als normale Puddings. Das liegt daran, dass sie hochverarbeitete Lebensmittel sind, die mit Zusatzstoffen wie Süßungsmitteln und Verdickungsmitteln versetzt werden, um Zucker und Fett und damit in der Gesamtbilanz Kalorien einzusparen. Was erstmal ‚gesünder‘ klingt, ist dies auf den zweiten Blick jedoch nicht.“

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Das wird klar am Beispiel von Acesulfam K, ein Süßstoff, der oft in High-Protein-Puddings zu finden ist. Dieser wurde im Rahmen einer Studie in der Schweiz untersucht. Die Forschenden kamen zu dem Ergebnis, dass Acesulfam K im Gegensatz zu Zucker im Darm nicht zu einer Freisetzung von Sättigungshormonen führt. Es entsteht somit schneller wieder ein Hungergefühl. Weitere Studien zu Süßungsmitteln deuten zudem darauf hin, dass sich das Darmmikrobiom durch den regelmäßigen Konsum negativ verändern kann. „Diese Effekte sind natürlich zu vernachlässigen, wenn man einmal im Monat einen Pudding mit Süßstoff isst. Aber wir halten diese Informationen aus der Wissenschaft für wichtig für alle, die regelmäßig zu Produkten mit Süßstoffen greifen“, so Riedl.

Dr. Matthias Riedl
Dr. Matthias Riedl ist Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg.  © Andreas Sibler für Edel Verlagsgruppe | Andreas Sibler

Keine Empfehlung für Protein-Puddings im Vergleich

Für welches Protein-Pudding-Produkt man sich entscheidet, macht aus gesundheitlicher Perspektive übrigens keinen Unterschied. „In einem Vergleich von vier Produkten, wie beispielsweise dem ‚High Protein Pudding‘ von Ehrmann, dem ‚Protein Pudding‘ zum Anrühren von Foodspring, dem ‚Protein Pudding‘ von More Nutrition, ebenfalls zum Anrühren, oder dem ‚Rewe Beste Wahl High Protein Pudding‘, komme ich zu dem Schluss, dass keiner der Puddings zu empfehlen ist“, sagt Riedl.

„Der ‚High Protein Pudding‘ von Ehrmann sowie die Variante von Rewe enthalten zusätzlich zu Süßungs- und Verdickungsmitteln, kalorienreiche Sahne. Der ‚High Protein Pudding‘ von Foodspring hat einen relativ hohen Kaloriengehalt. Der ‚Protein Pudding‘ von More Nutrition enthält künstliches Aroma und Sucralose, das einer Studie zufolge für Frauen im Verdacht steht, den Appetit zu fördern.“ Grundsätzlich sollte man bei allen verarbeiteten Lebensmitteln einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen. Je weniger Zusatzstoffe wie Süßungsmittel und Verdickungsmittel enthalten sind, desto besser. Auch der Zuckeranteil sollte gering ausfallen.

Selbstgemachte Alternativen zu Protein-Puddings

Als eiweißreiche Alternative zu gekauften Protein-Puddings empfiehlt Riedl einen selbstgemachten Himbeer-Eiweiß-Shake mit Hanfsamen. Hanfsamen und Soja sind natürliche und pflanzliche Proteinquellen. Himbeeren haben wenig Kalorien und enthalten zusätzlich wertvolle Vitamine. Eine andere, günstige Alternative: Magerquark mit Früchten und Samen. Beide Rezepte enthalten, je nach Zubereitung, rund 40 Gramm Eiweiß. Diese Menge an Eiweiß ist vergleichbar mit oder sogar höher als bei vielen handelsüblichen Protein-Puddings.

Zusätzlich zu einer großen Menge an Eiweiß sind wertvolle Ballaststoffe, gesunde Fette, Vitamine, Mineralien und Antioxidantien enthalten. Für eine ausgewogene Ernährung mit natürlichen Eiweißquellen empfiehlt Matthias Riedl außerdem Lebensmittel wie Pilze, Hülsenfrüchte, Eier, Nüsse oder Tofu.

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Protein-Produkte: „Aus Verbrauchersicht dreiste Abzocke“

Zu natürlichen Lebensmitteln zu greifen, lohnt sich auch finanziell. Denn mit den vermeintlichen Fitness-Produkten werde gesundheitsbewussten Verbraucherinnen und Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen, heißt es von der Verbraucherorganisation foodwatch. „Die Lebensmittelindustrie nutzt den Fitness-Trend aus und dreht Verbraucherinnen und Verbrauchern nutzlose und völlig überteuerte Proteinprodukte an“, so Laura Knauf von foodwatch. „Was bei Dr. Oetker, Ehrmann und Co. die Kassen klingeln lässt, ist aus Verbrauchersicht dreiste Abzocke. Ein bisschen zugesetztes Proteinpulver und Süßstoff statt Zucker macht aus einem Pudding noch lange kein gesundes Lebensmittel.“

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Folge 51: Dr. Riedl: Warum man Zucker-Austauschstoffe meiden soll

Dr. Matthias Riedl - So geht gesunde Ernährung