Die Staatsoberhäupter des G8-Gipfels 2015 werden ihre Zeit während der Tagungen im Schloss Elmau verbringen. Wer das Luxus-Hotel vorher noch besucht, kann jedoch statt Sicherheits- und Pressechaos eine idyllische und mittelalterlich angehauchte Gegend besuchen und bestaunen.
Vier Euro muss man bezahlen, wenn man mit dem Auto die schmale Mautstraße von der Ortschaft Klais bei Garmisch-Partenkirchen zum Schloss Elmau hinauf fahren möchte. Noch wacht ein gestandenes Mannsbild in Lederhose, Kniestutzen und kariertem Hemd über die Zufahrt. In einem Jahr wird dort wohl eine Armada aus Sicherheitskräften Stellung beziehen und niemanden durchlassen, der nicht nachweislich dazu berechtigt ist. Wer in diesem Sommer das Elmauer Tal besucht, der erlebt noch Beschaulichkeit und Stille statt Presserummel und Blaulicht-Konvois.
Schlossherr Dietmar Müller-Elmau hat lange nicht geglaubt, dass er die acht wichtigsten Staats- und Regierungschefs zum G8-Gipfel in genau einem Jahr 2015 als Gäste in seinem Hotel empfangen darf. Doch das luxuriöse Hotel und vor allem seine Lage in dem abgeschirmten Karwendeltal haben offenbar nicht nur die Kanzlerin, sondern auch die Gipfelplaner überzeugt. Nun muss vor allem der Neubau hinter dem Schloss fertig werden. Dort entstehen elegante Luxus-Suiten. Alle gleich groß – schließlich soll Putin kein kleineres Zimmer bekommen als Obama. Und den Panoramablick auf das Wettersteinmassiv haben auch alle Zimmer gemein.
Ausblick auf Königshaus am Schachen
Für die majestätischen Gipfel und kristallklaren Bergseen werden die Politiker und ihr Tross vermutlich keine Zeit finden. Dabei starten bequeme Wanderwege direkt vom Hotel. In weniger als 30 Minuten Gehzeit könnten Obama & Co. bereits die Elmauer Alm erreichen. Den großartigen Fernblick auf Zugspitze, Alpspitze, über das Karwendelgebirge bis zum Soierngebiet genießt man am besten auf der Hüttenterrasse bei einer zünftigen Brotzeit oder bei der „Brotzeit deluxe“: Brotzeit mit einer Flasche Champagner. Denn auch die Alm gehört zum Schloss Elmau. Wer nach dem kurzen Almaufstieg noch über das Hotel Kranzbach, das einzige „englische Schloss“ in den Alpen, weiterwandert, der kehrt nach einer knapp zweistündigen Rundtour zum Schloss Elmau zurück, das eingebettet zwischen Bergwiesen seit 100 Jahren vor der Wettersteinwand ruht.
In diesem Sommer ziehen noch Schafe blökend über die Wiesen. Doch die werden im nächsten Jahr vermutlich knatternden Helikoptern weichen. Staatschefs, die dann eingeflogen werden, können jedoch einen Blick auf ein noch viel älteres Schloss, das Königshaus am Schachen, erhaschen.
Der König hatte etwa 20 Diener
Das Schachenhaus wurde bereits von 1869 bis 1872 im Auftrag von König Ludwig II. errichtet. Der Bayernkönig schätzte ebenfalls die Abgeschiedenheit oberhalb von Elmau. Aber anders als die G8-Staatenlenker floh Ludwig II. vor allen politischen Verpflichtungen in die unberührte Bergwelt und feierte dort mehrmals seinen Geburtstag. Ähnlich wie für die Gipfelplaner war auch für des Königs Gefolge der Aufenthalt in den Bergen ein gewaltiger Kraftakt und eine logistische Herausforderung. Speisen und Getränke wurden schon Tage vor der Ankunft seiner Majestät zum Schachenhaus getragen und der Weg mit Lichtern und Fackeln ausgeleuchtet. Für den König standen etwa 20 Diener zur Verfügung. Verglichen mit den Service- und Sicherheitsleuten der G8-Teilnehmer im Schloss Elmau eine eher bescheidene Anzahl.
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Wer den beschwerlichen Weg vom Schloss Elmau aus über die Wetter-steinalm bis auf den Schachen in 1866 Meter Höhe meistert, steht staunend statt vor einem prächtigen Königsschloss vor einer gutbürgerlichen Villa im Schweizer Stil. Die Wohnräume im Untergeschoss sind zirbelholzvertäfelt, die schlichten Möbel in den Wohn- und Schlafzimmern aus Eichenholz.
Kein Champagner zum Essen
Doch wer über die enge Wendeltreppe in das Obergeschoss steigt, erblickt die ganze Pracht des Königshauses. Dort oben richtete der König einen orientalischen Saal ein: das Türkische Zimmer. Goldfarbene Wände, ein Sternenhimmel, ein goldener Lüster, Fächer aus Straußen- und Pfauenfedern und ein orientalischer Springbrunnen entfalten ein Märchen wie aus Tausendundeiner Nacht. Durch die bunten Glasfenster dringt nur gedämpftes Sonnenlicht. Dies war des Königs entlegenes Refugium. Dorthin durften nur Diener und engste Vertraute kommen.
Heute veranstaltet die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung täglich vier Führungen. Und bis heute führt keine Straße und keine Seilbahn auf den Schachen: Auch gekrönte Häupter und mächtige Staatenlenker müssen in vier Stunden hinauf marschieren. Unterhalb des Königshauses entstand seinerzeit ein Bedienstetenhaus. Das ist heute der Berggasthof am Schachen mit Gästezimmern und Matratzenlager. Die Wirtsfamilie serviert Spinatspätzle, Pressack und einen Brotzeitteller – ohne Champagner.