Hannover. In Blumenerde ist häufig Torf enthalten. Gerade im Frühjahr kaufen Hobbygärtner diese säckeweise für ihre Pflanzen. Was die wenigsten aber wissen: Zu hoher Torfabbau schadet den Hoch- und Niedermooren. Experten erklären, worauf es bei Alternativen zu achten gilt.
Zur Pflanzzeit im Frühling schleppen Hobbygärtner säckeweise Blumenerde nach Hause. 90 Prozent von ihnen enthalten Torf, durch dessen Abbau die Moore zerstört werden. Dabei gibt es klimafreundliche Alternativen, sagen Naturschützer.
Torf bildet die Grundlage für Kultursubstrate und Blumenerden. Laut dem Bundesumweltministerium in Berlin bestehen die herkömmlichen Garten- und Blumenerden bis zu 90 Prozent aus Torf. Doch der Torfabbau schadet der Umwelt: Die Gewinnung trage zur Zerstörung der Moore bei, viele seltene Pflanzen und Kleintiere verlieren in der Folge ihren Lebensraum.
95 Prozent des Torfs stammt aus Niedersachsen
Im Jahr werden in Niedersachsen nach Angaben des Industrieverbandes Garten (IVG) rund sieben Millionen Kubikmeter des Naturproduktes gewonnen (2013) - und 95 Prozent der Torfproduktion in Deutschland stammt aus Niedersachsen. Der Rohstoff hat auch seine Vorteile: Er ist günstig, nährstoffarm, unkrautfrei, und er speichert Wasser.
Doch pur nützt er dem Hobbygärtner wenig: "Torf an sich ist total sauer, er muss aufbereitet werden", sagt die Landschaftsökologin Anette Lilje von der Aktion Moorschutz in Osterholz-Scharmbeck (Niedersachsen). Das Moor muss erst entwässert werden. Dann wird der Torf abgetragen, und dabei entweichen aus den meterdicken, seit der letzten Eiszeit gewachsenen Moorschichten große Mengen Kohlendioxid und Lachgas. Beide gelten als Klimakiller.
Naturschutzbund fordert Schutzprogramm für Moore
"Effektiver Klimaschutz geht nicht ohne gezielten Moorschutz", sagt Lilje. "In der Schweiz, den Niederlanden, Großbritannien und Österreich wurde der Torfabbau komplett gestoppt. Wir fordern ein Schutzprogramm für Hoch- und Niedermoore." Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) rät Hobbygärtnern, beim Kauf auf Blumenerde mit der Aufschrift "ohne Torf" oder "torffrei" zu achten. Solche Produkte für Kübelpflanzen enthalten stattdessen eine Mischung aus Rindenhumus, Holz-, Kokos-, Chinaschilf- oder Hanffasern sowie Zusätze wie Sand, Lavagranulat oder Tonminerale.
Die Aktion Moorschutz macht sich auch für torffreie Alternativen stark, beispielsweise Hackschnitzel, Biomasse oder Grünkompost. "Hobbygärtner haben direkten Einfluss auf das Angebot in den Blumenmärkten", sagt Anette Lilje. Und Tanja Constabel vom IVG versichert: "Man kann heute davon ausgehen, dass alle Stoffe, die sich annähernd eignen könnten, erforscht wurden und nach Möglichkeit eingesetzt werden." Dazu zählten Grüngutkompost, Kokosfaser, Rinde und Holzhackschnitzel.
Wo "Bio" drauf steht, ist nicht immer "Bio" drin
Gleichzeitig warnt Lilje vor Mogelpackungen: "Auch wenn vorne "Bio" draufsteht: Man sollte genau darauf achten, was hinten auf der Verpackung steht." Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gibt regelmäßig einen "torffreien Einkaufsführer" heraus, und auch der Nabu gibt Empfehlungen. Immer mehr Hobbygärtner verzichten Sabine Kingelhöfer vom Substrathersteller Neudorff zufolge auf die Torfprodukte: "Die torffreien Erden bieten wir seit 2003 an", sagt Kingelhöfer. "Die Produkte wurden am Anfang vor allem vom Handel nur zögerlich aufgenommen. Seit etwa vier Jahren ist das Thema Moorschutz mehr im Fokus der Verbraucher."
Aber nicht immer ist torffreie Erde auch eine gute Alternative: Lutz Arnsmeyer vom Wirtschaftsverband Gartenbau in Hannover sieht den Einsatz torffreier Substrate im professionellen Erwerbsgartenbau kritisch. Problematisch seien die höheren Kosten und vernünftige Qualitäten in ausreichender Menge zu bekommen. "Da muss noch eine ganze Menge Forschung betrieben werden", sagt der Experte. (dpa)