Essen. Eine rechtsextreme Partei hat eine Karte mit den Standorten aller Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland erstellt. Netzaktivisten laufen Sturm.

Im Netz kursiert derzeit eine mit "Google MyMaps" erstellte Karte, die eine Übersicht über alle Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland geben soll. Jetzt laufen viele Netzaktivisten Sturm – denn der rechte Hintergrund der Karte ist nicht zu verneinen. Initiator der interaktiven Karte ist die rechtsextreme Kleinpartei "Der Dritte Weg". Diese hatte im  Zuge ihrer Kampagne "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft!" bereits Anfang des Jahres zum Mitmachen bei der Karte aufgerufen.

Karte zeigt auch Privatwohnungen für Flüchtlinge

Jeder rote Pin auf der Karte steht für eine Flüchtlingsunterkunft. Mit einem Klick auf einen der Punkte erfährt der Nutzer die genaue Adresse eines Heims, teils auch die Anzahl der dort beheimateten Menschen. Auch geplante Unterkünfte sowie Privatwohnungen, in denen vereinzelte Flüchtlinge leben, sind auf der Karte zu finden.

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MyMaps ermöglicht jedem Nutzer, eine interaktive Karte zu erstellen oder an einer mitzuwirken. Genauso kann jeder eine Karte melden kann, falls sie Inhalte aufweist die zu Hass aufrufen, nicht jugendfrei sind oder private Informationen enthalten. Zahlreiche Online-Aktivisten wie die Netzfrauen oder die Amadeu-Antonio-Stiftung haben deswegen dazu aufgerufen, bei der Karte auf das Zahnrad oben rechts in der Google-Maps-Menüleiste zu klicken, und die Option „Unangemessene Inhalte zu melden“ auszuwählen. Im Gegenzug postete die Stiftung zudem eine Karte, die zeigt, wie viele Gewalttaten gegen Flüchtlinge sich 2014 in Deutschland ereignet haben (siehe unten).

Flüchtlingsrat NRW empfiehlt, die Karte zu melden

Auch der Flüchtlingsrat NRW empfiehlt, die Karte zu melden, möchte sie allerdings nicht weiter auf seinen Kanälen verbreiten. „Sich gegen das Projekt zu wehren ist schwierig. Unsere Taktik ist so gering wie möglich darauf hinzuweisen“, so Sprecherin Birgit Naujoks.

Beim Flüchtlingsrat habe es auch Überlegungen gegeben, eine Übersicht aller Flüchtlingsheime in Deutschland zu geben, etwa um dem Bürger zu zeigen, wo er in seiner Nähe helfen kann. „Dann haben wir uns aus Gründen der Sicherheit aber doch dagegen entschieden“, so Naujoks. „Wer helfen möchte, kann auch anders eine Adresse finden und sich etwa an die Stadt wenden“ – oder sich an einer Karte von Pro Asyl orientieren.

Google prüft, ob Karte gelöscht werden muss

Google selbst prüft nach eigener Aussage derzeit, ob die Karte tatsächlich den Nutzungsrechten widerspricht. "MyMaps ist eine neutrale Plattform, die man zum Veröffentlichen von geografischen Information nutzen kann. Wir werden selbstverständlich jede Karte entfernen, die gegen unsere Richtlinien verstößt“, so Google-Sprecherin Lena Heuermann. Obwohl die Karte seit Monaten online ist, scheint sie erst jetzt - nach den Hinweisen zahlreicher Nutzer - überprüft zu werden.

Die Prüfung scheint nun erstmals aufgrund der Hinweise zahlreicher Nutzer zu geschehen. Schließlich startete "Der Dritte Weg" das Projekt bereits vor mehreren Monaten.

Die Neonazi-Partei ist vor allem in Süddeutschland aktiv. Viele Mitglieder sollen ehemals dem rechtsextremen Netzwerk "Freies Netz Süd" angehört haben, das 2014 verboten wurde. Auch ehemalige NPD-Funktionäre sind Mitglieder, wie etwa der "Dritte Weg"-Parteivorsitzende­ Klaus Armstroff. In ihrem „Zehn-­Punkte-­Programm“ warnt die Partei vor Überfremdung durch Ausländer und fordert, die "Identität der Deutschen" zu wahren.