Alzey. Die Deutsche Telekom erweitert die Grenzen ihrer Infrastruktur. Mit der Bündelung von Frequenzen und vier Antennen in einem Handy wird eine Geschwindigkeit von 580 Megabit pro Sekunde möglich - das ist das zehnfache des bislang üblichen Tempos bei der Datenübertragung.
Faustkeile aus der Steinzeit bilden die Kulisse für den nächsten Schritt im mobilen Internet: Im historischen Museum der rheinhessischen Stadt Alzey stellte die Deutsche Telekom am Donnerstag eine Mobilfunktechnik vor, die mit der Kombination bestehender Verfahren ein vielfach höheres Tempo bei der Übertragung von Daten verspricht. "Wir zeigen hier, dass wir den Fortschritt im Mobilfunk weiter vorantreiben", sagte der Technik-Chef der Telekom Deutschland, Bruno Jacobfeuerborn.
LTE-Advanced (LTE-A) heißt die Technik, die den 2010 eingeführten LTE-Standard (Long Term Evolution) weiterentwickelt. Wie schnell das ist, zeigt ein Monitor im Museum. Der Wert verändert sich ständig. 531 Megabit in der Sekunde (MBit/sec), dann 564, 517, schließlich für kurze Zeit ein Maximum von 580 MBit/sec. Das ist mehr als das Zehnfache der bislang üblichen Leistung im schnellen Mobilfunknetz. Als durchschnittliche Bitrate werden 553 MBit/sec ermittelt.
Gerätehersteller müssen auf Mehrantennentechnik erst noch umsetzen
Ein Team von Telekom-Technikern aus Prag hat etwa drei Monate an der Installation der Anlagen für den Feldversuch gearbeitet. Fünf LTE-Basisstationen in Alzey wurden zu LTE-A aufgerüstet - ohne zusätzliche Strahlenbelastung, wie der Leiter des Feldversuchs, Jaroslav Holis, erklärt. Auf einem Hochhaus wurden zusätzliche Antennen aufgebaut, die für die Frequenzbündelung nötig sind: Indem zwei LTE-Frequenzen, 1800 und 2600 Megahertz, zusammengelegt werden, wird eine Bandbreite von zwei Mal 150 MBit/sec möglich. Das Empfangsgerät, ein für den Feldversuch entwickelter Prototyp, hat vier Antennen statt der üblichen zwei, so dass sich in der Addition maximal 600 MBit/sec ergeben.
Die Entwicklung dieser Mehrantennentechnik sei die eigentliche Herausforderung gewesen, erklärt der Entwickler Petr Leidl. Die Antennen müssen für ihre Empfangsleistung weit auseinanderstehen - in einem Handy gibt es kaum genug Platz dafür. Gelöst wurde das Problem mit einem speziellen Design in einer kreuzförmigen Anordnung und einer besonderen Isolierung. Jetzt müssten nur noch die Gerätehersteller dazu gedrängt werden, diese Mehrantennentechnik mit der Bezeichnung MIMO 4x4 (Multiple Input Multiple Output) auch rasch zu unterstützen, sagte Jacobfeuerborn. Er sieht in MIMO die Zukunft. Denn "Frequenzen sind unsere Bodenschätze, aber auch sehr knapp", erklärt der für Technik zuständige Geschäftsführer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Auf der Autofahrt durch die engen Straßen von Alzey ist die Bandbreite erwartungsgemäß geringer als im Museum, im Schnitt sind es 290 MBit/sec. Aber das "Handover", der Wechsel von einer Funkzelle in die nächste, funktioniert ohne Probleme.
Mobilfunkanbieter können mehr Bandbreite liefern
Mobilfunkbetreiber könnten mit LTE-A ihre Infrastruktur effizienter nutzen und ohne wesentlich höhere Investitionskosten mehr Bandbreite liefern, erklärt der Vorsitzende der Fachgruppe für das mobile Internet im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), Mark Wächter. "Solche Innovationen zeigen, dass die Telekommunikationsunternehmen mehr sind als die "Dumb Pipes", die dummen Röhren, wie sie oft verspottet werden." Mit neuartigen Breitbandnetzen könne der enorm steigende mobile Datenverkehr gut abgefangen werden.
Auch Konkurrent Vodafone hat die Kombination von Frequenzbündelung und Mehrantennentechnik im Blick. MIMO biete noch Luft nach oben, sagt Firmensprecher Dirk Ellenbeck: "Da sind vier Antennen erst der Anfang, das kann noch weiter verdichtet werden." Vodafone unterstütze die geplante Standardisierung und stehe mit den Geräteherstellern in engem Kontakt. "LTE wird zur Gigabit-Technologie."
Eine so hohe Bandbreite muss im Mobilfunknetz aber immer mit allen geteilt werden, die sich in derselben Zelle aufhalten. Das zeigt sich auch beim Feldversuch in Alzey: Wenn in einem Raum vier Endgeräte auf das LTE-A-Netz zugreifen, verringert sich der Download zum MIMO-Endgerät auf 94 MBit/sec.
Was hat der private Nutzer von der technischen Weiterentwicklung im Mobilfunk? "Das Mobilfunknetz ist offen, es kann von jedem genutzt werden", antwortet Jacobfeuerborn auf die Frage, ob LTE-A zunächst für Geschäftskunden gedacht ist. Private Nutzer können hoffen, dass mit der Entwicklung neuer Netztechniken auch bei den Einstiegstarifen mehr Tempo und mehr Datenvolumen reingepackt werden.
Als letzter Anbieter bietet nun auch E-Plus LTE an
Als letzter Mobilfunkbetreiber in Deutschland schaltet jetzt E-Plus in seinem Netz den Datenturbo LTE ein. Alle Kunden des Unternehmens, darunter auch der Billigmarken wie Simyo, Blau.de und Aldi-Talk, werden in Berlin, Leipzig und Nürnberg ab Anfang März mit einem LTE-fähigen Endgerät mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit mobil im Internet surfen können. Dabei werde die maximal verfügbare Netzleistung ohne Zusatzkosten und Leistungseinschränkung geboten, teilte E-Plus am Donnerstag mit. In anderen Städten soll das schnelle Datennetz zügig ausgebaut werden. Das Unternehmen mache Schluss mit der Praxis, dass Kunden für höhere Geschwindigkeiten mehr zahlen müssen, hieß es. Das Angebot ist zunächst zeitlich beschränkt bis zum 30. Juni 2014. (dpa)