Berlin. Eine Leserin erlitt als junge Frau einen Schlaganfall. 24 Jahre später leidet sie immer noch unter einem Symptom. Unser Experte weiß Rat.

Wer einen Schlaganfall erleidet, kämpft in der Folge häufig mit schweren gesundheitlichen Einschränkungen – und sitzt vor einem großen Berg an Fragen, die nicht immer so leicht beantwortet werden können.

Deshalb hat die Funke Mediengruppe mit der Deutschen Hirnstiftung das Format „Die Hirn-Docs“ ins Leben gerufen. In diesem Rahmen konnten die Leserinnen und Leser ihre Fragen rund um neurologische Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Schlaganfälle sowie chronische Schmerzen einreichen. Die Top-Experten der Hirnstiftung stehen jetzt Rede und Antwort und beantworten die eingegangenen Fragen.

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In diesem Fall schildert eine Leserin ihre jahrzehntelange Schlaganfall-Geschichte. Experte Prof. Dr. Götz Thomalla vom Uniklinikum Hamburg Eppendorf gibt seine persönliche Einschätzung ab.

Leserin: Der Schlaganfall hat bei mir zu Vergesslichkeit geführt

„Ich bin 52 Jahre alt. Bereits mit 28 Jahren hatte ich einen Schlaganfall, Auslöser dafür war vermutlich die Kombination aus Pille und Rauchen. Die Pille habe ich gleich nach dem Schlaganfall abgesetzt, seit 2014 rauche ich auch nicht mehr. Allerdings bin ich unverändert abhängig von Nikotinersatzpräparaten.

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Seit vielen Jahren leide ich – auch bereits vor dem Schlaganfall – an Gedächtnislücken/Konzentrationsschwierigkeiten, die mal mehr, mal weniger ausgeprägt sind. Ich achte meistens auf regelmäßiges Schlafen und verzichte auf Alkohol, trinke nur gelegentlich und dann auch nur sehr wenig, etwa im Sommer ein bis zwei Bier oder Gläser Wein. Ich nutze all die konzentrationsfördernden Gedächtnisspiele wie z. B. Sudoku, bin voll berufstätig, gehe einmal in der Woche ehrenamtlich in einer Grundschule zur Leseförderung und fahre bei gutem Wetter alle meine Wege mit dem Rad. Außerdem treibe ich einigermaßen regelmäßig im Fitness-Studio Sport.

Dennoch ist es so, dass ich regelmäßig Dinge vergessen. Wenn unser Sohn beispielsweise erzählt, wann er wo auf Reisen ist, habe ich es bei nächster Gelegenheit vergessen. Manchmal fehlt mir nur der ‚Reisezeitpunkt‘, dann wieder das Reiseziel oder auch beides. Kürzlich wollte ich einen Krankentransport für meinen Schwiegervater buchen, tat dies aber erst auf Erinnerung meines Mannes. Ansonsten wäre mir das vollständig durchgegangen.

Ich war in den vergangenen Jahren mehrfach beim Neurologen im MRT. Regelmäßig lasse ich alle Blutwerte, Blutdruck etc. prüfen. Demnach ist alles in Ordnung, ich bin kerngesund. Ausnahme ist der durch den Schlaganfall abgestorbenen Teils meines Gehirns. Der wächst bekanntermaßen nicht mehr nach. Die einzig zurückgebliebene Beeinträchtigung ist ein Gesichtsfeldausfall rechts.

Ich weiß mir keinen Rat und lebe damit. Wenn Sie eine Idee haben, wie ich hier auf Lösungssuche gehen kann, außer mir immer alles aufzuschreiben (das mache ich so oft wie möglich) würde ich mich freuen, von Ihnen zu hören.“

Prof. Dr. Götz Thomalla, Fachbeirat der Deutschen Hirnstiftung.
Prof. Dr. Götz Thomalla ist Fachbeirat bei der Deutschen Hirnstiftung. © zrb (montage) | UKE; istock

Arzt: „Schlaganfall kann kognitive Einschränkungen mit sich bringen“

Prof. Dr. Götz Thomalla: „In Ihrem Fall scheinen verschiedene Dinge zusammenzukommen. Zum einen haben Sie in jungem Alter einen Schlaganfall erlitten, von dem Sie sich aber offenbar so weit erholt haben, dass Sie ohne wesentliche Einschränkung an den Aktivitäten des Alltags teilnehmen können. Sie sind berufstätig, treiben Sport, sind ehrenamtlich engagiert. Dies ist auf jeden Fall erfreulich und nach einem Schlaganfall leider nicht immer selbstverständlich.

Gleichzeitig berichten Sie, dass Sie bereits vor dem Schlaganfall Probleme mit Gedächtnis und Konzentration bemerkt hätten, welche anscheinend aktuell in Ihren Beschwerden im Vordergrund stehen. Inwieweit der Schlaganfall und mögliche vorbestehende Probleme hier zusammenwirken und die Ursache der aktuellen Störungen der Merkfähigkeit erklären, lässt sich so nicht beurteilen.

Es ist durchaus denkbar, dass ein Schlaganfall, der die entsprechenden Hirnregionen betrifft, langfristig zu Störungen von Merkfähigkeit und Konzentration führt. Studien zeigen, dass etwa zehn Prozent der Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall eine Demenz entwickeln, und der Anteil der Menschen mit kognitiven Einschränkungen nach Schlaganfall ist noch deutlich höher.

Um in Ihrem Fall einschätzen zu können, wie die geschilderten Beschwerden einzuordnen sind, sollte eine ausführliche neuropsychologische Testung erfolgen. Mit dieser lässt sich genau feststellen, welche kognitiven Funktionen möglicherweise eingeschränkt sind. Auf der Basis dieser Ergebnisse lassen sich dann auch mögliche Rehabilitations- oder Trainingsmaßnahmen besprechen. Ein guter Ort, um eine solche Testung durchzuführen und die entsprechende Beratung zu erhalten, sind Gedächtnissprechstunden, welche es an den meisten größeren Kliniken mit neurologischer oder psychiatrischer Fachabteilung gibt.“

Ihre Frage wurde nicht beantwortet? Dann haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen online bei der Deutschen Hirnstiftung einzureichen. Rufen Sie dazu einfach im Browser die Website https://hirnstiftung.org/beratung/ auf. In der angezeigten Eingabe-Maske können Sie dann Ihren Fall schildern. Die Experten melden sich dann schnellstmöglich zurück.