Genf.. Die Autobranche hat 2010 ein Boom-Jahr hingelegt. Die Aussichten sind bestens, die Stimmung ist gut. Einer der Trends auf dem 81. internationalen Auto-Salon in Genf: Auf dem Weg zur Elektromobilität gibt es offenbar kein Zurück.
Es scheint kein Zurück zu geben. Als Symbol für die Einbahnstraße in die Elektromobilität steht bei Rolls-Royce auf dem Genfer Auto-Salon ein Batterieauto: tonnenschwer, unbezahlbar. Nach aktuellen Stromspeicher-Preisen müsste der Akku des Rolls über 100 000 Euro kosten und zum Aufladen tagelang an die Steckdose. Ein Ende der Euphorie um das scheinbar emissionsfreie Auto, dessen Abgase aus dem Kraftwerksschornstein statt aus dem Auspuff in die Atmosphäre strömen, ist nicht in Sicht.
Nach dem globalen Autoboomjahr 2010 und den für die nächsten Jahrzehnte prognostizierten zweistelligen Zuwachsraten herrscht in der Autobranche eine Goldgräberstimmung. Dass die Erwartungshaltung Züge einer Spekulationsblase trägt, will zurzeit niemand sehen.
Die vollen Kassen beflügeln auch den Übermut. Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piech nutzte den Konzernabend in Genf, um BMW öffentlich ins Lenkrad zu greifen. Der Wolfsburger Konzern gab bekannt, 8,2 Prozent an SGL Carbon zu erwerben. Hintergrund des inszenierten Affronts: BMW entwickelt mit dem weltweit führenden Kohlefaserspezialisten die ultraleichte Karosserie des kommenden BMW-Batterieautos, dessen Namen (i3) die Münchener erst vor einer Woche veröffentlichten.
VW-Patriarch greift BMW öffentlich ins Lenkrad
BMW-Hauptaktionärin Susanne Klatten ist mit 22 Prozent an SGL beteiligt. Die Milliardärin erklärte, sie beobachte den Einstieg von Volkswagen mit „Wachsamkeit und Distanz“ – im Klartext: eine Unverschämtheit. Der Erwerb einer Sperrminorität sei kurzfristig möglich. Volkswagen führt den Kampf seiner Tochter Audi um die Spitze im Premiumsegment zunehmend mit harten Bandagen.
Beim konventionellen Autoantrieb mit Verbrennungsmotoren, der mindestens mittelfristig den Markt bestimmen wird, bestätigen sich in Genf die Trends zum Spritsparen. Die Motoren werden kleiner, aber nicht schwächer. Und der Hybrid zieht in alle Klassen ein. Mit größeren Batterien bewältigt er immer weitere Strecken elektrisch.
Opel Zafira wird nicht automatisch als Siebensitzer ausgeliefert
Peugeot will zukünftig auf Sechszylindermotoren verzichten und kombiniert als einziger Hersteller bei seinem Hybridmodell einen Diesel mit einem zusätzlichen Elek-tromotor. Bei BMW gibt es bald Dreizylinder, bei Porsche wieder Vierzylinder. Selbst die Formel eins kehrt zu ihren Wurzeln der Nachkriegszeit zurück und fährt bald wieder mit nur vier Zylindern, kräftig mit Turboladern befeuert. Der Porsche Panamera soll als neuer Hybrid nach EU-Norm nur 6,8 Liter auf 100 Kilometer mit 400 PS verbrauchen – bezeichnend für die Realitätsferne dieser Norm.
Mit Spannung erwartet wurde die Enthüllung des neuen Zafira, der nach den Sommerferien im Bochumer Opel-Werk produziert wird. Mit 4,70 Meter Länge ist der Minivan nicht mehr als kompakt zu bezeichnen. Die Stückzahlen der ersten beiden Zafira-Generationen lassen sich so nicht erreichen. Voraussichtlich wird der Familienwagen, der nicht automatisch als Siebensitzer ausgeliefert wird, in der Einstiegsversion knapp 25 000 Euro kosten. Das entspricht in etwa dem Aufpreis, den Ferrari für seinen ersten „Kombi“ kassieren wird. Dem FF fehlen zwar die hinteren Türen, aber wenigstens trägt er als erster Ferrari eine richtige Heckklappe. 450 Liter Kofferraumvolumen kosten voraussichtlich mehr als acht Zafira.